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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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dreimal klopfen. Dies Klopfen sind eigentlich drei erschreckliche Schläge unter seinem, im Chor befindlichen, sehr langen, großen und breiten Grabsteine, die nicht viel gelinder krachen, als ob das Wetter einschlüge, oder dreimal ein Kartaunenschuß geschähe. Und wenn der dritte Streich geschieht, läuft oder fleugt der Knall über dem Gewölbe, die ganze Kirche nach der Länge durch, mit so starkem Krachen, daß man denken sollte, das Gewölbe wird ein und die Kirche über den Haufen fallen, wiewohl es einmal stärker kracht, als das andere.
     
4. Im Dom zu Breslau.
     
    Auch hier ward der Tod eines Domherrn durch das freiwillige Läuten einer Glocke, oder Geräusch im Dome angedeutet. Es finden sich darüber im Dome folgende Verse:
     
    Zur Rechten:
     
    Mors venit et nescis aderit ubi, quomodo, quando,
    Saepe deus signis hanc properare docet.
    Quippe ut dissolvi debeat Canonicus illic,
    Pulsus agit templum, murmura dira strepunt.
    Credite his verbis monitor attente tuorum,
    Martyr Vincenti numen inesse tuum.
    Sed quoniam colitur venerabilis hic tua cervix,
    In mortis luctu, poscimus, affer opem.
     
    Es kommt der Tod, doch wo und wie und wann,
    Weiß niemand; aber Gott giebt oft ein Zeichen,
    Daß er sich naht. So oft ein Domherr hier
    Verscheiden soll, entsteht ein Läuten und Geräusch.
    In solcher Weisung zeigt sich deine Kraft
    Binzentius, du treuer Freund der Deinen.
    Du, dessen Haupt ein Heiligthum uns ist;
    Hilf uns, o Heil'ger, in dem Todeskampf.
     
    Zur Linken:
     
    Res est praedigna, quam signa mente benigna,
    Cunctis praelatis et canonicis sodalitatis,
    Stallo sit pulsus, cum quis vadat moriturus.
    Martyr Vincenti facis hunc clangore recenti,
    Quos cum Baptista parce salute pia.
     
    Bemerken, was sich seltsam hier ereignet:
    Soll einer der Prälaten oder Herrn
    Des Doms in kurzem sterben, so entsteht
    Ein Glockenschla. Du heiliger Vinzent
    Machst diesen Ton; o hilf mit Sankt Johann
    Dort dem Entschlafenen zu ew'gem Heil.
     
     
84. Kleinere Sagen.
1. Warum die Kreuzschnabel kreuzförmige Schnäbel haben.
    Als unser Herr Christus am Kreuze litt und starb, da trauerte die ganze Natur und die empörten Elemente vereinten sich zu mannichfachen Wunderzeichen. Auch zwei Vögelein flogen bei dem Kreuze vorbei, an welchem der Erlöser hing, sie sahen die Nägel durch die Hände geschlagen und flogen hinzu, um den Gottgesendeten zu befreien von seinen Leiden. Ein jeglicher setzte sich auf die eine Seite des Kreuzes und bemühte sich mit seinem Schnäbelein den Nagel herauszuziehen, der die theuern Hände an das Kreuz heftete, aber ihre Kräfte waren zu schwach, die Schnäbel bogen sich, dem einen rechts hin über, dem andern links hin, je nachdem sie gesessen hatten, und betrübt flogen sie weiter. Aber Gott gab ihnen ein ewiges Zeichen ihrer frommen Bemühung, das ganze Geschlecht erhielt solche Schnäbel und noch finden wir den obern Schnabel bald rechts, bald links hingebogen.
     
2. Es fliegt ein Engel durch's Zimmer.
     
    In jeder Gesellschaft, selbst der fröhlichsten, entstehen bisweilen allgemeine Pausen, in denen auch nicht einer redet. Zu einer solchen Zeit, spricht die Sage, fliegt ein Engel durch's Zimmer und die Menschen verehren ihn unbewußt, schweigend.
     
3. Die Sage vom Rothkehlchen.
     
    Rothkehlchen kann keinen todten Menschen sehen. Liegt ein Erschlagener im Walde, so fliegt es hinzu und legt ein Zweiglein oder einige Blätter auf sein Gesicht, um ihn so etwas zu verhüllen.
     

 
Anmerkungen.
     
Einleitung.
    Ueber Volkssagen, ihre Wichtigkeit in Hinsicht auf historische Erörterungen, dann aber auch wieder zur Kenntniß des Charakters der Völker und Völkerstämme, der sich fest und bestimmt, oft tief bedeutend, in ihnen ausspricht, ist schon in der Einleitung zu den Volkssagen von Otmar (Bremen 1800.), S. 3-70. mit so vieler Umsicht gesprochen worden, daß ich etwas Vergebliches unternehmen würde, wenn ich von neuem etwas schon bewährt Ausgesprochenes wiederhohlen wollte.
    Die Quellen, aus denen mir diese Sagen und Mährchen geworden, sind folgende:
     
    1) mündliche Ueberlieferung. An einer solchen bin ich nur sehr arm. Wie überhaupt jetzt Sagen, Mährchen, Lieder immer mehr in dem flachen Lande nicht allein, sondern auch in den Gebirgen, wo sie sonst einen freundlichen Aufenthaltsort fanden, verschwinden, und es Mühe kostet, alte Männer und Frauen, die oft reich an denselben sind, zum Erzählen zu bringen, da sie fürchten, verspottet zu werden, so verschwinden

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