Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)

Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)

Titel: Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hück
Vom Netzwerk:
Krieg, eine Geste, deren Bedeutung und Tragweite erst Jahre später deutlich werden sollte. Manchmal frage ich mich, ob der Fall der Mauer und der Zusammenbruch des Ostblocks auch so gekommen wären, wenn Brandt damals in Warschau stehengeblieben wäre und das Protokoll seines Besuchs routinemäßig erledigt hätte.
    Brandt, Wehner, Schmidt: Ich wollte ihr Genosse sein und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie stolz ich mich fühlte, als ich dieser Partei beitrat. Fast so stolz wie auf mein erstes Auto, das ich mir 1982, als 20-Jähriger, leisten konnte: ein knallroter Audi 80.
    Meine anfängliche Begeisterung für die führenden Köpfe der SPD flaute in den Jahren danach allerdings stetig ab, bis Gerhard Schröder kam. Ein Bundesvorsitzender, wie ihn die dahindümpelnde Partei dringend gebraucht hatte; ein Bundeskanzler, der dieses Land verändert hat. Zum ersten Mal seit 1972 war die SPD wieder stärkste Kraft in Deutschland und dieser Mann imponierte mir. Kennenlernen durfte ich ihn erst Jahre später. Ich hatte ihn 2004 zu einer Betriebsversammlung bei Porsche eingeladen. Ein Jahr später, im Juni 2005 kam er endlich. Es ging damals um die Sicherung der Standorte Zuffenhausen, Ludwigsburg und Weissach und wir verhandelten ein Nachfolgemodell der alten, erfolgreichen Regelung. Ziel dieser Standortsicherungsvereinbarung war es, die Beschäftigung der Stammbelegschaft durch eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten und eine Erhöhung der Produktivität bis 2010 zu gewährleisten. Der Bundeskanzler, der sich in der Öffentlichkeit schon den Beinamen »Autokanzler« erworben hatte, zeigte sich beeindruckt von uns. »Porsche beweist, dass man als deutsches Unternehmen äußerst erfolgreich im internationalen Wettbewerb bestehen kann. Das Geheimnis des Erfolgs sind die traumhaften Fahrzeuge und eine beispielhafte Kultur des Miteinanders zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern«.
    Der Redebeitrag des Kanzlers hatte eine starke Wirkung auf die anwesende Belegschaft, das bewies allein der kräftige Applaus meiner Kolleginnen und Kollegen. 1 600 Porscheaner wollten den Kanzler im Casino von Werk 2 liveerleben. Noch waren die neuen Verträge nicht in trockenen Tüchern, aber ich wollte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, den Kanzler mit einer kurzen Spontanrede zu beeindrucken. »Wir haben hart gekämpft und es wurde uns nichts geschenkt«, legte ich los. »Aber so viel kann ich Ihnen heute schon sagen: Es besteht zwischenzeitlich Einigkeit, dass wir die Standortsicherungsvereinbarung schon in kurzer Zeit unter Dach und Fach haben werden. Wir sind dabei auf einem ganz, ganz guten Weg. Und was wir jetzt schon erreicht haben, ist einfach hervorragend und dabei meine ich nicht nur die Jobgarantie bis zum Jahr 2010. Wo, bitte, gibt es das noch in diesen lausigen Zeiten?« Ich erklärte noch rasch die Vorzüge der alten Regelung, die eine Woche später ablaufen würde und als deren Folge alle Auszubildenden unbefristet in ein Arbeitsverhältnis übernommen wurden. Die neue Standortsicherung sollte Zuffenhausen stärken, damit auch in Zukunft die Produktion sämtlicher Motoren hier erfolgen konnte, beim 911er sogar die Gesamtproduktion. Dann holte ich zum Finale aus: »Zukunft können wir nur gestalten, wenn Arbeitgeber, Arbeitnehmervertreter und IG Metall an einem Tisch sitzen. Es kann in niemandes Interesse liegen, dass die Beschäftigten zum Spielball der Kapitalmärkte werden!« Drei Jahre, bevor die Lehmann Brothers der Finanzwelt einen Schuldenberg von 200 Milliarden Euro bescherten, malte ich schon ein Bild der Fratze des Finanzkapitalismus. Die heile Welt von Zuffenhausen war ständig in Gefahr!
    Jetzt klatschte auch der Bundeskanzler. Später sagte er mir einmal, dass es ihm gut gefallen habe bei Porsche, vor allem die Entschlossenheit unserer stolzen Belegschaft habe ihn beeindruckt. Wie die Menschen hinter Produkten standen, die sich die meisten von ihnen nie würden leisten können. Wiesie die Philosophie teilten, nicht die preisgünstigsten Autos zu bauen, aber die besten. Dass er sogar von einem »Modellfall für Deutschland« sprach, machte alle im Casino besonders stolz. Für uns bei Porsche stand die soziale Komponente immer im Mittelpunkt. Gewinne erwirtschaften ist wichtig, aber die soziale Balance zwischen Kapital und Interessen der Arbeitnehmer muss gewährleistet sein. Beide Parteien müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Gerhard Schröder erlebte Porsche von seiner besten Seite und es muss

Weitere Kostenlose Bücher