Voll Speed: Roman (German Edition)
Knarren der Metalltür am Ende der Treppe zu hören. Irritiert wendet Schmidtbauer sich um und sieht Ernie Wandlitz, der gelassen die Treppe herunterkommt.
»Was für ein Zufall«, sagt der Kommissar grinsend und zieht seine Dienstpistole hervor. »Ich hatte gehofft, weitere Indizien dafür zu finden, dass unsere Vermutungen doch stimmen. Dass ich Sie gleich auf frischer Tat ertappe, erleichtert die Sache natürlich ungemein.« Er entsichert seine Waffe und steigt langsam die Stufen hinab.
»Wie sind Sie hier reingekommen?«, fragt Schmidtbauer perplex.
Ernie hält inne. »Eingebrochen. Pardon. Leider musste ich diese Ermittlung auf eigene Faust durchführen, denn seit unserer Durchsuchung ist der Fall für mich offiziell erledigt.«
Gebannt verfolgen Rocky und ich das Geschehen in Schmidtbauers Drogenversteck. Ich glaube, dass es Rufus und Phil ganz ähnlich geht. Fast scheint es mir, als könnte ich ihre Anspannung per Headset empfangen.
»Warum sind Sie dann überhaupt hier?«, will Schmidtbauer wissen.
Ernie grinst. »Ein Freund aus dem Schnitzelclub hat mich draufgebracht.«
»Schnitzel … club?« Schmidtbauer wirkt perplex.
»Ja, Harry. Er hat das gleiche Problem wie ich. Isst zu viel und bewegt sich zu wenig. Harrys Steckenpferd ist die Geschichte der Berliner Kanalisation. Von ihm hab ich erfahren, dass es diese Sackgasse hier gibt. Es waren übrigens die Nazis, die den Durchgang zur Kanalisation zugemauert haben. Die Klinik war vor dem Krieg ein Wohnhaus. Bei einer Razzia entwischte den Nazis ein russischer Spion. Das sollte nicht wieder passieren. Deshalb wurde die Mauer errichtet.« Er betrachtet Schmidtbauers Speedbootsammlung und grinst. »Mein Tipp war ja, dass die Drogen durch die Röhre gereicht werden. Ich dachte, in der Kanalisation nimmt ein Mittelsmann das Zeug entgegen. Vielleicht jemand, der als Kanalarbeiter verkleidet ist.« Ernie nickt anerkennend. »Aber ich muss zugeben, dass die Idee, ferngelenkte Boote einzusetzen, nicht nur viel cleverer, sondern auch wesentlich eleganter ist. Aber wie dem auch sei, wenn es Harry und den Schnitzelclub nicht gäbe, wäre ich Ihnen wohl nie auf die Schliche gekommen.«
Schmidtbauer strafft sich. »Ich hätte mich wohl ein bisschen besser über die Geschichte dieses Hauses informieren müssen«, sagt er.
»Vielleicht«, erwidert Ernie. »Noch besser wäre es gewesen, wenn Sie gar nicht erst angefangen hätten, Ihr Dopingmittel zu verkaufen.«
»Was sollte ich machen?«, erwidert Schmidtbauer. »Magenta ist ein Abfallprodukt. Ich habe es rein zufällig entdeckt. Es war eine gute Möglichkeit, ein bisschen was nebenbei zu verdienen.«
»Im Knast gibt es eine Menge Arbeitsangebote«, erwidert Ernie. »Da können Sie sich auch ein bisschen was nebenbei verdienen.«
»Was wollen Sie?«, ruft Schmidtbauer. »Geld? Ich habe Geld. Viel Geld!«
»Ich will nur meinen Job zurück. Strafzettel verteilen liegt mir nicht.«
»Seien Sie doch nicht blöd!«, entgegnet Schmidtbauer eindringlich. »Niemand weiß, dass Sie hier sind. Wenn die Sache unter uns bleibt, dann mache ich Sie zu einem vermögenden Mann. Vergessen Sie den Schnitzelclub! Künftig können Sie sich in Sternerestaurants den Magen vollschlagen.«
Ernie schüttelt den Kopf. »Erstens mag ich den Schnitzelclub. Und zweitens gibt es da noch ein paar Mordfälle, die aufgeklärt werden müssen. Und darüber kann ich beim besten Willen nicht hinwegsehen. Wissen Sie, ungeklärte Morde verderben mir den Appetit. Und mein Appetit ist mir sehr wichtig, wie man sieht.«
»Morde?«, ereifert sich Schmidtbauer. »Das ist ein großes Wort, wenn man bedenkt, dass nur ein bisschen Abschaum von der Erdoberfläche verschwunden ist. Tibor Nagy hatte selbst genug Dreck am Stecken. Früher oder später hätte es ihn sowieso erwischt. Und dieser Detektiv, dieser Boris Kaufmann, hat einfach seine Nase zu tief in fremde Angelegenheiten gesteckt.«
»Und die Sportler, die ihr Präparat genommen haben?«, fragt Ernie. »Waren das auch alles Leute, die Ihrer Meinung nach den Tod verdient haben?«
»Niemand hat sie gezwungen, Magenta zu nehmen. Vielleicht waren sie ja alle ein bisschen zu ehrgeizig, wer weiß. Wer sich in Gefahr begibt, kann auch darin umkommen.« Schmidtbauer lächelt. Es soll wohl ein gewinnendes Lächeln sein. »Lassen Sie uns reden. Wir regeln die Sache zur beiderseitigen Zufriedenheit. Das verspreche ich Ihnen.«
Ernie sieht Schmidtbauer lange an, dann zieht er sein Handy hervor. »Ich
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