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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kicherte er. »Soll ich zu dir rüberrutschie?«
    Das Licht im Saal trübte sich weiter. Auf der Leinwand flackerte es. Zahlen erschienen dort und begannen mit einem raschen Countdown.
    Kalliope spähte auf ihr Notenblatt, rollte die Ärmel hoch, strich sich das Haar aus den Augen und hieb erneut auf die Tasten der Orgel. Eine Melodie erklang, und mit etwas Phantasie konnte man sie als Hymne von Ankh-Morpork erkennen. 26
    Dann wurde es dunkel.
     
    Der Himmel flackerte. Der Nebel war gar kein richtiger Nebel. Ein silbriges, schiefergraues Glühen ging von ihm aus, und das Flackern in seinem Innern erschien wie eine Kreuzung zwischen der Aurora Coriolis und dem Wetterleuchten im Sommer.
    Etwa dreißig Meilen von Ankh-Morpork entfernt, im Bereich von Holy Wood, gleißte das Firmament. Der Glanz war selbst in der Gasse hinter Sham Hargas Rippenstube zu sehen, wo sich zwei Hunde an einer Alles-was-man-aus-dem-Müll-zerren-kann-und-noch-dazu-gratis-Spezialität erfreuten.
    Laddie blickte auf und knurrte.
    »Ganz meine Meinung«, pflichtete ihm Gaspode bei. »Ich habe ja gesagt, es sei kein gutes Zeichen, nicht wahr? Konnte mich wohl kaum deutlicher ausdrücken, oder?«
    Funken stoben ihm vom Fell.
    »Komm«, forderte er seinen Begleiter auf. »Wir sollten die Leute warnen. Dafür bist du zuständig.«
     
    Klickaklickaklicka…
    Es war das einzige Geräusch im Odium. Kalliope spielte nicht mehr, sie starrte zur Leinwand.
    Münder standen offen und schlossen sich nur, um auf eine Handvoll Knallkörner zu beißen.
    Zuerst versuchte Victor, dagegen anzukämpfen. Er wollte den Blick abwenden. Eine leise Stimme irgendwo in seinem Hinterkopf flüsterte, es sei alles falsch und verkehrt, aber er achtete nicht darauf. Die Dinge schienen richtig zu sein. Er seufzte mit dem Publikum, als die Heldin versuchte, das alte Bergwerk der Familie in einer verrückt gewordenen Welt vor dem Ruin zu bewahren. Er schauderte bei den Kriegsszenen. Er beobachtete das Geschehen im Ballsaal durch einen romantischen Schleier. Er…
     
    … spürte Kälte am Bein, wie von einem halb geschmolzenen Eiswürfel. Er versuchte, dem unangenehmen Gefühl keine Beachtung zu schenken, aber es drängte mit immer mehr Nachdruck ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Schließlich senkte er den Kopf.
    »Tschuldigung«, sagte Gaspode.
    Das Trübe verschwand aus Tugelbends Augen, doch einige Sekunden später wanderte sein Blick erneut zur Leinwand zurück, wo ein großer Victor Maraschino eine große Delores De Syn küßte.
    Das Empfinden klebriger Kühle wiederholte sich und rief die Wirklichkeit zurück.
    »Soll ich dir vielleicht ins Bein beißen?« fragte Gaspode.
    »Ich, äh, ich…«, begann Victor.
    »Ich kann ganz fest zubeißen«, fügte Gaspode hinzu. »Brauchst es mir nur zu sagen.«
    »Nein, äh…«
    »Ich habe mehrmals betont, daß es kein gutes Zeichen ist. Mit anderen Worten: Unheil bahnt sich an. Unheil. Unheil. Unheil. Laddie hat gebellt, bis er heiser wurde, aber niemand hört ihn. Deshalb habe ich die Kalte-Nase-Methode verwendet. Funktioniert immer.«
    Victor sah sich um. Die übrigen Zuschauer starrten so zur Leinwand, als wollten sie für… für…
    … für immer und ewig auf ihren Sitzen verweilen.
    Als er die Arme hob, lösten sich Funken von den Fingern, und die Luft hatte jene zähe, schmierige Konsistenz, die jeder thaumaturgische Student als Zeichen für ein großes magisches Potential zu deuten weiß. Hinzu kam Nebel. In einem Kino? Lächerlich und absurd. Aber der Nebel kümmerte sich nicht um Lächerliches und Absurdes; er existierte einfach, kroch träge und silbergrau über den Boden.
    Victor rüttelte an Gingers Schulter. Er winkte mit einer Hand vor ihren Augen. Er schrie ihr ins Ohr.
    Dann wandte er sich an den Patrizier und Schnapper. Sie gaben dem Druck nach, neigten sich jedoch sofort wieder in ihre ursprüngliche Position zurück.
    »Der Streifen stellt etwas mit ihnen an«, sagte er. »Ja, es muß an den beweglichen Bildern liegen. Aber wieso? Es ist ein ganz normaler Streifen. In Holy Wood benutzen wir keine Magie. Wenigstens keine normale…«
    Er kletterte über erstarrte Knie hinweg, erreichte den Mittelgang und eilte dort durch Dunstwolken. Er pochte an die Tür des Vorführraums, und als niemand antwortete, riß er sie auf.
    Bezam saß völlig reglos und blickte durch eine kleine quadratische Öffnung in der Wand. Der Projektionskasten klickte munter vor sich hin, und niemand drehte die Kurbel. Zumindest konnte Victor

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