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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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in den Unterricht gehen soll, aber ich würde zu spät kommen. Also setze ich michstattdessen ins Jungsklo. Ich versuche, klar zu denken, aber alles dreht sich, und von den Zigaretten wird mir allmählich schlecht. Es klingelt wieder, und ich stehe auf.
    Jetzt fängt Englisch an. Ich muss in die Englischstunde gehen, weil das ganz wichtig ist. Ich muss Orlando sagen, dass ich durchfalle und dass ich ... nein, warte. Orlando weiß längst, dass ich durchfalle. Ich muss ihm sagen, dass ich die Schule abbreche. Wenn ich mich doch nur daran erinnern könnte, in welchem Raum der Englischunterricht stattfindet ...
    Ich öffne zwei Türen, bevor ich die richtige finde. Nummer Zwölf. Das ist es . Zwölf . So wie zwei eins oder eins zwei . Ich schwanke durch das Zimmer und lasse mich auf meinen Stuhl fallen. Der Rest der Klasse sitzt schon, also komme ich wohl ein bisschen zu spät. Vielleicht auch viel zu spät? Aber es ist mir egal. Es fühlt sich gut an, sich hinsetzen zu können.
    »Liam«, sagt Orlando, »komm nach draußen. Ich muss mit dir reden.«
    Ich rühre mich nicht.
    »Hast du gehört?«
    »Mhm-mhm.«
    Orlando schweigt für einen Moment.
    »Sieh mich an«, sagt er, aber ich kann nichts erkennen, weil sich in meinem Kopf alles dreht. Orlando geht nach vorne und schreibt etwas an die Tafel. »Welches Werk der modernen Literatur hat dein Leben am meisten beeinflusst?«
    »Zwei Seiten. Schildert mir, welches Werk und warum«, sagt er zu der Klasse. »Liam, komm mit.«
    Ich stehe nicht auf.
    »Raus, und zwar sofort.«
    Die Klasse ist still. Kein einziger Kugelschreiber oder Bleistift bewegt sich.
    »Zwinge mich nicht, dich noch einmal zu bitten.«
    Schließlich stehe ich auf. Meine Beine geben nach, doch ich gehe quer durch den Raum, und Orlando schlägt die Tür hinter uns zu.
    »Bist du etwa betrunken? Du riechst nach Zigaretten und Alkohol.«
    Diesmal lache ich.
    »Das ist nicht witzig«, sagt Orlando. »Du musst mein Fach bestehen, wenn du den Schulabschluss machen willst, und ich gebe dir alle Chancen ...«
    Ich schüttele den Kopf. »Was für Chancen?«, lalle ich. »Was für Chancen hast du mir je gegeben? Du hast von Anfang an gewusst, dass du mich durchfallen lassen würdest – also warum tust du so, als würdest du mir eine Chance geben?«
    Orlando beißt die Zähne zusammen. »Ich gebe dir wirklich eine Chance«, sagt er. »Ich gebe dir eine Chance nach der anderen, aber du ergreifst sie nicht. Ich habe dir angeboten, den Aufsatz noch einmal zu schreiben. Ich habe dir angeboten, nach der Schule mit dir zu arbeiten. Ich habe dich noch nicht durchfallen lassen, aber wenn du mir auf diese Weise deine Verachtung zeigst ...«
    Ich verziehe das Gesicht. »Warum sollte ich das nicht? Nichts, was ich tue, ist je gut genug für dich, aber ich soll dich respektieren? Du tust so, als wäre dir meine Zukunft wichtig, aber das ist eine verdammte Lüge.«
    »Liam, wenn du noch einmal fluchst, dann ...«
    »Dann was? Was zum Teufel wirst du dann tun? Meinen Onkel anrufen? Meinen Vater anrufen? Glaubst du, das juckt mich noch? Ich habe es satt, mich so für dich anzustrengen.«
    Orlando schlägt die Tür von einem leeren Schließfach zu.
    »Beantworte mir bitte eine Frage«, sagt er. »Kannst du mir die beantworten? Warum sagst du mir nicht, weshalb du solche Angstvor meinem Unterricht hast? Du hast das ganze Jahr über keinen Finger gerührt. Du hast dein Buch nicht mitgebracht. Du schaust während dem Unterricht aus dem Fenster. Du verschwindest mitten in der Stunde. Du machst alles, um durchzufallen – außer mich zu zwingen, dich durchfallen zu lassen. Warum tust du das? Hm? Wovor hast du solche Angst?«
    Meine Augen brennen. Auf dem Flur öffnen sich überall Türen, und eine kleine Gruppe versammelt sich an der Tür zu Raum Nummer Zwölf. Ich sehe Orlando wütend an, aber er ist noch nicht fertig.
    »Ich bin nicht dein Vater, Liam«, zischt er. »Ich weiß zwar nicht, was du glaubst, du –«
    »Ach, fahr zur Hölle.«
    Jetzt gehe ich. Ich höre, wie Orlando mir etwas hinterherbrüllt, aber ich drehe mich nicht mehr um. Ich verlasse die Schule über den Notausgang.

48
    ICH RENNE, BIS ICH SEITENSTICHE HABE und sich in meinem Kopf nicht mehr alles dreht. Dann übergebe ich mich am Straßenrand, drehe mich um und laufe den Rest des Weges zu Tante Petes Mobilheim. Ich brauche fast eine Stunde dafür. Als ich ankomme, parkt Dinos Streifenwagen schon in der Auffahrt vor Orlandos verbeultem altem Ford. Ich mache die

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