Volkssagen, Maerchen Und Legenden
des Morgens früh, als solches in der Nacht zuvor soll geschehen sein, allhier auf dem Wischerad vor dir gesehen. Deshalben bitte ich, du wollest es bewegen, ob dieses, was sie also von mir sagen, die Wahrheit sei.«
Der Herzog Krzesomysl ward, von wegen der Bergschächte und des ergangenen Schadens, sehr betrübt, ließ den Horymirz in ein Gewölbe verschließen, die ältesten Wladyken erfordern und klagte ihnen, was sich zugetragen hatte. Mittlerweile kam eine große Menge der Bergleute und Fundgrübener, denen der Schaden zugestanden, und ruften den Herzog um Rache an. Der Herzog setzte sich mit den Edelen nieder und hörte den Handel und die Anklage ordentlich. Der Horymirz, welcher entgegen stand, gab darauf seine Antwort und entschuldigte sich, wie zuvor. Der Herzog stand in Zweifel und die Wladyken hörten solches, was sich mit Verwüstung der Bergwerke zugetragen, sehr gerne. Aber die Bergleute schrien, riefen um Rache und baten den Herzog, daß er den Mörder, Mordbrenner und Verwüster des fürstlichen Schatzes, vermöge der vorigen fürstlichen Ordnung, mit Feuer verbrennen lassen wollte. Die Wladyken verwendeten sich mit allem Fleiß, bittend, sintemal die Klage auf ihn nicht erwiesen, der Herzog wolle ihn beim Leben erhalten.
Der Herzog, den der Geitz besessen, und der mehr das Bergwerk als die Erschlagenen beklagte, sprach dies Urtheil: »Dieweil der Horymirz von vielen angeklagt und ihrer viele, die ihn bei dem Handel, da er gemordet und gebrannt, gesehen, Zeugniß geben, so soll er sterben. Nachdem er aber mir mit Feuer einen Schaden zugefügt, solches will ich ihm vergeben, also, daß er nicht verbrannt werde. Allein von wegen des Mordens, so er sich mit seinem Schwerdte auf dem Bergwerke eingelassen, mit demselben soll ihm der Kopf abgeschlagen werden.« Als der Horymirz vernommen, daß er verurtheilt und sterben sollte, redete er vor dem Herzog und den Wladyken also: »ehrenreicher Fürst, nun sehe ich wohl, daß ich von dir zum Tode verurtheilt bin, aber ich hoffe, die Götter werden anders urtheilen. Und dieweil ich ja nicht länger leben soll, so bitte ich doch, du wollest mir vergönnen, daß ich, ehe dann ich sterbe, mich auf mein liebes Roß setzen und es in diesem Schlosse ein wenig tummeln möge; und alsdann verfahre mit mir nach deinem Gefallen.«
Der Herzog lachte zu diesem, befahl, man sollte das Schloßthor mit allem Fleiß verriegeln und mit Wächtern besetzen und erlaubte dem Horymirz, daß er sein Roß satteln, sich darauf setzen, sein Schwerdt angürten und vor seinem Ende kurzweilen möchte. Horymirz ging in den Stall und redete etwas mit seinem Rosse, wie denn die Stallknechte nachher Bericht gaben, sattelte dasselbe, führete es hinaus, setzete sich darauf und jauchzete. Das Roß fing an zu springen und sich munter zu tummeln. Der Herzog sah mit den Wladyken zum Fenster hinaus und verwunderte sich sehr darüber. Als er nun zum andernmale jauchzete, sprang das Roß mit ihm von einem Schloßthore bis zum anderen. Zum drittenmale jauchzete er und sprach: »nun wohlan, Schemick, Hui! in die Höhe.« Und das Roß antwortete: »Herr, halt' dich an.« Und sprang hiermit über alle des Schlosses Mauern, bis hinüber auf die andere Seite der Muldau.
Der Herzog sah mit den Wladyken hinnach und wurde gewahr, daß der Horymirz mit seinem Rosse nach dem Schlosse Rodotin eilen thät. Nach solchem Wunder baten die Wladyken allesammt, sowohl als die Diener, die gegenwärtig waren, den Herzogen, daß er dem Horymirz seine Verbrechung zu Gnaden wenden wolle. Der Herzog sandte ihm nach gen Neumietel, ließ ihm sagen, daß er sicher zu ihm kommen sollte, es wäre ihm alle seine Schuld vergeben. Horymirz kam zum Herzoge, demüthigte sich und zeigte ihm alles an, was er den Bergleuten zu Przibram zugefügt, auch aus was Ursachen solches geschehen. Der Herzog fragte: wo sein Roß wäre? Er antwortete: »gnädiger Herr, es steht daheim, und ist sehr traurig; denn es ihm, mit dem unermeßlichen Sprunge, einen großen Schaden zugefügt hat. Deswegen will ich heimreiten, daß ich's warte.«
Und als er heim kam, zeigte ihm sein Roß an, es könnte nicht länger leben. Bat ihn daneben, er sollte es, wenn es gestorben, die wilden Thiere und Vögel nicht fressen, sondern vor seines Hofs Thore begraben lassen. Welches ist auch geschehen.
20. Die verrätherischen Weiberohren.
Im Frühling 869 befahl Wlatislaw, Herzog zu Sotz, allem seinem Volke, in guter Bereitschaft zu sitzen, und sobald er ihnen
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