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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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aufgebieten würde, daß sie sich auf dem Felde Lotzdiechow versammeln und von dannen, dahin es die Noth erfordern würde, rücken sollten. Sandte demnach seine Boten zu dem Neklan, dem Sohne des Krzesomysl, mit Vermeldung, seiner den 10. Mai auf dem Felde, welches Turske Pohle genannt, zu warten. Der viel mehr andächtige, denn beherzte Neklan, sobald er diesen Gesandten ersah, und seine Botschaft vernahm, erschrack ganz unmäßig. Doch ließ er dem Wlatislaw, aus Anregung seiner Räthe, wieder sagen: »er sollte nur kommen, er wollte ihm selber mit seinem Schwerdte den Kopf abhauen.«
    Des anderen Tages erforderte Neklan alle Edelleute, Bürger und Bauern und geboth ihnen, daß sie alle bereit sein sollten; da rüsteten sie sich sämmtlich in ihre Pechwämster und Pickelhauben, mit Schwerdtern, Schilden, Bögen, Pfeilen und anderer Rüstung aufs zierlichste und lagerten sich den 8. Mai auf der Ebene, über dem Orte Brusky genannt. Und sie sagten allesammt dem Herzoge zu, daß sie sich standhaftig und männlich wehren wollten. Eben desselben Tages lagerte sich Wlatislaus mit seinem Haufen bei der abgebrannten Stadt Budecz. An dem Morgen stieg er auf einen hohen Ort, hielt in seiner Hand ein bloßes Schwerdt und ermahnete sein Volk mit diesen Worten:
    »Nun wohlan, ihr, liebe Ritter und streitbare Kriegsleute. Ihr wisset wohl, daß wir diesem verzagten Volke nunmehr zu etlichenmalen obgesiegt und unsere Schwerdter mit ihrem Blute gefärbt haben. Deshalb streitet männlich; denn ihr sollet diese Tage den Sieg erlangen. Ich weiß gewißlich, daß die Götter mit diesem Volke zürnen und der Gott Mars hat uns nicht allein die Gnade, sondern auch Hülfe und Beistand zugesagt. O! hättet ihr nicht allein diese Habichte, Sperber, Falken und Raben, sondern auch Trappen, Adler und Greifen mit euch genommen, daß ihr sie mit unserer Feinde Fleisch hättet speisen können. Ich schwöre heutiges Tages, durch des Gottes Mars Würdigkeit und durch dieses Schwerdt, so ich in meiner Hand halte, daß, sobald ich werde obgesiegt haben, ich aus dem männlichen Geschlechte nicht einen will leben lassen, es müssen mir auch die Kinder herhalten. Ich will den Müttern, anstatt ihrer Kinder, die jungen Hunde an ihre Brüste legen und die Erschlagenen unbegraben liegen lassen, damit die Hunde von ihrem Fleische ersättiget werden. Und will also die bösen und unnützen Nachbaren zu Grund ausrotten und euch mit ihrem Golde und Silber reich machen, welches euch morgen um diese Stunde soll wahrgemacht werden.«
    Zu der Zeit war in dem Sotzer Herzogthum ein Weib, dieselbe hatte einen Stiefsohn, mit Namen Straba. Als derselbe auch in den Streit ziehen sollte, rufte sie ihn beiseits und redete mit ihm heimlich also: »Straba, mein lieber Sohn, wiewohl den Stiefmüttern nicht angeboren, daß sie den Stiefkindern Gutes thun, aber dieweil ich meinen frommen Mann, deinen Vater, im Gedächtniß habe, so will ich dir diese Warnung geben. Wirst du nun meinem Rathe folgen, so bleibst du gewißlich beim Leben und kommst in diesem Streit nicht um. Ich sage dir vertraulich, daß die Prager den Sieg erlangen werden und die Unseren werden allesammt ermordet, es käme denn jemand Geringes davon. Deswegen, welchen du in diesem Streit zum ersten antreffen wirst, so gieb ihm mit deinem Schwerdte einen starken Schlag oder Stich. Alsdann wird er vom Rosse fallen, spring du auch behende hinunter, schneide ihm beide Ohren ab und stecke sie in deine Tasche. Mache nachmals mit deinem Schwerdte, vor deines Rosses vorderen Füßen, ein Kreuz, sitze behend wieder auf, eile davon und siehe dich nicht um, obgleich noch ein größer Getümmel hinter dir wäre. Also wirst du, wenn die andern fast alle erschlagen sind, mit Noth davon kommen; denn die Götter, so euch hingeleiten, werden sich im Streite von euch zu euren Feinden wenden.« Straba, als einer, der da wohl wußte, daß seine Stiefmutter allerlei Zauberei voll war, sagte zu: er wolle ihrem Rathe folgen.
    Neklan, der Herzog zu Prag, der, wie oben gemeldet, übermäßig verzagte Herr, berief den Stier von Cheinow, einen sehr beherzten und kriegeserfahrnen Mann und vertrauete ihm heimlicher Weise seines Herzens Blödigkeit und bat ihn, er sollte seinen blanken Harnisch anlegen und an seiner statt des Volkes Führer sein. Da fragte der Stier den Herzog: was er ihm für seine Mühe und Leibesgefahr geben wolle? Der Herzog antwortete und sagte zu ihm: was er Billiges begehren würde, dasselbe sollte ihm werden. Da sprach

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