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Voll gebissen

Voll gebissen

Titel: Voll gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Mueller
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mit Kratzwunden und Bissen übersät, doch es sah so aus, als wären die Wunden bereits dabei zu heilen. Vorsichtig streichelte ich ihm über die Haare.
    „Liam?“, flüsterte ich und er drehte sich langsam auf den Rücken, um mir in die Augen zu schauen. Ich starrte gezielt in sein Gesicht und schirmte mit einer Hand mein Blickfeld entsprechend ab, um ja nicht aus Versehen einen Blick auf seine untere Körperregion zu erhaschen. Liam richtete den Oberkörper so auf, dass er auf seinen Ellbogen liegen konnte.
    „Emma“, lächelte er und blinzelte zwischen seinen dunklen Wimpern hervor. Sein Daumen streichelte meine Unterlippe , dann zog er mich zu sich herunter, damit er mich küssen konnte.
    Oh Mann! Wie ich das vermisst hatte! Doch bevor es zu einem Kuss kam, platz te es schon aus mir heraus: „Ich bin gebissen worden!“
    Ich setz te mich wieder gerade hin, damit Liam sich aufrichten konnte. Träge rieb er sich über die Augen und nickte zögerlich.
    „Ich weiß“, entgegnete er niedergeschlagen und schaute von unten nach oben zu mir herauf. Dann stand er auf und ging um mich herum, während ich krampfhaft meine Augen schloss.
    „Du wurdest wirklich gebissen“, murmelte er vor sich, „ich habe es nicht nur geträumt.“
    „Du kannst dich erinnern?“, fragte ich erstaunt.
    Liam nickte. „An jedes Detail. Als ich den Wolf vor dir sah … als ich sah, in welcher Gefahr zu schwebtest, war alles da, Emma.“
    Normal hätte ich mich für Liam freuen sollen, dass er es endlich geschafft hatte, seinen Geist während der Verwan dlung zu kontrollieren. Doch ich wünschte nur, es wäre unter anderen Umständen passiert.
    Ich konnte nämlich nur an eins denken: Ich war gebissen worden!

12.
     
    Ich merkte, wie angespannt Liam war. Seine Unterlippe zitterte und er sah aus, als würde er jeden Augenblick anfangen loszuheulen. Es war klar, dass er sich wegen des Bisses so verhielt. Er hatte Angst um mich und fragte sich vermutlich das Gleiche wie ich: was nun mit mir passieren würde. Doch offensichtlich wollte er stark sein.
    Für mich.
    „Was ist jetzt mit mir?“, platzte aus mir heraus. Ich spürte, wie es mir die Kehle zuschnürte und meine Augen zu brennen begannen.
    Liam schaute mich ratlos an und zuckte mit den Schultern. Seine Hände zitterten wie Espenlaub und da ich sonst nur den souveränen Liam, den Herrn aller Lagen, die Coolness in Person, die Inkarnation der Abgebrühtheit kannte, der plötzlich wie ein Häufchen Elend vor mir saß, musste mein Fall schon akut sein.
    Er starrte vor sich hin. Ich war mir sicher, dass er überlegte, ob ich mich infiziert hatte und ob ich beim nächsten Vollmond ebenfalls zum Wolf werden würde.
    Allein bei dem Gedanken daran wurde mir speiübel. Ich wusste nicht, ob ich die Wahrheit überhaupt hören wollte. Ob ich sie ertragen konnte.
    Immerhin hatte es damals bei Officer Deweys Erklärbärstunde so geklungen, als gäbe es nur zwei Mö glichkeiten, aus einem Werwolfkampf herauszukommen: Entweder tot oder infiziert.
    Und da ich nicht tot war (denn Tote würden sicherlich nicht solch einen brennenden Schmerz verspüren können), konnte ich nur eins sein: infiziert!
    Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich meine Knie mit den Armen umschlungen, mein Kinn darauf gebettet hatte und mich leicht hin und her wiegte. Das hatte ich schon als kleines Kind gemacht, wenn ich vor irgendwas furchtbare Angst hatte. Meistens summte ich noch ein Lied dabei, doch das blieb Liam erspart.
    Auch wenn ich teilnahmslos vor mich hinstarrte, lief mein Gehirn auf Hochtouren: Woran merkte man, dass man infiziert war? Dass man sich in Zukunft bei jedem Vollmond in einen Wolf verwandeln würde? Ich fühlte mich – bis auf den furchtbaren Schmerz in meiner Schulter – wie immer.
    Liam ging vor mir in die Hocke und ich schloss schnell wieder die Augen. Nicht, dass noch irgendetwas vor meiner Nase hin und her baumelte, was ich unter diesen Umständen sicher nicht sehen wollte. Liam sah, dass ich meine Augen geschlossen hielt und strich mir sanft übers Haar.
    „Tut es sehr weh, Emma?“
    Ich schüttelte leicht mit dem Kopf. „Es geht“, antwortete ich tapfer (was natürlich nicht im Entferntesten der Wahrheit entsprach, denn die Wunde brannte wie Feuer), „aber könntest du dir bitte etwas anziehen?“
    Liam nickte. „Kannst du laufen? Meine Hütte ist nicht weit von hier. Oder soll ich dich tragen?“
    Hektisch schüttelte ich den Kopf. Nein, ich wollte ganz sicher nicht von einem nackten Liam

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