Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
Vom Netzwerk:
ihn aufzuwecken, es blieb ihm aber das ganze Bein in der Hand. Zython, der darüber aufwachte, beklagte sich über den Becker und sagte, daß er ihm sein Bein aus dem Leibe gerissen, welches dieser nicht leugnen konnte. Was sollte er nun mit diesem Erzbösewicht anfangen? Er sah sich betrogen, mußte aber noch ein größeres Unheil befürchten, weil zwischen den Schweinen und dem Beine keine Vergleichung zu machen, ließ ihm daher das bezahlte Geld und mußte über den Schaden auch den Spott dazu haben.
     
28. Junker Ludwig bei Eger.
     
    Um Eger läßt sich, auf dem Felde, nahe bei selbiger Stadt, nicht selten ein Gespenst in Gestalt eines Mannesbildes sehen, welches die Leute den Junker Ludwig nennen, weil einer des Namens ehedessen da gelebt und die Gränz- und Mark-Steine des Feldes betrüglich verrückt haben soll, weswegen er, bald nach seinem Tode, angefangen umzugehen und die Leute durch seine Begegnung zu erschrecken.
    In jüngern Zeiten hat die Gewißheit solcher Erscheinung eine Jungfrau erfahren. Dieselbe geht einstmals allein vor dem Thore, in selbiger Gegend, die dieses bösen Junkers wegen so berüchtigt ist, und wie sie ungefähr an die Stätte kommen, wo der Markstein, wie man sagt, verrückt sein soll, wandelt ihr ein solcher Mann, wie ihr vordem mehrmal die Gestalt des Junkers Ludwig beschrieben worden, entgegen, geht auf sie an und greift ihr mit der Faust in den Busen, wovon dieser gleich ganz schwarz worden, das Gespenst aber verschwunden ist.
    Sie geht hierauf, in tiefster Entsetzung, heim zu den Ihrigen, spricht, sie habe ihren Theil und findet sich's, daß ihre Brust ganz erschwarzt gewesen. Sie hat sich noch selbigen Tages zu Bette legen müssen und ist am dritten Tage verschieden.
     
29. Die weiße Frau.
     
    Die weiße Frau ist seit mehr als zweihundert Jahren in Deutschland bekannt gewesen, als eine solche, die, wenn der Tod an einiger großen Fürsten Pallast anzuklopfen pflegt, sich gemeiniglich vorher sehen läßt. Dies geschieht aber nicht allein in den deutschen hohen Häusern, sondern auch in unterschiedlichen Orten in Böhmen, jedoch nur allein bei vornehmen Familien. Dies weiße Gespenst soll den Anfang seiner Erscheinung vor vielen Jahren gemacht haben in Böhmen, und noch heutiges Tages sich oftmals sehen lassen in den meisten Schlössern der Herrn von Neuhaus und Rosenberg, welche diese zwei vornehmen Geschlechter vor Zeiten besessen haben. Und bezeugen Schriftsteller, daß diese weiße Frau allbereit vor vieler Menschen Gedenken unter den Herrn von Rosenberg oder von der Rose, jemandes Absterben vorbedeutet habe.
    Diese Frau ist ganz weiß, hat auf dem Haupte einen weißen Schleier, wie die Wittwen tragen, mit weißen Bändern, ist lang von Person und eines sittsamen Angesichts, in welcher Gestalt sie von einem alten Thurme, aus dem Fenster eines alten Schlosses, am Mittage heraussehend, von vielen Menschen erblickt worden und da jedweder unten auf dem Marktplatz mit Fingern auf sie gewiesen, ist sie dennoch von ihrer Stelle nicht gewichen, sondern allmälig kleiner geworden, eben als wenn sie herabkäme. Es soll sich aber dieses Gespenst nicht allein sehen lassen vor dem Absterben eines Herrn von diesem Geschlecht, sondern auch wenn einer geboren wird, oder sich in Ehestand begeben soll. In welchem Falle aber die Vorbedeutungszeichen unterschiedlich sind; denn, wenn einer sterben soll, so trägt sie an beiden Händen schwarze Handschuh, sonst aber ganz weiße. Bisweilen sieht man sie geschwind durch das Schloß hingehen, mit einem Bund Schlüsseln an ihrem Gürtel, als wenn sie sehr beschäftigt wäre, mit welchen Schlüsseln sie bald diese, bald eine andere Kammer aufschließt und wieder versperrt, sowohl bei hellem Tage, als bei nächtlicher Weile, ohne Unterschied. Wenn ihr dann Jemand begegnet und sie grüßet, so grüßet sie ihn wiederum mit einer sonderlichen Gravität und lieblichen, ehrbaren und schamhaftigen, als einer alten Wittwe wohl anstehenden Geberden. Sie neigt ihr Haupt, geht ihres Weges fort und thut keinem Menschen ein Leid.
    An der Gewißheit dieses weißen Gespenstes ist keinesweges zu zweifeln, dieweil auch in etlichen kurfürstlichen und fürstlichen Häusern des Römischen Reichs, sowohl von der reformirten, evangelischen und katholischen Religion, sie vor Todesfällen gesehen wird. Als am Ende des 17ten Jahrhunderts ein schöner junger Prinz von einem Hochfürstlichen Hause unversehens einen tödlichen Fall that, hat etliche wenige Tage zuvor die

Weitere Kostenlose Bücher