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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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mich zu den anderen: »Habt ihr verstanden, was sie gesagt hat?«
    »Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen: jacajaca«, meint Konrad.
    »Also ich hab jaracaja verstanden«, sagt Rufus.
    »Hat die überhaupt was gesagt?«, fragt Rocky.
    »Ein Orakel, das nuschelt«, überlege ich. »Das macht’s echt nicht einfacher.«
    »Hm«, bestätigt Konrad. »Die hat gelispelt wie ’ne Schlange.«
    Rocky blickt sich nach dem Deoroller um: »Ich frag sie noch mal …«
    »Lass gut sein, Rocky.« Ich blicke aus verregneten Augen zum reglosen Nick hinüber. »Das würde sie nicht überleben.«
    »Heureka!« Rufus säbelt mit einer brüsken Bewegung durch die Luft. »Wie ’ne Schlange! Das ist es!« Er blickt uns an, ganz der geniale Schlaumeier: »Jararaca!«
    Konrad und ich tauschen einen Blick, und seiner sagt mir, dass, wenn meiner genauso aussieht, wir beide ganz schön stulle aussehen.
    Bis wir uns wieder Rufus zuwenden, hat der bereits Rocky zu Nick hinübergezogen: »Beeilung!«

    Erst, als wir mit dem völlig durchnässten Nick im Eilschritt zwischen Wolfshaus und Windhundgehege entlangtraben, klärt Rufus uns auf: »Jararaca – das ist eine Lanzenotter. Gehört zur Gattung der Grubenottern. Lebt in Brasilien und Argentinien. Ihr Gift ist so ziemlich das komplexeste natürliche Toxin, das es gibt. Verhindert unter anderem die Blutgerinnung – hey, Rocky, was ist?«
    Unser Clanchef ist abrupt stehen geblieben und hat Nicks Bein in eine Pfütze klatschen lassen. »Wir gehen gerade zu ’ner Grubenotter?«
    »Lanzenotter«, präzisiert Rufus, »ist, wie gesagt, eine Unter –«
    »Schnauze!« Rocky. Typisch. »Und diese Lanzenotter … die ist giftig?«
    »Alle Lanzenottern sind giftig.« Rufus. Genauso typisch.
    »Die sind also giftig. Hm. Und wovon ernähren die sich so?«
    »Am liebsten von kleineren Wirbeltieren, aber auch von Eidechsen und Fröschen und so was …«
    Rocky versucht, echt schlau auszusehen: »Und was sind wir ?«
    »Kleinere Wirbeltiere«, gibt Rufus zu.
    »Dann fressen diese …«
    »… Lanzenottern …«
    »Dann fressen die also auch Erdmännchen?«
    »Sei nicht dumm«, erwidert Rufus, »uns gibt es doch in Südamerika überhaupt nicht.«
    »Sicher?«
    »Ganz sicher.«
    Rocky greift sich Nicks Hinterbein und hebt es aus der Pfütze: »Ein Glück«, schnauft er. »Ich hab echt schon gedacht …«

    Im Zeitlupentempo erhebt sich Gabriels sandfarbener Kopf aus dem gewundenen Schuppenknäuel und legt sich auf einem anderen Teil seines Körpers ab – dem Bauch, dem Schwanz, was weiß ich. Ist in dem Durcheinander nicht zu erkennen. Seine Augen sehen aus wie Messingreißzwecken, die ihm jemand in den Kopf gesteckt hat. Die Pupillen sind nicht mehr als zwei feine, schwarze Striche. Aus seinem Terrarium weht uns ein kalter Hauch an. Der Typ hat ein Herz aus Eis, denke ich. Wenn er überhaupt eins hat.
    Durchnässt und außer Atem, stehen wir vor der Glasscheibe von Gabriels Terrarium und blicken die Lanzenotter an. Zu unseren Füßen liegt der kaum noch atmende Nick. Glücklicherweise ist das gesamte zweite Stockwerk des Gebäudes bereits seit Wochen für Besucher gesperrt. Umfassende Umbaumaßnahmen. Statt einzelner Terrarien soll es hier demnächst »Erlebniswelten« geben. Zumindest für die Warane und so. Für die Schlangen nicht.
    »Weshalb sollte ich das tun?«, zischt die Lanzenotter.
    Bevor einem von uns eine brauchbare Antwort einfällt, nuschele ich unserem Clanchef zu: »Sag jetzt nichts, Rocky. Bitte. Wenn Nick nicht als Schlangenfutter enden soll, dann musst du jetzt stark sein und die Klappe halten.«
    »Wieso Schlangenfutter?«, nölt Rocky. »Ich denk, da, wo die herkommt, gibt’s uns gar nicht.«
    »Und doch stehen wir uns Auge in Auge gegenüber.«
    Ich kann riechen, wie es in meinem Bruder arbeitet. »Also sind wir hier gar nicht in Südamerika?«
    »Ist zwar der falsche Rückschluss«, lispelt Rufus mit schlotternden Knien, »stimmt aber.«
    »Das heißt«, überlegt Rocky weiter, »die Schlange weiß vielleicht gar nicht, dass es uns nicht gibt – da, wo sie herkommt?«
    »Eins weiß sie ganz sicher«, entgegne ich, »nämlich, dass wir in ihr Beuteschema passen. Also überlass das Denken uns und schweig jetzt. Bitte.«
    Geräuschlos hat sich die Lanzenotter entknotet und ihren Kopf bis auf Klauenbreite an die Scheibe herangeschoben. Mehrmals lässt sie ihre gespaltene Zunge hervorschnellen. »Ihr seid Präriehunde«, stellt sie fest.
    Präriehunde, das sollte ich

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