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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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man sonst, ob noch, weiß ich nicht, ein Haus, woran ein Schild befindlich, auf dem ein Pferd zur oberen Etage eines Hauses aus dem Fenster sah. Die Sage berichtet davon: Ein Mann begrub seine Frau mit der Pracht, die seinem Stande zukam, und ließ auch an ihrem Finger einen brillantenen Ring von Werth. Der habsüchtige Todtengräber hatte dies bemerkt und säumte daher nicht in der Nacht zur Gruft zu eilen, sie zu öffnen, den Deckel des Sarges aufzusperren und zu versuchen, der Todten den Ring abzuziehen. Aber dieser saß fest, er mußte drücken, drehen und wenden und dies brachte die nur scheintodte Frau zu sich, die sich aufrichtete und dem treulosen Todtengräber einen solchen Schrecken einjagte, daß er ohnmächtig niederstürzte.
    Die Frau, nicht minder erschrocken über ihren hülflosen Zustand, nahm die Laterne des Todtengräbers und wankte dem Hause ihres Gatten zu. Sie klopft an. Der Diener fragt: »wer da sei?« »Ich bin es, – antwortetete sie – die Frau von Hause, öffne mir.« Todtenbleich stürzte dieser zurück und in das Zimmer des Herrn, dem er die neue Mähre verkündete. »Nimmer kehrt meine Frau aus ihrem Grabe zurück, – antwortete dieser – eben so wenig wie meine Schimmel jemals die Treppe heraufkommen werden, um oben zum Fenster hinaus zu schauen.«
    Da ging es trapp, trapp die Treppe herauf; seine Schimmel waren es. Da glaubte der Mann, ging hinab, öffnete die Thür und empfing seine todtgeglaubte Gattin, mit der er lange Jahre noch in Freuden lebte.
     
83. Vordeutungen des Todes.
     
1. Zu Kloster Corvey.
    Es hat dieses Kloster von Gott, unter andern, diese sonderbare Gnade gehabt, daß, so oft als einer von den Brüdern sterben sollen, er, drei Tage zuvor, ehe dann er verschieden, eine Verwarnung bekommen, vermittelst einer Lilie an einem ehrnen Kranze, der im Chor hing; denn diese Lilie kam immer wunderbarlich herab und erschien in dem Stuhle desjenigen Bruders, dessen Lebensende nahte, also, daß derselbe dabei unfehlbar merkte, er würde in dreien Tagen von der Welt scheiden. Dies Wunder soll etliche hundert Jahre gewährt haben, bis ein junger Ordensbruder, nachdem er dadurch gleichfalls an sein Sterbestündlein ist erinnert worden, solche Erinnerung verachtete und die Lilie in eines alten Religiosen Stuhl versetzet hat, der Meinung, es würde das Sterben dem Alten besser anstehen, als dem Jungen. Wie der gute alte Bruder die Lilie hat erblickt, ist er darüber so hart erschrocken, daß er in eine Krankheit, doch gleichwohl nicht ins Grab, gefallen, sondern bald wieder gesund, hingegen der junge Warnungs-Verächter am dritten Tage durch einen jählingen Tod dahin gerissen worden.
     
2. In der Stiftskirche zu Merseburg.
     
    In der Stiftskirche zu Merseburg hat man, drei Wochen vor dem Absterben eines jeglichen Domherrn, bei der Nacht einen großen Tumult in der Kirche gehört, und es ist auf den Stuhl desjenigen Domherrn, welcher sterben sollen, ein solcher Schlag geschehen, als ob ein starker Mann, aus allen Kraften, mit geschlossener Faust einen gewaltigen Streich thäte. Sobald solches die Wächter, deren etliche sowohl bei Tag, als bei Nacht darin gewacht und wegen stattlicher Kleinodien, so darin vorhanden, die Runde gegangen, vernommen, haben sie es, gleich des andern Tages hernach, dem Kapitel angezeigt. Und solches ist demselben Domherrn, dessen Stuhl der Schlag getroffen, eine persönliche Vertagung gewesen, daß er in drei Wochen sterben müsse.
     
3. In der Domkirche zu Lübeck.
     
    Bei den Lübeckern soll sich in der Domkirche vormals zugetragen haben, was folgt. Wenn auf eines Kanonikus Pult im Chor des Nachts eine Rose gelegt, und früh Morgens gefunden worden, so hat man, ohne einigen Zweifel, daraus geschlossen, daß solchem Domherrn der Tod bald bevorstände. Man fügt hinzu: es habe sich begeben, daß, als einer unter selbigen Domherren, Namens Rabundus, eine solche Rose, welche ihm seine Sterbestunde anzeigte, auf seinem Palte angetroffen, er dieselbe davon weggeräumt und auf eines andern, seines Kollegen, Chorpult gelegt, nichts desto weniger aber dennoch, unlange darnach, der Natur die Schuld bezahlt habe. Man sagt auch daselbst: dieser Rabundus errege auch noch heut im Chor mit Klopfen einen Tumult, so oft das letzte Lebensziel eines Domherrn herbeinahet, und sagt man des Orts im Sprichwort: Rabundus hat sich gerührt, darum wird ein Domherr sterben.
    Nach einigen soll Rabundus gesagt haben: er wolle nun, da es mit der Rose trüglich gewesen sei,

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