voll im Einsatz
gequält aus. »Ähm, also, weil … weil ich es durchs Fenster romantischer fand. Verstehst du?« Mit großen hoffnungsvollen Augen sah er mich an.
Romantischer?
Ich guckte die Leiter an, die Rosen und – pling – endlich ging mir ein Licht auf. Der Kerl hatte hier mal ein bisschen geleitert! Der wollte, wie die Leute vor hundert Jahren, heimlich zu Sibylles Fenster hochsteigen, anklopfen und ihr im Mondschein von draußen die roten Rosen überreichen. (Solche Sachen finden Erwachsene romantisch.)
Tzzz! Nun grinste ich auch.
»Soll ich dir die Leiter festhalten?«, bot ich hilfsbereit an.
So was! Ich dachte immer, nur Cornelius geht dauernd was schief. Aber dieser Gerold Grünberg scheint auch nicht gerade der Allergeschickteste in praktischen Dingen zu sein. (Schätze, wenn man Lehrer wird, braucht man solche Fähigkeiten auch nicht.) Wie schwierig kann es denn sein, eine Leiter so hinzustellen, dass sie nicht umkippt?
Als ich zurück in meinem Zimmer war und neben der friedlich schnorchelnden Kenny ins Bett kroch, horchte ich nach draußen. Und tatsächlich – wie ich erwartet hatte – hörte ich kurze Zeit später einen hellen Aufschrei. Ich grinste. Das war ohne Zweifel Sibylle, die jemanden vor ihrem Fenster im ersten Stock stehen sah. Ich schätze, die bekommt nicht so oft nächtlichen Besuch über Leitern. Direkt danach folgte Lachen. Das muss wohl der Moment gewesen sein, in dem Sibylle erkannte, wer der Leitersteiger war. Da musste ich noch mehr lächeln. Ist doch nett, wenn sich die Eltern von jemandem endlich verlieben. Wird auch Zeit! Wie das für Gregory wohl ist, jetzt wo er eine Mutter und einen Vater hat?
Und darüber muss ich wohl genüsslich eingeschlafen sein.
Tja, so war das letzte Nacht. Ein bisschen Schleicherei, aber kein wirkliches Abenteuer. Oder wenn, dann nur so eine rosige Romanzensuppe, aber immerhin, als kleine nächtliche Übung mal ganz nett.
Ich zupfe hier im Unterricht ein bisschen an meinen Haaren. Uii, da hat Tessa heute vor der Schule aber ne ganze Menge abgeschnitten. Ach, egal, wachsen ja wieder.
Huch? Was hat Frau Heinzig gerade gesagt? Hilfe, die wird ja wohl nicht schon wieder mich an die Tafel holen! Wo ich doch nur mal ein paar winzige Minuten lang vor mich hin geträumt habe?
»Weißt du das, Malea?«
Oh nee, dieses Lottofeelächeln und der bohrende Blick dabei! Woher soll ich denn wissen, von welchem komischen König sie nun schon wieder quatscht?
Ich seufze mal ein wenig unverbindlich.
Frau Heinzig versteht. Und lächelt immer noch. »Ich habe dich gefragt, Malea, ob du weißt, wo Sascha Auermann ist? Weißt du, ob er sich krank gemeldet hat?«
Ups, stimmt. Hier stinkt’s ja gar nicht. Aua sitzt überhaupt nicht neben mir. Der Platz ist frei.
»Nö«, sage ich und zucke mit den Schultern. »Keine Ahnung, wo der ist.«
Was kümmert mich Aua?
• Omibetreuung im Altersheim: Vorteil: Kann ja wohl nicht so anstrengend sein wie Babysitten oder Kellnern im Bella Roma . Nachteil: Wird schlecht bezahlt.
• Nachhilfe: Vorteil: Soll super bezahlt werden. Nachteil: Mir fällt spontan nicht ein, worin Dodo und ich Nachhilfe geben könnten. Die Fächer in der Schule sind so begrenzt und Dodos und meine Stärken liegen ja in den viel wichtigeren Dingen des Lebens. Haben wir außerdem schon mal bei Malea in Geschichte probiert und hätte auch fast geklappt, aber dann – dank Gerold Grünbergs Adleraugen – eben doch nicht.
• Apothekendienst: Macht Henry aus unserer Stufe. Vorteil: Soll ganz okay bezahlt werden. Nachteil: Man muss den ganzen Tag Fahrrad fahren und dann Treppen rauf, Medikamente abgeben, Treppen runter – keuch!
• Andere Jobs in Bäckerei, Kaufhaus, Tankstelle? (Uh, Tankstelle klingt furchtbar benzinstinkig. Womöglich riecht man am Abend selbst danach?)
M aravilloso ! Wunderbar! Wir haben als Erstes eine Freistunde!
Kommt genau richtig. Man hat ja so wenig Zeit in seinem Leben für vernünftige Dinge. Und gerade jetzt haben Dodo und ich Wichtiges zu besprechen!
»Ich hole uns schnell zwei Cappuccino aus der Cafeteria«, bietet Dodo an. Die Gute!
Ich nicke. »Super! Ich suche inzwischen schon mal die Liste, die ich gestern Abend gemacht habe.«
Listemachen ist immer gut. Wenn man alles schön deutlich vor sich sieht, wird es schon viel klarer.
Ich gucke auf das, was ich aufgeschrieben habe. Na gut, sehr viel klarer wird es mir im Moment noch nicht. Bis jetzt ist nur klar, dass Dodo und ich DRINGEND wieder mal einen Job brauchen.
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