voll im Einsatz
wurde ihm leider erst klar, als wir bereits eine Riesenüberschwemmung im Haus hatten (und brechharten Zement in der Leitung). – Na ja, grins, Cornelius hat eben andere Stärken.
»Komm rein!«
»Hallo!«, grüßt Cornelius fast schüchtern mit der Türklinke in der Hand. »Ich wollte mich nur mal erkundigen, wie es dir geht.«
»Ganz okay«, antworte ich tapfer.
Cornelius streicht sich über seine schulterlangen Haare und sieht sich dann suchend im Zimmer um.
Der sucht doch nicht etwa einen Stuhl? Der will sich doch nicht etwa hinsetzen?
»Tja, also …«, beginnt er noch mal und platziert sich dann auf einem Eckchen meiner Bettkante. Er lächelt. »Also Iris sagt, du würdest wahrscheinlich morgen auch noch mal zu Hause bleiben?«
»Hm«, mache ich neutral.
Was kommt jetzt? Eine Standpauke, dass man nicht der Schule fernbleiben darf, ohne nicht wenigstens Mumps, Masern oder Maul- und Klauenseuche zu haben?
»Ich wollte dir nur sagen«, meint Cornelius sanft, »dass ich das total in Ordnung finde. Iris hat mir gesagt, dass sie dir versprochen hat, nicht zu sagen, was du hast. Aber was immer es ist, meine kleine Livi …«
Er nennt mich Livi ? Das tut er sonst nie! Cornelius ist kein Freund von Abkürzungen. Du meine Güte, er muss sich ernsthaft Sorgen um mich machen!
»… bitte sei dir sicher, dass Iris und ich voll hinter dir stehen!«
Nanu? Keine Vorwürfe, keine bohrenden Fragen?! Oh! Ach! Oh! Ich bin dermaßen hüttenkollerig, dass ich von dieser netten Geste so gerührt bin, dass ich richtig feste schlucken muss.
»Danke, Cornelius!«, bringe ich froschkrächzig heraus.
Cornelius nimmt meine Hand und drückt sie.
Als er sich gerade erheben will, öffne ich langsam meinen Mund. »Cornelius?«
»Ja?«
»Ich bin nicht wirklich krank.«
»Das weiß ich, mein Röschen.«
Ich schlucke schon wieder. Röschen hat er mich schon seit der Grundschule nicht mehr genannt. »Ich … ich … hab mich einfach … verliebt, weißt du.«
Cornelius lacht nicht. Cornelius schreit auch nicht: » Wie albern! Und deswegen liegst du drei Tage im Bett? « Cornelius sitzt nur ganz ruhig da und nickt.
Und sagt: »Das dachte ich mir.« Sein Lächeln ist freundlich und aufmunternd. »Und ich habe leider auch vermutet, dass der Bengel, in den du dich verliebt hast, das gar nicht verdient, was?«
»Wieso?« Ich bin fast empört. Ich meine, er kennt Daniel doch überhaupt nicht!
Cornelius lacht. Aber es ist ein nettes Lachen. Ein Ich-bin-auf-deiner-Seite-Lachen. »Na, weil er sich nicht schleunigst auch in dich verliebt! Wie kann man sich in meine wunderhübsche Tochter nicht verlieben!«
Ich schüttele den Kopf und schaue runter auf meine Bettdecke. »Sag doch nicht so blöde Sachen, Cornelius! Es passiert doch ständig, dass einer sich in den anderen verliebt, aber der andere verliebt sich leider nicht zurück!«
Cornelius grinst und seufzt zugleich. »Ja, da hast du wohl recht, mein Röschen! Trotzdem! Als Vater möchte man sofort hingehen und sagen: Bei dir piept’s wohl, du Hammelhirn! Was denkst du dir dabei, meine Olivia nicht zurückzulieben! «
Da muss ich auch ein bisschen lachen. Ja, als Handwerker lässt Cornelius vielleicht ein wenig zu wünschen übrig. Aber als Vater ist er nicht zu schlagen!
Er drückt noch mal meine Hand. »Und meinst du denn, du kannst ihm verzeihen, dass er dich nicht liebt?«
Ich überlege. Verzeihen ? Wie meint Cornelius das denn?
Huch? Hat er da etwa einen Punkt getroffen? Liege ich hier im Bett und fühle mich schrecklich, weil ich ein klitzekleinwenig auch sauer auf Daniel bin? Weil ich ihm nicht verzeihen will, dass er die Sahnetorten vermutlich anziehender findet als mich?
Und wenn ich weiter überlege, wie sehr es mich verletzt hat, als er sich über Auroras Freunde lustig gemacht hat … Hm, bin ich vielleicht nicht nur verletzt, sondern eigentlich auch richtig wütend auf den Kerl? Dem dicken, fetten Energieballen nach zu urteilen, der sich da gerade in meinem Bauch zusammenbraut, könnte das sogar sein! Oh, so habe ich das noch gar nicht gesehen!
Und erstaunlicherweise fühle ich mich bei dieser Erkenntnis schlagartig besser. Kraftvoller. Denn erstaunlicherweise tut wütend sein gar nicht so weh wie verletzt sein. Allerdings ist es immer noch ein ziemlich hilfloses Gefühl …
Wohin mit meiner Wut? Soll ich Daniel einfach eine kleben, wenn ich ihn das nächste Mal sehe?
»Verzeihen ist blöderweise mit das Schwerste, was es gibt auf der Welt«, meint
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