Volkssagen, Maerchen Und Legenden
weiße Frau sich bei hellem Tage allda auf seinem Stuhle sehen lassen, welches der Hochfürstlich Brandenburgische Hofprediger und Professor der Theologie, Johann Wolfgang Rentschius in seinem Brandenburgischen Zederhain S. 714. mit folgenden Worten bezeugt:
»Den 16. August 1678 ritt der tapfere Prinz, auf welchen sich ganz Deutschland eine Hofnung gemacht, nehmlich der Markgraf Erdmann Philipp, von der Rennbahn zu Baireuth in das Hochfürstliche Schloß, fiel aber mitten in dem Schloßvorhofe, einige Schritte von der Treppe, also mit seinem Pferde, daß er nach zwei Stunden gottselig auf seinem Bette verschied, wiewohl er nach gethanem Falle die Treppe hinaufging und wegen seines tapfern und unverzagten Gemüths sich stellte, als wenn der Schade wenig zu bedeuten hätte. Vor seinem Tode hat man einige Vorbedeutungen in dem fürstlichen Schlosse wahrgenommen, und die weiße Frau, welche sich, wie man vorgiebt, allezeit bei fürstlichen Trauerfällen sehen läßt, ließ sich auch damal auf des Prinzen Stuhl sehen, worüber dieser unvergleichliche Fürst bekümmert ward und sich bei seiner Hochfürstlichen Durchlaucht, Herrn Markgraf Christian Ernst, der damals bei der kaiserlichen Armee sich befand, darüber unmuthig beklagte, der auch nichts höheres wünschte, als daß es demselben nichts Böses bedeuten möchte.«
Also hält man in Deutschland für eine unzweifelbare Sache, daß diese weiße Frau den fürnehmsten hohen Häusern durch ihre Erscheinung eine Vorbedeutung giebt. Jedoch ist ihr Ursprung und Anfang, wie bereits oben gedacht, in Böhmen zu suchen, von dannen sie in die deutschen Höfe auch herüber kommen ist. Weil die Herrn von Rosenberg wegen ihres großen Vermögens, großen Ansehens und geführten fürstlichen Standes in so hohem Ansehen gewesen, daß Hochfürstliche Häuser sich mit denselben zu befreunden kein Bedenken getragen, wie denn Gerlach in seinem Türkischen Tagebuche erzählt, daß zu seiner Zeit, Anno 1527, der damals noch lebende alte Rosenberg der berühmteste im Königreich Böhmen gewesen und auch seine Stimme in den Pohlnischen Wahlstimmen gehabt. Die Gemahlin des Herrn Wilhelm von Rosenberg war des Königs Sigismund von Pohlen Tochter. Er selbst, dieser Wilhelm, ist befreundet gewesen den Hochfürstlichen Hausern Braunschweig, Brandenburg, Baden. Seine Kinder sind verheirathet gewesen an andere fürstliche Häuser, und also hat die weiße Frau sich auch bei diesen eingefunden, soviel derselben einige Verwandtschaft mit dem Hause der Rosenberge gehabt haben.
Wir wollen aber hierbei vorstellen, wer diese weiße Frau gewesen ist:
Ohngefähr im Jahr 1430 ward Udalrich von Rosenberg dem zweiten eine Tochter geboren, genannt Bertha, von seiner Gemahlin Katharina von Wartenberg, welche gestorben ist Anno 1436 und ihm noch andere Kinder beiderlei Geschlechts geboren. Udalrich war Oberburggraf von Böhmen und durch die Autorität des Römischen Papstes zum obersten Feldherrn über das Kriegsvolk der Römischgesinnten wider die Hussiten verordnet. Bertha, welche er sehr liebte, gab er im Jahre 1449 auf den Sonntag vor Martini zur Ehe dem Herrn Johann von Lichtenstein, einem Baron in Steiermark, der sehr berühmt und mächtig, aber hernach in ein ganz viehisches Leben verfiel. Ihre Ehe war daher unglücklich, weil sie darin mehr Ursach zum Verdruß als Freude hatte. Ihr Mann hielt sie sehr unbillig und verächtlich, sie mußte großen Mangel leiden, darüber sie oftmals sehr ungeduldig ward. Endlich starb ihr unvernünftiger Ehegenoß. Als dies Band also zerbrochen war, zog sie mit Freuden zu den Ihrigen und zu ihrem Bruder Heinrich dem 4ten in Böhmen, der Anno 1451 seinem Hause vorzustehen begunnte, aber sechs Jahr hernach ohne Kinder starb. Daher ward von den sämmtlichen Neuhausischen Stammverwandten ihr aufgetragen, die Auferziehung der Söhne und Töchter des Meinhard von Neuhaus, der im Jahre 1449 von Georg Perdiebrad seiner Ehren und seines Lebens beraubt worden, und ward ihr auch die Regierung über derselben Güter anvertrauet. Von des Meinhard's Söhnen ist der älteste, Ulrich von Neuhaus, im Jahre 1553 gestorben. Die zween übrigen, Johannes und Heinrich, als sie hernach mündig worden, wollten Frau Bertha, welche sie auferzogen hatte, nicht von sich lassen; also brachte sie ihre alten Tage auf dem Schloß Neuhaus zu. Es sturben aber beide, Johann und Heinrich, ohne Kinder.
Weil nun Meinhards, des gewesenen Statthalters und Oberburggrafen ganzes Geschlecht abgestorben, so
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