Volle Kanne
Lamar. »Ich habe euch doch gesagt, dass sich ausnahmslos alle tarnen müssen. Was glauben Sie denn, warum wir in einem alten, verrosteten Kübel durch die Gegend fahren und ein Fischerboot hinter uns herziehen, das sogar in einer Badewanne untergehen würde? Wir wissen nicht, ob der Kidnapper uns vielleicht gerade in diesem Moment beobachtet.« Lamar hob sein Fernglas an die Augen und ließ seinen Blick noch einmal über die Umgebung schweifen.
»Warum sollte sich der Kidnapper noch hier aufhalten, wenn er das Mädchen bereits erwischt hat?«, wollte der Anfänger wissen.
»Weil manche Kriminelle krank im Kopf sind und einen Kick davon bekommen, wenn sie andere Menschen leiden sehen.« Lamar ließ sein Fernglas sinken. »Hey, Zack, was befindet sich in dem Gebäude im hinteren Teil des Grundstücks?«, fragte er.
Zack und Max studierten eine Karte von Beaumont, und Max zeichnete alle bewaldeten und abgelegenen Gegenden ein. Zack hob den Kopf. »Dort hat Maggie ihre Hühner untergebracht.«
»Hühner!« Lamar schlug sich mit der Hand an die Stirn.
»Das ist hier wie in einem Zoo!«
»Es scheint dieselbe Ziege zu sein, die gestern die Parade aufgehalten hat«, meinte der junge Polizist. »Und der Hund sieht auch so aus wie der von gestern. Er hätte mich beinahe gebissen.«
»Gütiger Himmel«, seufzte Lamar. »Das fehlt mir jetzt gerade noch. Ich habe schon genügend Stress mit dem entführten Mädchen und der ganzen Sache. Und nun entdecke ich Bauernhoftiere innerhalb der Stadtgrenzen und erfahre, dass diese Ziege und dieser gefährliche Hund unsere Parade gestört haben. Das sind mindestens vier oder fünf Delikte.«
»Aber wie kann es sich um eine Straftat handeln, wenn man eine Parade aufhält, die keine wirkliche Parade ist?«, erkundigte sich der andere Cop und zog seine Hüftstiefel wieder nach oben.
»Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine echte Parade oder nur um einen Schwindel gehandelt hat«, wies Lamar ihn zu recht. »Dieser Hund ist gefährlich.«
Zack sah auf. »Was meinen Sie mit Schwindel?«
Lamar hob die Hände. »Noch so ein Unfug, mit dem ich mich seit Stantons Flucht befassen musste«, erklärte er. »Irgendein Witzbold hat sich einen Scherz erlaubt. Er hielt es für besonders witzig, einen berühmten Elvis-Imitator anzukündigen, den die Stadt unbedingt mit einer Parade empfangen sollte. Er behauptete, dass das alles bei der Organisation des Elvis-Treffens abgesprochen worden wäre. Später fanden wir allerdings heraus, dass das Organisationskomitee keinen blassen Schimmer davon hatte und dass dieser berühmte Elvis-Imitator gar nicht existierte. Die ganze Sache war ein dummer Streich.«
Zack war verblüfft. »Jetzt wissen wir, wie Carl Lee Stanton durch die Straßensperren gekommen ist. Ich bin überrascht, dass Sie ihm nicht auch noch eine Polizeieskorte angeboten haben.«
Lamar öffnete den Mund, um zu antworten, doch dann schloss er ihn wieder und starrte mit gerötetem Gesicht zu Boden. Delores von der Zentrale meldete sich über Funk, und er antwortete rasch. »Wie ist der neueste Stand der Dinge in der Operation ›Findet entführtes Mädchen und schnappt irren Verbrecher?‹«, erkundigte er sich und benutzte den Namen, den er dem Fall gegeben hatte.
Zack, der in unmittelbarer Nähe stand, seufzte ungeduldig und warf Max einen Blick zu.
»Lamar steht kurz vor der Pensionierung«, sagte Max leise. »Ich weiß, dass es dir nicht so vorkommt, aber er reagiert sehr schnell in dieser Sache. Es ist erst eine Stunde vergangen, seit Mel vermisst gemeldet wurde.«
»Es geht nicht nur um Lamar«, erklärte Zack. »Ich habe meinen Job nicht gründlich genug erledigt. Ich habe mich mit Maggie eingelassen und dabei den Kopf verloren. Und jetzt wurde ihre Tochter entführt. Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich getan habe.«
Max legte eine Hand auf Zacks Schulter. »Hey, warte mal. Du hast dafür gesorgt, dass Maggie und Mel rund um die Uhr bewacht wurden. Du hast ein erstklassiges Alarmsystem installieren lassen. Es war jedoch dafür gedacht, Eindringlinge abzuhalten, und nicht dafür, Ausreißer aufzuhalten.«
Zack antwortete nicht. Er ging zu Lamar hinüber und wartete, bis dieser sein Funkgespräch beendet hatte. »Wie sieht es aus?«
Lamar sah auf sein Notizbuch, in dem er nicht nur Zacks Anweisungen, sondern auch seine eigenen Notizen festgehalten hatte. »In einer Stunde werden überall Fahndungsposter aufgehängt«, berichtete er. »Die örtlichen Medien haben
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