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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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und lege auf. Dann nehme ich den Hörer ab, ohne eine Nummer zu wählen. Erst als das Telefon laut summt, lege ich erneut auf. Eine halbe Stunde später rufe ich den Karriereberater der Army an. Es wird ein kurzes Telefonat, und er verspricht mir, alles zu arrangieren, damit ich mit dem Programm, das eine spätere Aufnahme garantiert, in die Army eintreten kann. Ich gestehe ihm, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich den von ihnen angebotenen Highschool-Abschlusstest bestehen werde, doch er sagt bloß: »Mach dir deswegen keine Sorgen, mein Sohn. Das schaffst du schon.«
    Sobald das Gespräch beendet ist, rufe ich Dad in seinem Büro an.
    »Hallo? Allan Geller, bitte.« Es ist zwar schon acht, aber Dad arbeitet immer bis spätabends. Die Musik der Warteschleife ertönt in der Leitung. Als Dad endlich den Hörer abnimmt, erkenne ich den freundlichen Ton wieder, den er immer bei Kollegen drauf hat. Ich versuche, mich daran zu erinnern, wann ich diesen Ton zuletzt gehört habe.
    »Allan Geller.«
    »Dad? Ich bin’s, Liam.«
    Sofort verändert sich sein Ton. »Ach – Liam.«
    Ich atme tief ein.
    »Ich habe mit deinem Freund gesprochen. Sergeant Braddock. Er kam vorbei.«
    Dad schweigt kurz.
    »Und?«
    »Und ich habe mich dazu entschieden. Er wird alles arrangieren.«
    »Ausgezeichnet«, sagt Dad nach einer Pause, und ich glaube, diesmal meint er es ehrlich.
    »Ich wüsste nur gern, ob das bedeutet, dass ich nach Hause kommen kann. Ich werde jemanden brauchen, der mir Nachhilfe gibt, damit ich den Abschlusstest bestehe, und ...«
    Ich höre, wie Dad am anderen Ende der Leitung mit Blättern hantiert. »Natürlich«, sagt er, und ich bin mir nicht sicher, ob er meint, dass ich natürlich nach Hause kommen kann, oder dass ich natürlich Nachhilfe brauche. Ich reiße ein Stück Plastik von der Küchentheke, das lose ist, und steche mir damit so lange in den Finger, bis ein kleiner Tropfen Blut die Kante verschmiert.
    »Wann soll ich nach Hause kommen?«
    Diesmal überlegt er noch nicht einmal, bevor er antwortet: »Das macht keinen Unterschied.«
    »Es ist egal?«
    »Das habe ich doch gerade gesagt.«
    »Gut. Also dann Samstagmorgen. Kannst du mich Samstagmorgen abholen?«
    Dad klingt geistesabwesend. »Mhm. Ich werde kommen.«
    Ich würde ihn gern fragen: Wirst du kommen, Dad? Wirst du wirklich selber kommen ? Aber ich tue es nicht.
    »Kann ich dich was fragen?«, frage ich stattdessen.
    Ich stelle mir vor, wie Dad dabei ist, den Hörer aufzulegen, und ihn sich stattdessen wieder ans Ohr hält.
    »Was noch?«
    Ich weiß nicht, wie ich es formulieren soll, also sage ich es einfach.
    »Es gibt etwas, was ich dir sagen wollte. Ich dachte, du würdest am Dienstag kommen, und da wollte ich es dir sagen, aber ... Na ja, Mom hat sowieso gesagt, ich sollte damit warten, aber ich dachte, vielleicht würdest du doch ...« Ich ersticke fast an den Worten. »Ich habe ein bisschen gemodelt. Nichts Ernstes, aber ich habe ein paar Dekorationen für Eddies Schaufenster gemacht.«
    Schweigen.
    »Und ich glaube, ich bin gut darin.«
    Wieder Schweigen.
    »Eddie sagt, ich habe Talent, Dad. Er sagt, ich bin kreativ und habe Fantasie.«
    Ich frage mich, ob Dad überhaupt noch dran ist.
    »Dad?«
    Als er endlich antwortet, klingt seine Stimme tief und spröde.
    »Wenn du glaubst, ich würde zulassen, dass mein Sohn auf einem Laufsteg herumstolziert, damit Leute ihn fotografieren können und er sich hinterher auf all den vielen Partys besäuft und von einem Bett ins nächste hüpft ...«
    Seine Stimme wird immer lauter.
    »Wie oft habe ich deiner Mutter gesagt, sie soll dich von all dem fernhalten? Wie oft? Seit du ein kleiner Junge warst, hat sie dich überallhin mitgeschleppt, dich in diese verdammten Umkleideräume mitgenommen, wo Männer Make-up auflegen und halbnackte Weiber herumspringen ... Sie hat irgend so einen aufsteigenden Modedesigner auf dich aufpassen lassen, während sie auf dem Laufsteg herumspaziert ist. Deine eigene verdammte Mutter ...«
    »Ich weiß nicht, warum ich damit angefangen habe«, sage ich.»Ich hab dir ja gesagt, dass ich zur Army gehen werde. Ich wollte nur wissen, was du von der anderen Sache hältst ...«
    Noch mehr Schweigen.
    »Dad, es tut mir leid«, sage ich, auch wenn ich gar nicht weiß, wofür ich mich entschuldige. Ich tue doch genau das, was er will.
    »Ich habe einen Anruf auf der anderen Leitung«, sagt Dad. »Wir sehen uns am Samstagvormittag. Ich habe nicht vor, zum Wohnwagen deines Onkels zu

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