Voll gebissen
einverstanden, wenn wir kurz bei ihr vorbeifahren?“
„Eigentlich nicht. Aber unter diesen Umständen mache ich da mal eine Ausnahme.“
Wir stiegen ins Auto und fuhren los. Während der Fahrt knibbelte ich bereits die Kruste von meinen Wunden. Darunter kam frische rosige Haut zum Vorschein.
„Wow! Wie schnell das bei euch geht!“, lächelte ich ein wenig fasziniert und zeigte Liam stolz meinen Arm, der wieder wie neu aussah.
Auch Liam lächelte. „Tja , wenn du diese Fähigkeit mal von klein auf gehabt hättest, wäre dir vieles erspart geblieben, oder?“ Er kicherte.
Ha ha! Sehr witzig. Zur Strafe boxte ich ihn auf den Oberarm und Liam gluckste vergnügt.
Eine Weile starrte ich aus dem Fenster und sah der Landschaft dabei zu, wie sie an uns vorbeizog.
„Du, sag mal Liam, was meinst du, warum sich die verwandelten Werwölfe umgebracht haben?“ , fragte ich gedankenverloren.
„Ich weiß es nicht , Emma. Aber vermutlich sind sie nicht mit all dem zurechtgekommen.“
Ich nickte zustimmend . Für jemanden, der vorher noch nichts von der Existenz von Werwölfen gewusst hatte, dann gebissen wurde und sich danach selbst verwandelte, für den war das garantiert nochmal doppelt so schlimm wie für mich.
„Weißt du, wenn du mich nicht hättest, wärst du jetzt auch auf dich allein gestellt. Du könntest niemanden fragen, könntest dir bei niemandem Tipps holen und müsstest das alles ganz alleine durchstehen. Ich könnte mir vorstellen, dass ihnen das zu viel geworden ist.“
Wieder ein Nicken meinerseits. Das konnte ich mir in der Tat sehr gut vorstellen. Teilnahmslos schaute ich wieder aus dem Fenster und dachte darüber nach.
Liam legte seine Hand auf mein Knie und streichelte es. „Alles gut?“, fragte er besorgt.
„Ja, alles gut.“
„Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, dass du nicht so enden wirst. Außerdem habe ich dir ein Versprechen gegeben und ich halte meine Versprechen.“
„Darüber mache ich mir keine Gedanken.“
„Worüber dann?“ Liam schien ein wenig verblüfft zu sein.
„Darüber, weshalb sie überhaupt zu Werwölfen gewo rden sind. Wer sie gebissen hat und vor allem, warum.“
Er nickte verständnisvoll. „Das ist eine gute Frage. Aber wir werden es herausfinden und dann werde ich den, der dir das angetan hat, zur Rechenschaft ziehen. Es wird alles wieder gut werden, Emma.“
Dankbar huschte ein leichtes Lächeln über meine Lippen .
Schließlich kamen wir bei Amilia an und klingelten an ihrer Haustür. Ein alter Mann mit Anzug und streng zurückgegelten Haaren öffnete die Tür.
„Madam? Sire?“, fragte er mi t tiefer Stimme und hielt seinen rechten Arm steif hinter dem Rücken.
„Wir wollten zu Amilia“, sagte Liam.
„Sehr wohl, Sire.“ Der Mann trat beiseite und ließ uns eintreten. „Einen Moment, bitte.“ Mit diesen Worten und einer Verbeugung verschwand er.
„Was war das denn?“, flüsterte ich Liam zu.
„Nicht was, sondern wer. Das war ihr Butler.“
„Die haben einen Butler?!“, entfuhr es mir.
„Scht“, machte Liam und nickte nur kurz.
Einen Butler. Klar. Sorry, dass ich überrascht war. War ja auch was völlig Alltägliches, seinen eigenen Butler zu haben. Wer hatte den nicht?! Ich rollte mit den Augen und sah mich um. Die Hütte war nicht von schlechten Eltern, konnte ich nur sagen. Das Einzige, was mich irritierte, waren die unzähligen Gemälde von irgendwelchen alten Leuten in merkwürdigen Roben, die im ganzen Flur hingen.
Liam bemerkte meinen Blick und erklärte mir, dass das Amilias Vorfahren seien.
Bevor ich genauer nachfragen konnte, kam eine Frau um die Ecke, die praktisch wie Amilia aussah. Nur ein bisschen älter. Meine Güte, was sahen manche Leute ihren Eltern ähnlich, und dabei dachte ich an Faith und Liams Mom. Was für ein Glück, dass das bei mir zu Hause nicht der Fall war.
Fahrig nesselte die Frau an ihrem Blazer herum.
„Hallo , Mrs Benett“, grüßte Liam freundlich.
„Kommst du zum Unterricht, Liam? Ich muss dich en ttäuschen, aber Amilia geht’s nicht gut“, plapperte sie direkt los und schaute dabei nervös zur mir herüber.
„Ihr geht’s nicht gut?“ Liam schien perplex. „Warum? Was hat sie?“
Wieder schielte sie in meine Richtung. „Schon okay. Emma ist meine Freundin. Sie ist eingeweiht.“
Doch das schien die Frau nicht im Geringsten zu beruhigen. Angespannt stand sie vor uns, während ihre Augen immer wieder hektisch zu mir herüberflitzten. „Es ist besser du gehst jetzt,
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