Voll gebissen
Liam.“ Sie versuchte, Liam Richtung Ausgang zu schieben, doch der blieb hartnäckig stehen.
„Darf ich erfahren, was hier los ist?“ Liam war aufgebracht, doch Amilias Mutter reagierte gereizt.
„Wie wärʼs, wenn du das deine Freundin fragst? Und jetzt raus hier!“
Ich machte ein entsetztes Gesicht. Was sollte ich denn damit zu tun haben?
„Entschuldigen Sie bitte, Mrs Benett, aber Sie werden uns jetzt zu Amilia bringen, damit wir mit ihr reden können“, forderte Liam bestimmend.
Zuerst sah Amilias Mom so aus, als wolle sie ihm für seine Unverschämtheit den Kopf abreißen, doch dann fügte sie sich und lotste uns bis in Amilias Zimmer. Ihrem Geruch nach zu urteilen, blieb ihr auch nichts anderes übrig, als ihm zu gehorchen.
„Ich hoffe, deine Freundin hat sich in Menschengestalt besser unter Kontrolle “, warf sie ihm bissig an den Kopf und verschwand.
Mulmig folgte ich Liam durchs Zimmer, bis wir vor e inem weißen Himmelbett standen, in dem Amilia lag. Ich erschrak, als ich sie sah. Diese Amilia hatte nichts mehr mit der superhübschen Model-Amilia zu tun, die ich kannte. Ihre Haut war aschfahl, sie hatte tiefe violette Ringe unter den Augen, ihr normalerweise blondes seidiges Haar hing ihr in fettigen Strähnen am Kopf herunter und sie hatte überall Verbände.
„Amilia, was ist passiert?“, fragte Liam und setzte sich zu ihr aufs Bett.
Ich traute mich nicht wirklich, mich zu bewegen, also blieb ich erstmal da, wo ich war.
Flatterhaft blinzelte sie mit den Augen, bevor sie sie ganz langsam öffnete.
„Warum hast du überall Verbände?“ Liam schien ni cht weniger entsetzt zu sein als ich.
„Ich hab doch gar nichts gemacht. Ich wollte sie doch nur ein bisschen ärgern“, wisperte sie schwach.
„Was heißt das? Wen wolltest du nur ein bisschen ärgern?“
„Emma“, krächzte sie.
„Ich versteh nicht.“ Liam schaute fragend zu mir herüber, doch ich zuckte nur ratlos mit den Schultern.
„Emma hatte sich nicht verwandelt. Ich bin in das Haus rein und wollte ihr ein bisschen Angst einjagen.“
Oh ja, das hatte sie. Daran erinnerte ich mich gut. Ich hatte Todesangst!
„Und weiter?“, bohrte Liam.
„Dann hat sie sich doch verwandelt“, flüsterte Amilia und dabei weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen.
„Und dann?“ Er schien genervt, dass er Amilia jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen musste.
„Dann ist sie vollkommen ausgerastet.“ Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. „Ehrlich. Sowas habe ich noch nie gesehen, Liam.“
„Was hast du noch nie gesehen?“, fragte Liam irritiert.
„Sie war nicht wie ein normaler Werwolf. Du erinnerst dich, ich hatte sie ja herausgefordert. Anfangs war auch noch alles normal, doch nachdem wir begonnen hatten, uns zu beißen, war sie nicht mehr zu bremsen. Es war kein üblicher Rangkampf, Liam. Es war … Raserei! Sie ist viel stärker. Und wenn ich sage viel stärker, dann meine ich auch um einiges stärker als ein Alpha-Wolf. Und das Schlimme ist, sie hat sich nicht mal ansatzweise unter Kontrolle.“
„Die wenigsten haben sich unter Kontrolle, wenn sie verwandelt sind, Amilia.“
Doch Amilia schüttelte zaghaft den Kopf. „Nein, das ist nicht vergleichbar. Sie war völlig weggetreten.“
„Wie meinst du das?“ Liam hob skeptisch die Augenbrauen.
„Auch Werwölfe, die sich während ihrer Verwandlung an nichts erinnern können, haben ein natürliches Sozialve rhalten. Sie nicht. Wir haben mit dem Kampf begonnen und sie hat sich auf mich gestürzt wie eine Bestie. Nachdem ich merkte, dass ich ihr kräftemäßig völlig unterlegen war, legte ich mich auf den Rücken und bot ihr meine Kehle dar. Jeder normale Werwolf hätte abgelassen und wäre danach seines Weges gegangen. Sie nicht. Sie stürzte sich erneut auf mich und versenkte ihre Zähne in jede Ecke meines Körpers, an die sie herankommen konnte.“
Liam saß wortlos vor ihr und auch ich stand reglos im Zimmer und konnte kein Wort sagen. Ich sollte so gefäh rlich sein? Ich sollte schlimmer als alle anderen Werwölfe zusammen sein?
„Wie bist du entkommen?“, fragte Liam.
„Ein mir unbekannter Werwolf kam plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen und half mir. Er stürzte sich auf Emma. Wie es dann weiterging, weiß ich nicht. Sowie Emma von mir abgelassen hatte, rannte ich um mein Leben. Wäre der andere Werwolf nicht gekommen, hätte sie mich womöglich umgebracht.“
Ich schluckte. Ich sollte fähig sein, jemanden umzubri ngen? Durch mein lautes Schlucken
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