Volle Deckung Mr. Bush
heute mit traurigen Realitäten wie der folgenden herumschlagen: George W. Bush (Konzernherr
von Amerika) und Kenneth Lay (Chairman von Enron, dem
siebtgrößten Konzern der USA) sind Busenfreunde. Bevor der in Houston beheimatete Enron-Konzern zusammenbrach, machte
er monströse 100 Milliarden Dollar Umsatz, vor allem indem er rund um den Erdball mit Öl, Gas und Strom handelte. Der
immer stärker deregulierte Energiemarkt war eine Goldmine für den Konzern, der für seine aggressiven Vertragsverhandlungen bekannt war.
Lay, den Bush liebevoll »Kenny Boy« nannte, hatte nie
Hemmungen, seine Freundschaft zu George W. öffentlich zu
zeigen. Seit 1993 hatte Bush 736800 Dollar von Enron erhalten.
Zwischen 1999 und 2001 sammelte Chairman Lay 100000
Dollar Spenden für seinen Kumpel Bush und spendete weitere
283000 Dollar aus seiner eigenen Tasche an das Republican
National Committee, die Parteizentrale der Republikaner in
Washington. Lay war auch so großzügig, Bush während des
Präsidentschaftswahlkampfs den Firmenjet von Enron zur
Verfügung zu stellen, damit er mit seiner Familie im Land
umherfliegen und von seinem Plan sprechen konnte, »die Würde des Weißen Hauses wiederherzustellen«.
Die Freundschaft beruhte wirklich auf Gegenseitigkeit. Bush
unterbrach im April 2000 eine wichtige Wahlkampfreise. Er flog zurück nach Houston und schaute zu, wie Lay beim
Eröffnungsspiel der Astros auf dem neuen Enron-Feld den
ersten Wurf machte. Wer sagt, daß Männer nicht sentimental
sind?
Nachdem Bush Präsident geworden war, lud er Lay nach
Washington ein, damit er persönlich vor hohen
Regierungsvertretern sprechen konnte. Insbesondere sprach er mit hochrangigen Mitarbeitern des Energieministeriums -
ausgerechnet des Ministeriums, das für die Aufsicht über Enron zuständig ist.
-202-
Harvey Pitt
- der damalige Vorsitzende der
Börsenaufsichtsbehörde - war früher Anwalt bei Arthur
Andersen gewesen, ausgerechnet bei dem
Wirtschaftsprüfungsunternehmen, das Enron die Bilanzen
frisiert hat. Lay und Andersens Mannschaft arbeiteten damals auch daran, daß zahlreiche Vorschriften für
Wirtschaftsprüfungsunternehmen nicht durchgesetzt wurden und sie für irgendwelche »seltsamen Buchführungspraktiken« nicht verantwortlich gemacht werden konnten - Vorkehrungen, die
sich später als nützlich erweisen sollten.
Den Rest seiner Zeit in Washington verbrachte Lay Tür an Tür mit seinem alten Kumpel Vizepräsident Dick Cheney. Die
beiden bildeten eine Energie Task Force, die für die USA eine neue »Energiepolitik« formulierte, die auf alle Geschäftsfelder von Enron Auswirkungen haben konnte. Cheney und/oder seine
Berater trafen sich damals mindestens sechsmal mit leitenden Angestellten von Enron, aber niemand weiß genau, was damals
besprochen wurde, weil Cheney sich weigerte, der
Öffentlichkeit alle Protokolle zugänglich zu machen.
Unterdessen machten die Geschäftemacher bei Enron Pläne, wie sie die Energiekrise in Kalifornien ausnutzen und dadurch
Millionen Dollar in ihre eigenen Taschen stecken könnten.
Na, fällt jetzt endlich der Groschen? Enron ist wegen der
spannenden militärischen Unterhaltung ein bißchen aus dem
Fadenkreuz gewandert, und ihr habt vielleicht vergessen, daß der Konzern einen der größten Skandale in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte produziert hat. Und der Skandal wurde
von einem der engsten Freunde des »Präsidenten« verschuldet.
Ich bin sicher, Bush dankt Gott jede Nacht für den Krieg gegen den Terror, den 11. September, Afghanistan, den Irak und die Achse des Bösen, weil all diese Ereignisse und Schlagworte
dafür gesorgt haben, daß Enron fast völlig aus den Nachrichten und aus den Köpfen der Wähler verschwunden ist. Eigentlich
hätte der Enron-Skandal schon sehr früh ein
-203-
Amtsenthebungsverfahren gegen Bush und damit seine
Entfernung aus unserem Weißen Haus zur Folge haben müssen.
Doch das Schicksal ist ihm leider häufig hold und sorgt dafür, daß er die Konsequenzen seiner Taten nicht tragen muß. Wie ich schon sagte, man muß schon ein großer Glückspilz sein, wenn
man wie Bush dreimal mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist
und trotzdem nicht eine einzige Nacht im Gefängnis verbracht hat. Obendrein bleibt das Glück Leuten wie ihm meistens treu.
Ich jedenfalls vergesse Enron nicht, und ihr solltet es auch nicht vergessen. Denn beim Enron-Skandal ging es nicht um
ganz gewöhnliche Missetaten eines Konzerns,
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