Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
Tage später – ich dachte, jegliche Julklapp-Vorbereitung sei erledigt – kommt Frau Hinrich in meinen Raum. Letzte Stunde am Freitag. Dschinges und die anderen basteln gerade an ihren Pappmaché-Pinguinen und labern unheimlich unerträglichen Schwachsinn, als die Tür aufgeht. Frau Hinrich fröhlich, mit Jacke und Tasche. Sie hat früher Schluss, weil sie mit ihrer Klasse an einem Projekt gearbeitet hat und schon fertig geworden ist.
»Soll ich dir einen Kaffee holen?«
»Ja, gerne. Schwarz, bitte.« Und weg ist sie. Die Zeit vergeht, aber sie kommt gar nicht wieder. Irgendwann bemerkt das auch Dschinges: »Diese Frau Hinrich wollte Ihnen doch einen Kaffee holen, oder? Wo bleibt die denn?«
»Dschinges, kannst du Gedanken lesen? Das Gleiche wollte ich auch gerade sagen.« Dieser regelmäßige Unterricht scheint uns geistig in die gleichen Bahnen zu lenken. Privat rede ich auch schon wie die Schüler: »Was geht, Fräulein Krise? Gehst du Karstadt?«
Aber irgendwann kommt Frau Hinrich doch noch mit dem Kaffee. Erschöpft lässt sie sich neben mich auf einen Stuhl plumpsen.
»Ach, Frau Hinrich, gut, dass du kommst. Beim Julklapp hat sich was geändert.«
Ayla und Elif kamen vorhin ganz aufgeregt zu mir. Es gibt Probleme, da Mariella irgendwie zweimal gezogen hat, da ist einiges durcheinandergekommen. Jedenfalls hat Hannah niemanden. Und die Mädchen müssten jetzt unbedingt wissen, wen Frau Hinrich und ich gezogen haben. »Also ich habe Bilal und Ronnie, und Frau Hinrich hat Christine.«
»Christine wurde aber schon von Peter gezogen«, stellt Elif entsetzt fest.
»Dann kann ja Frau Hinrich Bilal nehmen, ich habe doch zwei.«
»Aber Hannah kann sich doch nicht selbst beschenken«, gibt Ayla zu bedenken. Elif sagt uns, wie wir das machen sollen: »Frau Hinrich beschenkt Hannah, und Hannah nimmt Bilal. Und Sie behalten Ronnie.« Ich denke an die Federtaschen, die ich doch schon gepackt und weihnachtlich eingewickelt zu Hause rumliegen habe. »Okay, das können wir so machen.«
»Frau Hinrich, du beschenkst jetzt doch nicht Christine, sondern Hannah.«
»Du, genau darüber wollte ich mit dir sprechen. Ich schaff das gar nicht, ein Geschenk zu kaufen. Mach du das mal für mich, ja? Ich geb dir das Geld.«
Na toll, bin ich also immer noch nicht fertig mit diesem blöden Julklapp. Die Federtasche mit dem gelben Stern ist ja nun gar nichts für Hannah. Da muss ich also noch mal los. Schönen Dank auch, Frau Hinrich.
Wichteln am Wochenende
Hannah bekommt eine Geschenkpackung Vanille-Jasmin-Dream-irgendwas-Duschgel, Bodylotion, noch so was und einen rosa Schwamm. Alles in einer schönen Packung. Für 5,45 Euro. Sieht super aus und lässt sich gut einpacken.
Obwohl ich dieses Jahr gar nichts mit Weihnachten zu tun haben wollte und deshalb extra seit September nicht mehr in einem Supermarkt war, hat mich dieser ganze Christmas-Kram doch fest am Wickel. Und gibt es eigentlich ein furchtbareres Wort als Wichteln?
Wichteln sagt man, wenn man eigentlich Julklapp meint. Nur man will irgendwie cooler sein und verschenkt nichts Schönes, sondern Schrott. Der Freund hat mir diese Wichteleinladung eingebrockt, und deshalb muss er sich auch um die Geschenke kümmern. Wir sollen ein gutes und ein blödes Geschenk mitbringen. Kinderfeuerwerk, eine Die-Fantastischen-Vier-Figur aus einem Happy Meal, Smarties und Comics. Und – und hier hört der Spaß eigentlich auf – eine meiner geliebten Hundert-Watt-Glühbirnen, die ich mir aus dem Urlaub in einem unökologischen Schwellenland mitgebracht habe. Schwer ranzukommen an die Dinger – hierzulande.
Jedenfalls wird gewichtelt, das heißt, man muss immer würfeln und bei einer Eins oder einer Sechs darf man sich ein Geschenk nehmen. Am Ende habe ich eigentlich doch ganz gute Sachen ergattert: Papst J.P. II – sein Leben, seine Zeit, sein Wirken auf DVD. Die super Kriegsfilm-Collection – drei Filme auf einer DVD: High Sky Mission , Going Back und Jäger der Apokalypse . Und ganz was Feines: das Rauschgift-Quartett. Da erfährt selbst der größte Junkie noch Wissenswertes. Also, ich bin ganz zufrieden mit meinen Geschenken. Mein Freund hat nur eine Bernhard-Brink-Single abgekriegt.
Vorm Einschlafen überlege ich, ob ich Ronnie nicht noch das Quartett zum Julklapp schenke.
Peter hat die Butter
Peter ist krank. Dabei hat Peter doch die Butter. Ich hatte extra ihm die Butter aufgetragen, weil er so zuverlässig ist. Zuverlässig ruft dann auch morgens seine Mutter an und
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