Voll gebissen
gesagt froh, sie wieder so zu sehen.
„Danke“, murmelte ich.
Wir verabschiedeten uns und Liam fuhr mich nach Hause.
Der Weg von Amilia bis zu mir nach Hause dauerte zwar gerade mal 15 Minuten, doch selbst die 15 Minuten verkraftete ich nicht, dass Liam mich anschwieg.
„Und, was denkst du jetzt?“, wollte ich wissen, doch Liam reagierte nicht. „Liam?“
Er fuhr in unsere Hofeinfahrt und starrte stur geradeaus.
„Kannst du bitte etwas sagen?“, fragte ich unsicher.
Dann schaute er mich an. „Ich weiß nicht was, Emma.“
Ich nickte niedergeschlagen. „Bist du enttäuscht von mir?“
„Nein, das bin ich nicht. Eher von mir“, antwortete er und stieß einen tiefen Seufzer aus.
„Von dir? Du hast doch gar nichts damit zu tun“, sagte ich verblüfft.
„In gewisser Weise schon. Oder hattest du schon mal mit einem Werwolf Kontakt, bevor du mich kanntest?“
Nachdenklich schüttelte ich den Kopf. „Zumindest nicht bewusst.“
„Na also.“ Liam seufzte erneut.
„Hast du jetzt Angst vor mir?“
Liam lächelte schwach. „Nein. Solange man dir nicht im verwandelten Zustand begegnet, bist du ja harmlos.“
„Und was machen wir jetzt?“ , fragte ich vorsichtig.
„Na ja, fest steht, dass wir dich weiterhin an den Vol lmondtagen weit wegbringen müssen. Und du wirst Amilia bitten, wenn sie wieder gesund ist, mit dir Übungen zu machen, damit du lernst, deinen Geist zu kontrollieren.“
Ich verzog das Gesicht. „Und wie soll das gehen, wenn ich ange blich so aggro bin?“
„Amilia sagte, man könne einige Übungen davon auch als Mensch machen. Das wäre doch schon mal ein Anfang.“
Ich seufzte. Na , da hatte ich ja Lust drauf! Doch Liam reagierte direkt gereizt.
„Du machst diesbezüglich, w as man dir sagt, ist das klar?“, fragte er barsch.
„Ja, ich wollte ja gar nicht …“, verteidigte ich mich, doch Liam ließ mich nicht ausreden.
„Ist das klar?“ , wiederholte er noch einmal.
„Ja“, antwortete ich beleidigt.
Die Situation war für mich immerhin viel schlimmer als für ihn. Natürlich würde ich alles dafür tun, dass sowas wie mit Amilia nicht nochmal vorkam, aber dennoch musste ich ja nicht davon begeistert sein, demnächst meine Freizeit mit ihr zu verbringen. Ich stieg aus dem Auto aus.
„Kommst du nicht mit?“, fragte ich überrascht.
„Nein, wir sehen uns morgen. Ich werde noch ein paar Telefonate führen. Unter anderem mit Dr. White. Ich bin sicher, ihn wird interessieren, was vorgefallen ist.“
Ich nickte. Gut, dann hatte ich ein wenig Zeit , meine Gedanken zu sortieren. So, wie es momentan war, war mir noch nicht so ganz klar, wie ich mich fühlen sollte. Es waren einfach zu viele Eindrücke, um mich gefühlsmäßig schon festzulegen.
Ich ging hinauf in mein Zimmer , legte mich auf mein Bett und ließ das Gespräch mit Amilia nochmal Revue passieren. Ich fühlte mich unglaublich leer. Wie ausgebrannt. Und je mehr ich darüber nachdachte, umso schlechter kam ich mir vor. Das war alles so unglaublich.
Ich dachte darüber nach, was Dr. White von den anderen Werwölfen erzählt hatte. Dass sie übergeschnappt wären und sich umgebracht hätten. Und wenn sie waren wie ich? Wenn sie unfreiwillig jemanden getötet hatten? Und das nicht mehr ertragen konnten? Was ist, wenn ich auch jemanden umbringen würde? Würde ich dann auch sterben wollen?
Ohne es zu wollen , begann ich zu weinen. Erst leise vor mich hin, dann drückte ich mein Gesicht schluchzend ins Kissen.
Wie konnte das alles nur passieren? Bis vor kurzem war ich doch noch eine unscheinbare gerade 17 Jahre alt gewordene Schülerin, die sich darüber Gedanken gemacht hatte, ob sie ihren Führerschein bestehen würde oder nicht, und nun hatte ich mich zum Werwolf-Schreck gemausert und fast meine Klassenkameradin auf dem Gewissen.
Wie konnte ich damals nur so dämlich sein und das alles so auf die leichte Schulter nehmen? Erst jetzt begriff ich, warum Liam immer so verständnislos reagierte, wenn ich das Thema Werwolf so leichtfertig abgetan hatte.
Er hatte mich immer gewarnt, mir immer gesagt, dass das kein Spaß sei, doch ich war zu blauäugig, um den Ernst der Lage zu erkennen. Selbst als ich gebissen worden war und sich herausgestellt hatte, dass ich ebenfalls infiziert war, war das kein Weltuntergang für mich gewesen. Natürlich war ich anfangs absolut entsetzt darüber und hatte Angst, was nun weiter passieren würde, doch ich tröstete mich damit, dass das bei mir sowieso nur eine Sache
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