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Volle Kanne

Volle Kanne

Titel: Volle Kanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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sie sich frische Sachen an.
    Im Schlafzimmer schnarchte Ben in seinem Lehnstuhl. Sie sah an ihm vorbei aus dem Fenster und entdeckte einen Kleinlaster der Telefongesellschaft Southland Phone Company vor dem Haus ihrer Nachbarn. Hastig lief sie in die Küche und kritzelte eine Nachricht auf einen Zettel. Ihre Hände zitterten leicht.
    Ben,
    bin in der Bi-Lo-Apotheke, um Dein Insulin abzuholen. Ich
bringe Dir auch Deinen Saft mit.
    Bin bald zurück. L.
    Sie klebte den Zettel gut sichtbar an eine Schranktür und holte ihren Geldbeutel. Dann suchte sie ihren Hausschlüssel und ging damit zur Tür. Als sie aus dem Haus trat, näherte sich ein Mann in einer blauen Uniform. Er hielt den Blick auf das Klemmbrett in seiner Hand gerichtet und pfiff den Song »I walk the line« von Johnny Cash vor sich hin. Auf seiner Uniform war das Logo der Firma Southland Phone Company angebracht, und darunter war der Schriftzug »Joe« aufgestickt.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Lydia, als er sich der Treppe näherte.
    Er zuckte erschrocken zusammen. Dann legte er eine Hand auf seine Brust und verdrehte die Augen. »Lady, Sie haben mich beinahe zu Tode erschreckt«, sagte er laut. »Ich habe Sie nicht gesehen.«
    Lydia legte einen Finger auf die Lippen. »Mein Mann hat sich hingelegt und ruht sich aus.«
    »Oh, tut mir leid«, entschuldigte er sich leise und tippte höflich mit einem Finger an den Rand seiner Mütze. Er hatte vorstehende Zähne, die noch stärker zur Geltung kamen, wenn er lächelte.
    »Ich wollte Sie nicht erschrecken«, sagte Lydia, während sie den Schlüssel ins Schloss steckte. Sie rüttelte ihn ein paarmal hin und her, bis sich die Tür abschließen ließ. »Ich habe es eilig. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich werde mich kurzfassen.« Er lächelte immer noch, schob seine Brille auf der Nase zurecht und blinzelte sie durch die dicken Gläser an. »Einige Ihrer Nachbarn haben Probleme mit dem Telefon. Ich wollte nur nachfragen, ob Ihr Anschluss funktioniert.«
    Lydia runzelte die Stirn. »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor. Haben wir uns schon einmal gesehen?«
    »Ich wohne schon mein ganzes Leben lang hier«, erklärte er. »Kennen Sie Joe und Doris Frazier? Das sind meine Eltern. Ich wurde natürlich nach meinem Dad genannt«, fügte er hinzu und deutete auf seinen Namen an der Uniform. »Sie besuchen regelmäßig die große Baptistenkirche in der Stadt, und ich begleite sie hin und wieder, wenn sie mir ein schlechtes Gewissen einreden.«
    Lydia schüttelte den Kopf. »Ich bin Methodistin.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Mein Telefon funktioniert problemlos. Ich habe vor zwanzig Minuten einen Anruf von der Apotheke erhalten. Ich muss vor Ladenschluss dort sein. Mein Mann ist Diabetiker und braucht dringend sein Insulin.«
    »Dann kann ich Sie auf meiner Liste abhaken und weiterfahren«, sagte er und tat so, als würde er ein großes X auf seinen Zettel malen. »Falls Sie doch irgendwelche Probleme haben sollten, lassen Sie es mich wissen. Fragen Sie bei der Firma einfach nach Joe.« Er legte wieder einen Finger an seine Mütze und wandte sich zum Gehen.
    »Warten Sie einen Moment«, bat Lydia laut seufzend, bevor er die Stufen erreicht hatte. »Jetzt bin ich doch in Sorge.«
    »Das tut mir leid.«
    Sie steckte ihren Schlüssel ins Schloss; ihre Hände zitterten leicht, und sie hatte Schwierigkeiten, das Schloss zu öffnen. »Dieses Ding ist furchtbar.«
    »Lassen Sie es mich versuchen«, bot der Mann ihr an und nahm ihr den Schlüssel aus der Hand. »Was passiert, wenn er seine Spritze nicht bekommt?«, erkundigte er sich nach einer kurzen Pause.
    »Er wird krank«, erklärte sie tonlos.
    »Könnte er sterben?«
    »Ja!« Sie schlug sich die Hand vor den Mund, weil sie zu laut gesprochen hatte. »Ja, das könnte er«, wiederholte sie leiser.
    »Was würden Sie tun, wenn das passierte? Ich meine, wenn er sterben würde? Vielleicht sogar zu Hause?«
    Lydia sah den Mann entsetzt an. »Nun, ich …« Sie runzelte die Stirn. »Gütiger Himmel, das ist eine schreckliche Frage!« Sie winkte ab. »Ich muss jetzt wirklich gehen. Schließen Sie mir jetzt die Tür auf, oder muss ich meinen Mann wecken?«
    »Tut mir leid.« Er steckte den Schlüssel in das Schloss und drehte ihn langsam. Genau wie sie es vorher getan hatte, rüttelte er ihn hin und her. »Ich habe mir nur gerade überlegt, wie schrecklich es wäre, wenn ein Mensch, den ich liebe, vor meinen Augen sterben würde.« Endlich öffnete sich das

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