Voll gebissen
wie die Wahrheit.
„Wenn du möchtest, kannst du noch mit ihm fahren. Du bist ja jetzt 17.“ Meine Mutter zwinkerte mir zu und ich blickte zu Liam herüber, der schuldbewusst den Blick senkte. Wenigstens fiel es ihm genauso schwer, mich allein zu lassen, wie mir ihn gehen zu lassen.
Liam hatte mal gesagt, dass er den Vollmond hasste, seit wir zusammen seien, weil er mich dann immer allein lassen müsste. Und das m erkte man ihm nun auch deutlich an.
„Ähm , nein Mom, ich bleib lieber hier. Ich bin ... ähm … schon recht müde“, stammelte ich, ein Auge auf Liam gerichtet. Nun schien meine Mutter endgültig verwirrt zu sein. Schließlich ließ ich sonst nie eine Gelegenheit aus, bei Liam zu sein.
Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen sanften Kuss auf meine halbgeöffneten Lippen. „Wir sehen uns morgen, Liebste. Hab noch einen schönen Abend.“
Glücklicherweise sprang Amilia ebenfalls auf.
„Ich geh auch, dann kannst du noch ein bisschen mit deiner Familie feiern.“
Innerlich fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste Amilia nun alleine unterhalten. Die beiden gingen zu Tür, als Liam sich noch einmal umdrehte.
„Kyle?“, fragte er auffordernd.
„Ich bleib noch ein bisschen“, schmatzte Kyle in seine Richtung. Er hatte sich noch zwei neue Brote auf seinen Teller gelegt.
„Kyle , du möchtest jetzt bestimmt auch gehen“, sagte Liam noch einmal mit Nachdruck.
Widerwillig blickte Kyle zu Liam auf, der ihn böse anfunkelte. Es schien ihm nicht zu passen, wenn Kyle und ich allein blieben. Ich hatte sowieso das Gefühl, umso besser Kyle und ich uns verstanden, umso eifersüchtiger wurde er. Was aber eigentlich ziemlich albern war. Kyle reichte bei weitem nicht an Liam heran. Außerdem gehörte ihm meine ganze Liebe. Da war kein Platz für Gyle-Kyle, zu dem ich sowieso nur nett war, um nicht wieder gemoppt zu werden. Liam würde das zwar nicht zulassen, ich musste ihm aber ja nicht unbedingt eine Gelegenheit dazu geben.
„Na schön“, schnaufte Kyle verärgert und nahm die restlichen Brote vom Teller. „War schön Sie kennengelernt zu haben, Mrs Forsyth“, verabschiedete er sich von meiner Mutter.
„Du bist jederzeit herzlich willkommen“, lächelte sie zurück und freute sich immer noch, dass Kyle von ihrem Essen so begeistert war.
Liam, Amilia und Kyle verschwanden durch die Hau stür und ich schlich in mein Zimmer hinauf. Ohne es vorher bemerkt zu haben, fiel mir nun auf, dass ich tatsächlich ganz schön müde war. Ich legte mich in mein Bett und es dauerte nicht lange, bis ich eingeschlafen war.
4.
Mein Geburtstag war inzwischen vier Monate her und Liam und ich waren immer noch überglücklich miteinander, doch irgendetwas hatte sich verändert. Liam war zwar noch genauso liebevoll und zuvorkommend, wie am ersten Tag, doch in der letzten Zeit hatte ich das Gefühl, er freute sich, wenn Vollmond war.
Normal erweise zögerte er unsere gemeinsame Zeit immer bis zum Äußersten heraus und war dann zutiefst deprimiert, wenn er gehen musste, doch die letzten beiden Male war er viel früher als nötig gegangen. Ich fragte mich, was das wohl zu bedeuten hatte und ob ich mir darüber Gedanken machen musste.
Und noch etwas war komisch. Es hätte durchaus sein können, dass ich mir das einbildete – in Bezug auf Amilia sah ich manche Dinge nicht so klar, wie ich sollte – aber es schien mir, als würden Amilia und Liam sich zusehends besser verstehen. Vor allem, seit Liam an den Vollmondtagen früher abhaute.
Eigentlich hatte er sie immer als eingebildete hohle Frucht abgestempelt, aber seit neustem begrüßte er sie morgens in der Schule.
Und das Schlimmste: Amilia grüßte auch noch übe rtrieben herzlich zurück und warf ihm dazu noch jeden Morgen einen Kuss mit ihren dicken Schmollmundlippen zu.
Liam sagte zwar, ich solle mir keine Gedanken machen, das wäre einfach Amilias übertriebene Art, aber irgendwie konnte ich das nicht so ganz glauben. Ganz zu schweigen davon, dass Amilia allein mir schon ein riesiger Dorn im Auge war. Auch ohne Kuss-Schmollmund.
Wenn ich nicht genau gewusst hätte , dass Liam seine Vollmondnächte weitab des Dorfes verbrachte, mutterseelenallein, in irgendeinem Wald, weil er sich in einen allesfressenden , gefährlichen Werwolf verwandelte, hätte ich auf den Gedanken kommen können, dass er sich mit Amilia traf. Das einzig merkwürdige war eben nur, dass es ausgerechnet die Vollmondnächte
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