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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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mit dir, daß wir es nicht ansehen dürfen. Habe ich dir doch befohlen, daß du ihn wohl in Hut halten und nicht tödten solltest. Habe dir derowegen viel Gutes bewiesen und dich des Kreises Postlberg zu einem Verwalter gemacht. Nun sehe ich wohl, daß der Verrätherei alle Wohlthaten zu wenig sind. Was vermeinest du, du Erzbösewicht, daß ich dasselbe nicht auch hätte thun können? Und ob ich's gethan, so hätte ich ihn nicht unbillig (wenn ich gewollt) als einen Feind umbringen können. Aber es hat dir keinesweges, deinen Herrn zu ermorden, gebühret. Dieweil du aber verhoffet, von mir deretwegen Geschenke zu empfahen, so will ich dir solche Verehrung thun. Erwähle dir aus diesen dreien einen Tod, welchen du willst: entweder falle von diesem Felsen Wischerad hinunter und brich den Hals; oder erstich dich mit deinem Schwerdte in meiner Gegenwart; oder aber erhenke dich selbst.«
    Als During dies hörte, sprach er mit Seufzen: »o, welch einen bösen Rath hat mir mein Herz mitgetheilet! Der Traum hat mir verheißen, daß ich in Böhmen viel Güter bekommen würde und hätte nicht vermeint, daß ich derowegen so schändlich sterben sollte.« Er erwählte sich hiermit das Hängen.
    Alsbald nahmen ihn die Nachrichter, führeten ihn herum und gaben ihm die Wahl, an welchem Baum es ihm am besten gefiele, da sollte er sich henken. Aber During ging lange herum, sah die Bäume an und wollte ihm keiner gerecht sein. Endlich aber stieg er auf eine Erle, knüpfte lange daran und konnte keine schädliche Schlinge machen, bis ihm endlich eine beständige gerieth; also blieb er daran kleben. Dieselbe Erle, so lange sie dastund, hieß stets die Durings Erle.
     
22. Der Heilige im Walde.
     
    Herzog Borziwog zu Tein wollte sich, im Jahr 909, einstmals erlustigen, nahm zu sich etliche seiner Diener und Hunde, ritt auf die Jagd, in ein tiefes Thal, über das Wasser die Misa genannt; daselbst schoß er mit seinem Bogen ein großes Reh. Als es nun getroffen, wollte es die Flucht geben, aber der Herzog Borziwog und seine Diener eilten ihm mit ihren Rossen schleunig nach. Und als es unter einen hohen und sehr großen Steinfelsen, daraus ein starker Quell fleußt, kommen, lief es in dasselbe Wasser und wehrete sich der Hunde. Borziwog zog sein Schwerdt aus und stach es. Dasselbe ging aus dem Wasser, fiel auf die Erde nieder und starb. Aus seinem Euter so sehr viel Milch floß, daß sich der Herzog, sammt seinen Dienern, darüber verwunderte.
    Bald trat ein ziemlich hoher Mann, eines grausamen Ansehens, in einem langen Rock, mit einem Stabe und barfuß, im langen Haar, dem auch die Haare an den Augenliedern überhingen, aus dem Felsen hervor und sprach zu Borziwog: »warum hast du mir mein Thierlein getödtet?« Der Borziwog, sammt seinen Dienern, erschrack aus der maßen sehr; denn sie zuvor keinen Mann einer solchen Gestalt gesehen, vermeinten, es wäre ein Ungethüm. Die Diener reitzten ihren Herren, er sollte fliehen, doch besannen sie sich. Allda ermannte sich Borziwog, fassete ihm ein Herz, trat näher hinzu und sprach: »ich beschwöre dich im Namen Jesu Christi, des Sohnes Gottes, daß du mir sagest, ob du etwas Gutes oder Böses bist?« Der Mann antwortete: »ich bin ein Mensch und unwürdiger Diener unsers Herrn Jesu Christi, der ich allhier wohne, im Namen der heiligen Dreifaltigkeit, mit der Hülfe des Herrn Jesu Christi, seiner Mutter der Jungfrauen Maria und Sankt Johannis des Täufers.«
    Borziwog sprach: »ich bitte dich, führe mich in deine Wohnung.« Der Mann sprach: »nun komme, und besiehe dieselbige.« Wandte sich damit um und ging an den Felsen. Borziwog folgte ihm mit seinen Dienern nach. Und als sie hinein kamen, verwunderten sie sich über eine solche Wohnung. Der Herzog sprach zu ihm: »Lieber, sage mir deinen Namen?« Er sprach: »in der Taufe bin ich Iwan genannt worden.« Borziwog fragte: »von wannen bist du hieher kommen? Aus welcher Nazion bist du, oder wie lange hast du hier gewohnt?« Iwan antwortete: »ich bin aus Krabaten herkommen, mein Vater hat Gestimulus und meine Mutter Elisabeth geheißen. Zu der Zeit, als ich hierher kommen bin, hat, wie ich vernommen, Neklan das Land regieret. Es ist allbereit zwei und vierzig Jahre, daß ich allhier wohne, in vierzehen Jahren hat mich auch kein Mensch gesehen, so lange bin ich aus diesem Felsen nicht kommen.« Der Herzog sprach: »was hast du vor Speise diese Zeit über gehabt?« Er antwortete: »die Gnade Gottes hat mir dieses Thierlein, so du erschlagen

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