Volkssagen, Maerchen Und Legenden
'gefunden ward.
Es lebte ein armer, armer Bergmann, Namens Daniel Knappe; dieser hatte Weib und Kind und liebte sie sehr, doch wußte er weder Rath noch Hülfe, sie zu ernähren. Er arbeitete und betete, doch seiner Noth war kein Ende, und wie auch sein Unglück immer höher und höher stieg, so wich und wankte sein Glaube doch nicht. Eines Nachts erschien ihn im Traume ein Engel, dieser sprach: »geh hin und suche in der tiefsten Tiefe des Waldes den Baum auf, in dessen Gezweig silberne Eier ruhn.« Du wirst ihn erkennen an seiner Größe; denn kein Baum im ganzen Haine kann sich ihm vergleichen.
Daniel erwachte, fühlte sich gestärkt, der Morgen grauete und eilig drang der arme Bergmann in den Wald hinein. Schon war er an dem Ort, den noch kein Sterblicher betrat, da steht der Baum und rasch sind alle Aeste bis zum Gipfel durchsucht, aber silberne Eier zeigen sich nirgends. – »Wie kann, wie werde ich zu euch zurückkehren, liebes Weib und Kind. Ihr haltet mich noch, sonst stürzte ich mich von hier hinab!« Als er so trauernd und klagend den Baum verlassen will, da steht der Engel ihm zur Seite und spricht: »Gott ist hülfreich und wahrhaft, wo du auch keinen Ausweg siehst, der Baum hat auch Zweige in der Erde. Dir sei geholfen um deiner Treue und Liebe willen.« Und der Engel verschwand mit diesen Worten. Da durchströmte Hofnung und Muth von neuem den Unglücklichen und er grub an dem Fuße des Baumes.
Von seinen Wurzeln durchflochten, lagen da reiche Silberstufen vor dem Blicke des staunenden Bergmanns und Weib und Kind war geholfen. Es erhob sich Annaberg, ein freundliches Städtchen, aus dieser wilden, waldigen Gegend, wozu unter der Regierung des Herzogs Georg des Bartigen, im Jahre 1496, den 21sten des Herbstmonats, am Tage Matthäi, der Grundstein gelegt wurde.
40. Ursprung der Burg Hohen Schwarm oder der Sorbenburg bei Salfeld.
Bei der Stadt Salfeld ist ein uraltes Gemäuer von einem wüsten Schlosse zu sehen, welches vor Zeiten mit tiefen Gräben, Wällen, starken Mauern und mit viel hohen Thürmen befestigt und geziert gewesen, davon noch die merkwürdigen Ruinen zu sehen. Man sagt, daß, ehe die Sorben diese Burg erbaut, hätten sie eine weiße Taube, der sie Schellen oder Glöcklein angebunden, nach heidnischem Gebrauch, auffliegen lassen, welche den Ort anzeigen sollte, wo das Schloß könnte hingebaut werden. Da sich nun die Taube gleich auf einen hohen Eichbaum niedergelassen, so wäre der Platz zu einer neuen Burg erwählt worden. Indem man aber beschäftigt gewesen, den Eichenbaum abzuhauen und den Platz zur Grundlegung einer Burg geschickt zu machen, so wäre aus demselben unvermuthet ein großer Schwarm Bienen geflogen und hätte sich an den Baum gehängt, daher dann hernach das neue Schloß der hohe Schwarm genennet worden.
41. Der Hörselberg bei Eisenach.
Nicht weit von Eisenach, in Thüringen, liegt der Hörselberg, den folgende Sage berühmt macht. Es war eine Königin von Engeland, mit Namen Ronischwig, welche, als ihr Herr und König, der ihr aus dermaßen lieb war (denn er sie, aus einem geringen Geschlechte, zu einer Königin, um ihrer Tugenden willen, erwählt hatte), gestorben war, die Treue an ihm auch nicht vergessen wollte, sondern gab nach seinem Tode viel Almosen, ließ für seine Seele viel Gebete thun, und vermeinete ihren Herrn damit einst aus der Pein und dem Fegfeuer zu erlösen.
Da ward gesagt, daß ihr Herr sein Fegfeuer im Lande zu Thüringen, in einem Berge, der Hörselberg genannt, hätte. In diesem Berge hörten die Inwohner des Landes oftmals jämmerliches Geschrei, von den Seelen oder Gespenstern, die darin lagen, darum ward er von ihnen genannt Hörselberg (Hör Seelen Berg). Daselbst, unter dem Berge, bauete die Königin eine kleine Kirche und ein Dorf dabei, und nannte es Satans Stätte, denn ihr die bösen Geister allda erschienen waren. Das Dorf wird jetzund Sattelstädt genannt. In diese Kirche ging die Königin mit ihren und fast heiligen Jungfrauen, betete oft, gab Almosen und thät andere gute Werke für ihres Herrn Seele, bis an ihr Ende.
Und im Jahre 1398 erhuben sich, am hellen Tage, drei große Feuer in der Luft bei Eisenach und da sie eine Weile gebrannt, kamen sie zusammen und theilten sich dann wieder und fuhren alle zu dem Hörselberge.
42. Landgraf Ludwig der Eiserne und der Schmidt.
Landgraf Ludwig der Eiserne von Thüringen verirrte sich einst auf der Jagd im Walde, als er sich auf derselben bis in die
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