Voll im Bilde
ungeschickte Weise um die Ohren zu schlingen, etwa so.« Er zeigte es seinen Kollegen.
Der Professor starrte ungläubig.
»Unheimlich«, kommentierte er schließlich. »Es stimmt! Jetzt siehst du wie jemand aus, der einen ziemlich schlechten falschen Bart trägt.«
»Erstaunlich, nicht wahr?« meinte der Dozent fröhlich und verteilte den Draht. »Man nennt so was Pschükologie.«
Einige Minuten lang waren die Zauberer damit beschäftigt, Drähte abzubrechen und zu biegen. Gelegentlich erklang leises, schmerzerfülltes Wimmern, wenn sich einer der alten Männer piekste, doch schließlich hatten sich alle echten Bärte in vermeintliche falsche verwandelt. Die Magier musterten sich scheu.
»Wenn wir einen Kopfkissenbezug ohne Kissen drin nehmen und ihn so unter den Umhang des Professors stecken, daß sich oben ein Zipfel zeigt…«, sagte ein Zauberer voller Enthusiasmus. »Dann sähe er wie ein dünner Mann aus, der versucht, mit einem Kissen sehr dick zu wirken.« Er fing den Blick des Professors ein und schwieg.
Zwei Thaumaturgen traten von hinten an Poons gräßlichen Rollstuhl heran und setzten ihn in Bewegung. Das Kopfsteinpflaster unter den Rädern beschwerte sich mit einem lauten Knirschen.
Poons erwachte plötzlich. »Wasnlos? Wo sind wir?«
»Wir spielen die Rolle von ganz normalen Bürgern«, erklärte der Dekan.
»Ein interessantes Spiel«, erwiderte Poons.
»Hörst du mich, alter Knabe?«
Der Quästor öffnete die Augen.
Die Krankenabteilung der Universität war nicht sehr groß und wurde nur selten benutzt – Zauberer waren entweder kerngesund oder tot. Die übliche Behandlungsmethode bestand aus einem Mittel, das gegen Magensäure wirkte, und einem dunklen Zimmer bis zur nächsten Mahlzeit.
»Hab dir was zu lesen mitgebracht«, fügte die Stimme zaghaft hinzu.
Der Quästor starrte auf einen Buchrücken, der ihm folgenden Titel präsentierte: Abenteuer mit Armbrust und Angel.
»Hast dir eine scheußliche Beule geholt, Quästor. Bist den ganzen Tag über im Reich der Träume gewesen.«
Der Patient blickte benommen durch den rosaroten und orangefarbenen Dunst, der sich allmählich lichtete, um ihm das rosarote und orangefarbene Gesicht des Erzkanzlers zu zeigen.
Mal überlegen, dachte er. Was ist eigentlich gesch…
Ruckartig setzte er sich auf, griff nach dem Umhang des Erzkanzlers und schrie in das große, rosarote und orangefarbene Gesicht: »Etwas Unheilvolles bahnt sich an!«
Die Zauberer schlenderten durch halbdunkle Straßen. Bisher funktionierte die Verkleidung tadellos. Die Leute rempelten sie sogar an. Niemand hatte es jemals gewagt, einen Zauberer anzurempeln – es handelte sich um eine ganz neue Erfahrung.
Vor dem Eingang des Odium wartete eine große Menge, und die Schlange reichte bis auf die Straße. Der Dekan führte seine Kollegen geradewegs zur Tür, woraufhin jemand »He!« rief.
Er sah auf und in das rote Gesicht eines Trolls, der schlecht sitzende und militärisch wirkende Kleidung trug, die unter anderem aus kesselpaukengroßen Epauletten bestand. Eine Hose fehlte.
»Ja?«
»Hier sein eine Schlange«, sagte der Troll.
Der Dekan nickte freundlich. In den Warteschlangen Ankh-Morporks standen Zauberer immer ganz vorn. »Ja, ich habe sie gesehen. Eine hübsche Schlange. Wenn du jetzt bitte beiseite treten würdest… Wir möchten zu unseren Plätzen.«
Der Troll bohrte ihm einen dicken Zeigefinger in den Bauch.
»Für was du dich halten?« fragte er. »Etwa für Zauberer oder so?« Einige Leute in der Nähe lachten.
Der Dekan beugte sich vor.
»Wir sind tatsächlich Zauberer«, zischte er.
Der Troll grinste.
»Hältst mich vielleicht für dumme Amöbe? Ich deutlich sehen können falschen Bart!«
»Jetzt hör mal…«, begann der Dekan. Seine Stimme wurde zu einem erschrockenen Quieken, als ihn der Troll am Kragen packte und auf die Straße warf.
»Du dich anstellen müssen wie alle anderen«, sagte er. Höhnisches Gelächter erklang in der Menge.
Der Dekan knurrte. Er hob die Hand. Er spreizte die Finger…
Der Professor drückte seinen Arm nach unten.
»Wir wollen darauf verzichten, Magie zu beschwören, erinnerst du dich?« flüsterte er. »Komm.«
»Wohin?«
»Zum Ende der Schlange!«
»Aber wir sind Zauberer! Und Zauberer stellen sich nie für etwas an!«
»Wir sind ehrliche, rechtschaffene Kaufleute«, stellte der Professor fest. Er sah zu den umstehenden Kinobesuchern, in deren Augen Argwohn glänzte. »Wir sind ehrliche,
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