Voll gebissen
am Arm, als würde er mich festhalten wollen.
„ Das schaffst du nie bis …“, begann er, doch sein Blick blieb auf meiner Uhr hängen, die er irgendwie ängstlich anstarrte.
Ich zeigte ihm die Uhr. „Sehen Sie, Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen. Das schaffe ich noch.“
„Oh ja, entschuldigen sie Ma’am. Natürlich. Ich wünsche gute Reise.“ Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und nachdem ich auf die immer noch klopfende Hand schaute, zog er sie schnell zurück, machte eine leichte Verbeugung und ging zurück hinter den Tresen.
Komisch … Was hatte er denn plötzlich? Egal, ich hatte keine Zeit, mir darüber länger Gedanken zu machen. Schließlich würde ich gleich Liam sehen und da sollte ich mir wohl noch überlegen, was ich ihm überhaupt sagen wollte.
Ich machte mich auf den Weg. Der Pfad war wirklich nur ein Pfad. Erdiger Boden, so schmal, dass keine zwei Menschen nebeneinander darauf passten und jede Menge Geäst, das kreuz und quer darüber ragte. Der Aufstieg war mehr als beschwerlich. Es ging wirklich steil bergauf und ich war nun schon 2,5 Stunden unterwegs, doch es war immer noch keine Hütte in Sicht.
Tja … da hatte der Bärenmann sich wohl etwas verschätzt . Wobei, vielleicht hatte er mir auch die Zeit genannt, die er brauchen würde. So wie er nämlich aussah, musste er nur einen Schritt machen, wenn ich drei machte.
Dafür hatte ich jetzt genug Zeit, über Liam und mich nachzudenken. Und umso mehr ich in Liams Nähe kam und über ihn nachdachte, desto mehr fiel mir das große klaffende Loch in meinem Herzen auf, das Liam dort hinterlassen hatte, seit er fort war.
Ich hatte mich so über ihn geärgert, dass ich gar nicht gemerkt oder auch verdrängt hatte, wie sehr ich ihn eigentlich vermisste.
Dafür wurde ich mir meiner Sache jetzt immer sicherer. Ich liebte Liam und seit ich ihn nicht mehr zu Gesicht bekam, spürte ich das jeden Tag mehr.
Lange hatte ich mich gefragt, weswegen ich ihn überhaupt geliebt hatte. Oder gemeinte hatte, ihn zu lieben. Wenn ich an ihn dachte, dachte ich zwangsläufig an sein hübsches Gesicht, seine wunderbare Ausstrahlung und – nicht zu vergessen – seinen Wahnsinnskörper, aber in Wahrheit fehlte mir nicht Liams Aussehen. Wie konnte ich nur auf so einen Schwachsinn kommen? Dass ich Liam nur lieben würde, weil er so gut aussah?
Zugegeben, es mochte wohl das erste gewesen sein, worauf i ch seinerzeit geachtet hatte, aber Liam hatte weitaus mehr zu bieten. Ich sah ja auch keine Models im TV und fing dann an, sie zu vermissen. Oder Kyle, oder Amilia. Die zwar beide gut aussahen, die mir jedoch von der Art her gestohlen bleiben konnten.
Ganz anders als Liam. Ich dachte wehmütig an unser erstes Date, wo er mich mit in sein Lieblingscafe genommen hatte und wir uns den ganzen Nachmittag über irgendwelche Belanglosigkeiten unterhalten hatten, was aber dennoch total romantisch gewesen war und Spaß gemacht hatte.
Ich dachte an unseren Abend im Nightmare, wie er vor sich hingekichert hatte, weil ich dieses gammelige Fleischzeugs von Dan nicht kannte, oder wie er extra für mich den Film „Eine wie keine“ ausgeliehen hatte, nur um mir damit eine Freude zu machen, wo ihn sowas doch eigentlich gar nicht interessierte.
Wie er stundenlang dalag, mir durchs Haar str ich und sich solche Sorgen um mich gemacht hatte wegen der Werwolfsgeschichte, und nicht zu vergessen, wie er mir immer Croissants zum Frühstück mitbrachte, weil er wusste, dass ich sowas gerne mochte.
Das waren die Sachen, die wirklich zählten. Und das war genau das, weswegen ich ihn so liebte!
Sein gutes Aussehen war nur ein Bonus, den ich zwar zu schätzen wusste, der aber in dieser Form nicht notwendig gewesen wäre. Da war ich mir jetzt sicher!
Glücklich, endlich Klarheit in mein Gefühlschaos g ebracht zu haben, schritt ich neuen Mutes voran. Hoffentlich dauerte es nicht mehr so lange! Ich wollte die Sache mit Liam endlich klären.
Mittlerweile glaubte ich ihm, dass die Sache mit Amilia wohl noch einen anderen Hintergrund hatte. Und wenn er noch nicht bereit war, ihn mir zu nennen, würde ich halt warten, bis es soweit war.
Wenn ich mir das nämlich so recht überlegte, war Liam nie unfair zu mir gewesen und selbst Dan oder sein Vater hatten ja gesagt, dass das alles nicht so war, wie ich dachte.
Dass Liam sowas abstreiten würde, könnte ich ja noch nachvollziehen, aber warum sollten die beiden sich ebenfalls auf seine Seite schlagen? Was hatten
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