Voll erwischt
Schwanz aus der Hose wegen irgend so einem Flittchen, aus Gründen, die ich nie kapieren werde. Du meinst wohl, es sei das Beste, das sie seit einer Stange Sellerie mit Mayonnaise je gesehen hat. Und weißt du auch, warum? Ich weiß, daß du weißt, warum, denn Marie ist meine Freundin, und meine Freunde liegen mir am Herzen. Wenn du eine kleine Schlampe bumsen willst, der du gerade erst über den Weg gelaufen bist, okay, prima, es geht mich überhaupt nichts an, und unter gewissen Umständen würde ich mich sogar für dich freuen. Aber unter den gegenwärtigen Umständen sehe ich nur eines, was dabei herauskommt, und zwar, daß ein Freund von mir, nämlich Marie, verletzt wird. Und sie wird bei der ganzen Sache die einzige sein, die überhaupt nichts getan hat, womit sie so was verdient.»
Gus öffnete die Beifahrertür und stieg aus dem Volvo. «Ich muß mir diese Scheiße nicht länger anhören», sagte er. Er knallte die Tür zu und ging die Straße hinunter.
Sam stieg ebenfalls aus und folgte ihm. «Du kannst nicht weglaufen», sagte er. «Immer, wenn du dich umdrehst, steh ich hinter dir. Ich laß dich nicht in Ruhe, Gus. Ich rate dir nur eines, bring die Sache in Ordnung.»
Doch Gus ging ungerührt weiter. Drehte sich nicht um. Sagte kein Wort. Sam schaute ihm angewidert nach. Socken und Sandalen. Kein Wunder, daß der Kerl keine Selbstachtung besaß.
Was fanden Frauen nur an einem Typen wie Gus? Sam konnte es einfach nicht verstehen. Socken und Sandalen? Er war kein Penner, eher ein Nichts. Er war eine leere Leinwand, auf die manche Frauen gerne ihre Träume malen.
Kapitel 5
Als Norman Scarborough erreichte, folgte er den Schildern zum Meer und ging in ein Geschäft, um sich einen Schlafsack, Shorts und gegen das grelle Licht eine Sonnenbrille zu kaufen. In einem Lebensmittelladen gab er den Rest seines Geldes für Sandwiches und Bier, ein paar Zigaretten und Streichhölzer aus. Das alles packte er in seine Tasche. Dann marschierte er an der Steilküste entlang Richtung Süden, fort von der Stadt.
Er zog den Pullover aus, band ihn sich um die Taille und ließ ein bißchen Sonne an seinen Körper. Als nach einer weiteren halben Stunde nur noch wenige Leute in der Nähe waren, zog er die Hose aus und verstaute sie mit dem Pullover in der Reisetasche. Streifte die neuen Shorts über und spürte die Sonne auf den Beinen. Vielleicht zum erstenmal seit zwanzig Jahren. Beim letztenmal war Norman noch ein Schuljunge gewesen. Aber, mein Gott, wer will sich daran erinnern?
Norman beabsichtigte, unter den Sternen zu schlafen, sich einen kleinen Winkel in der Steilküste zu suchen und sich dort zusammenzurollen. Nachdem er jedoch mehrere Stunden marschiert war, stieß er auf halber Strecke das Kliff hinunter auf eine kleine Hütte. Dort angelangt, trat er ein paar Bretter ein, um hineinzugelangen. Das Ding war mal als kleines Cafe gebaut, aber aus irgendeinem Grund verlassen worden. Vielleicht wegen der Rezession oder wahrscheinlich weil es an so einer abgelegenen Stelle stand, daß sowieso keiner vorbeikam.
Da standen noch Geschirr und eine alte Kaffeemaschine herum, die so verrostet war, daß sie garantiert nie wieder zum Kaffeekochen benutzt werden konnte, sowie eine Teemaschine mit einem schwergängigen Deckel. Es gab einen kaputten Stuhl und einen Tisch, der nur noch drei Beine hatte. Auf einer Seite befand sich eine lange Theke aus massivem Kiefernholz, die von einer dicken Staubschicht bedeckt war. Auf der Rückseite besaß die Theke Schiebetüren, und als Norman eine davon öffnete, entdeckte er einen Raum, der etwas breiter war als er groß und gut eins zwanzig tief - ein ideales Schlafzimmer. Er holte seinen neuen Schlafsack und breitete ihn dort aus. Perfekt. Dort konnte er reinkriechen und von innen die Schiebetür zuziehen. Schlafen wie ein Baby. Tagsüber konnte er in der Sonne sitzen, Bier trinken, Sandwiches essen und ab und zu ein bißchen im Wasser planschen. Er würde so ein paar Tage verbringen, bis die Hitze sich legte. Dann würde er längst einen Bart haben, und in York würde ihn nicht mal Schneewittchen wiedererkennen.
Am Abend des zweiten Tages ging Norman ins Dorf und plünderte die einzige Telefonzelle, nur um mal zu sehen, ob er’s noch konnte. War leichter, als auf einer Bananenschale auszurutschen.
Am Morgen des dritten Tages lag er im Halbschlaf dösend unter der Theke, als er Geräusche hörte. Jemand kam in die Hütte. Leise Stimmen, Flüstern. Zuerst dachte er,
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