Voll gebissen
in Ordnung. Außerdem musste ich Liam unbedingt von dem merkwürdigen Abend gestern erzählen.
Ich begann damit, wie ich vor dem Fenster gesessen ha tte und der Mond langsam aufging, bis er hoch am Himmel stand und bei mir immer noch keine Verwandlung in Sicht war.
Liam riss vor Schreck die Augen auf. „Und dann?“
Er hing an meinen Lippen, als würde ich die schlimmste Horrorgeschichte erzählen, die er jemals gehört hatte. Gut, ich persönlich hatte mich gestern sogar so gefühlt, als würde ich sie erleben (was ja letztendlich auch gestimmt hatte), aber ich wurde stutzig, dass Liam von allem so überrascht zu sein schien.
Ich berichtete weiter, wie der andere Werwolf – Liam knurrte direkt ein abfälliges Amilia – an dem Türschlitz schnüffelte und danach an der Tür zu kratzen begann, bevor er sie terminatormäßig dem Erdboden gleichmachte und zu mir ins Schlafzimmer geschlichen kam.
Liam hielt die Luft an. „Ich denke, du warst noch nicht verwandelt?“
„Stimmt, war ich auch nicht.“
Liam wurde kreidebleich.
Dann schilderte ich, wie ich todesmutig über das Bett getürmt war und mir die Blätter einwarf, worauf ich mich dann verwandelt hatte.
„Du hast dich mit Hilfe der Blätter verwandelt?“ Liam zog irritiert die Augenbrauen nach oben.
„Nein. Die Verwandlung hatte schon vorher begonnen. Aber nachdem ich das Wolfskraut geschluckt hatte, beschleunigte das natürlich immens die Verwandlung.“
Er nickte wissend. Klar, er hatte mir die Blätter ja extra deswegen gegeben.
„Tja, und danach kann ich mich an nichts mehr erinnern “, beendete ich meine Geschichte.
Liam saß wie versteinert da.
„Und, was sagst du? War das überhaupt Amilia? Ich meine, weil der Werwolf dunkel war … Hätte er nicht hell sein müssen?“
Liam schlug die Hände vorm Gesicht zusammen. „Oh mein Gott , Emma! Es hätte sonst was passieren können! Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke, dass du – auch noch unverwandelt – zusammen mit einem gefährlichen Werwolf in einem Raum warst. Und das ohne fremde Hilfe!“
Es war ja ganz süß, dass er sich solche Sorgen machte, aber langsam wurde ich ungeduldig.
„Ja, das ist jetzt nicht mehr zu ändern. Sag mir lieber, ob das wirklich Amilia war.“
Liam schüttelte den Kopf. Er schien völlig fertig.
„Sie war es also nicht?“
„Was? Ach so , doch. Amilia ist ein dunkler Werwolf. Theoretisch hast du recht. Sie müsste hell sein, aber sie ist nicht naturblond.“
„N ee!“, rief ich ungläubig. Ich wusste, dass das jetzt wohl das Unwichtigste überhaupt war, doch das war ja kaum zu glauben. Frauen und ihre Probleme …, ja, ja, schon gut.
„Doch, es stimmt. Meinst du, ein anderer Werwolf hätte dich als Mensch so lange einfach nur angeschaut, ohne dir etwas zu tun? Oder hätte so manierlich die Tür geöffnet?“
Ich schaute auf die Trümmer, die verstreut im Zimmer lagen. „Manierlich?“, fragte ich und sah Liam skeptisch an.
„Wenn ein anderer Werwolf dich hier drin gerochen hätte, wäre er einfach durch die Tür gerannt. Da wäre nichts mit Scharren oder Anklopfen gewesen.“
„Anklopfen?“, wiederholte ich und schnaufte, während ich mich daran erinnerte, wie das Biest seinen Kopf gegen die Tür geschlagen hatte, um diese aufzubrechen.
„Ja, anklopfen. Selbst wenn es eine massive Stahltür gewesen wäre, könnte ein Werwolf sie mit einem Pranke nschlag aus dem Weg räumen. Oder er wäre einfach durch eines der vielen Fenster gesprungen.“
„Hast du schon mit ihr gesprochen?“
„Nein, ich hatte versucht sie anzurufen, doch sie meldet sich nicht.“
Ich nickte. Vermutlich lag sie noch irgendwo genü sslich herum, träumte vor sich hin und freute sich, dass sie mir eine Lektion erteilt hatte.
„Was mir aber zu denken gibt, ist nicht die Sache mit Amilia.“ Liam biss sich auf die Unterlippe, als müsste er überlegen, ob er es wirklich sagen sollte.
„Sondern?“ , half ich nach.
„Irgendetwas läuft komisch bei dir, Emma.“ Er schaute mich an, doch seine Augen gaben keine Gefühlsregung preis.
Empört sah ich ihn an. Was soll das denn wieder heißen?
„Jetzt tu mal nicht so“, rügte er mich sofort für meinen Blick, „aber deine anfänglich eiternde Wunde, obwohl du doch infiziert wurdest, dann deine frühen Träume und nun die Tatsache, dass du dir als Werwolf in Menschengestalt noch den Vollmond anschauen kannst, bevor du dich verwandelst. Emma, das ist alles andere als normal. Und ich muss gestehen, es
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