Volkssagen, Maerchen Und Legenden
eher glauben,
Ich seh' dann sein Blut so roth.«
Er zog aus seiner Scheiden
Ein Schwerdt von Blut so roth:
»Steh da, du edele Fraue,
Ein Zeichen deines Herren Tod.«
Sie rang ihr' weißen Hände,
Rauft aus ihr geelweiß Haar:
»Hilf, reicher Christ vom Himmel,
Was hab ich nun gethan!«
Sie zog von ihrem Finger
Ein Ringelein von Gold,
»Nimm hin, du Ludewig, Buhle,
Gedenk da meiner Huld.« –
»Was soll mir doch das Fingerlein,
Das veracht't gewonnen Gold,
Wenn ich daran gedenke,
Mein Herz wird nimmer bold 2 .«
Deß erschrack die Frau von der Weissenburg,
Faßt einen traurigen Muth:
»Verlaß mich Heldenfürste nicht,
Mein edeler Herre ist todt.«
Fußnoten
1 Nach anderer Nachricht tödtete Ludewig ihn selbst.
2 Kühn, munter, froh.
44. Ludwig der Springer.
Adelheid, die Frau von Weissenburg, stellte sich anfangs über den Tod ihres Gatten sehr traurig, machte aber bald hernach offenbar, daß sie eben die Ursache gewesen, warum ihr Gemal so schmählig sterben müssen; denn sie vermählte sich bald darauf mit Graf Ludwig und zeugte sieben Kinder mit ihm.
Ueber diese Unbilligkeit beklagte sich des ermordeten Pfalzgrafen Bruder, Adelbertus, Erzbischof zu Bremen, bei Kaiser Heinrich dem 4ten und brachte es dahin, daß Graf Ludwig im Jahre 1070 auf einer Reise im Erzstift Magdeburg gefangen genommen und auf das Schloß Giebichenstein bei Halle festgesetzt wurde, woselbst er zwei Jahre zubringen mußte. Da ihm aber diese Herberge nicht mehr gefallen wollte, bestellete er, durch vertraute Diener, etliche Fischer und seine Knechte, die seiner auf der Saale unter dem Schlosse erwarten sollten. Sobald er diese erblickte, wagte er einen fast unglaublichen Sprung von dem sehr hohen Giebichenstein in die Saale und ward von seinen Bedienten und den Fischern aufgefangen. Kurz vorher hatte er sich todtkrank gestellt und um einen Sterbekittel gebeten, welchen ihm seine Gemalin, ganz weit von Leinewand, verfertigen lassen, damit er sich solches bei seinem Luftsprunge bedienen könnte, welches auch glückte. Denn, als ihm dieser angezogen wurde, lösete man ihm auch die Ketten und Fesseln ab und gab sich niemand mehr große Mühe, ihn zu bewachen, wodurch er denn die Freiheit bekam zu entfliehen. Am Ufer standen seine Diener, welche ihn geschwinde aus und wieder trocken ankleideten und mit ihm davon ritten. Von diesem verzweifelten Sprunge hat Ludwig den Zunamen der Springer bekommen.
45. Der Schatz zu Kloster Walkenried.
In weiland Kloster Walkenried ist über dem Kreuzgange der sogenannte Zaubersaal, welcher deswegen also genannt wird, weil zu der Zeit, als daselbst noch eine berühmte Schule gewesen, sich darauf nachfolgende wunderbare Begebenheit mit einem Schüler zugetragen hat.
Es ist einst, an gedachtem Orte, von den Knaben zur Lust ein Zeichen gelegt worden, um zu versuchen, wer unter ihnen darüber und am weitesten springen könne. Indem nun solches geschieht, trägt es sich zu, daß ein Knabe, so dem Berichte nach von Ellrich soll bürtig gewesen sein und mit Namen Damius geheißen haben, darüber auf einen gewissen Platz springt und nicht wieder davon kann, es mögen denselben auch die mitspielenden Knaben reißen und zerren, wie sie wollen. Dieses zeigen sie darauf dem Rektor an, welcher dann kommt und den Knaben noch unbeweglich antrift; kann ihm aber so wenig als die Schüler helfen. Es fällt ihm aber bei, daß solches von einer zauberischen Beschwörung herrühren müsse und fragt den Knaben: ob er etwa eine Schrift oder ein Zeichen erblickte? Der Knabe sieht sich um und wird einen Zirkel über sich gewahr, erblickt an der steinernen Wand gegen Morgen eine griechische Schrift, gegen Mittag aber einige Charaktere, welche er theils herlesen, theils beschreiben muß, woraus der Rektor versteht, daß in der Mauer ein Schatz verborgen sei und derjenige, welcher zu der Zeit, da solches geschehen, mit seinen Füßen den auf die Erde gemachten Punkt berühren würde, solle die Schrift sehen und das Verborgene offenbaren.
Sobald der Rektor dies verstand, ward der Knabe wieder los und ging aus dem beschworenen Zirkel heraus, wohin er wollte. Hierauf zeiget der Rektor solches an, da denn, nach dessen Anweisung, gesucht und ein steinernes Geschirr mit Gelde gefunden ward. Solches Geld soll sehr dünnen Schlages, auch so groß als ein Ortsthaler gewesen sein, und man hat selbiges hernach, mit dem Geschirre, an den Herzog Christian Ludwig nach Zelle
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