Volle Kanne
Schloss mit einem klickenden Geräusch. Er öffnete die Tür und trat grinsend einen Schritt zurück. »Bitte sehr!«
Lydia erwiderte sein Lächeln nicht. Sie wirkte besorgt und verängstigt. Rasch nahm sie ihm den Schlüssel aus der Hand, durchquerte den Raum und hob den Hörer des Wandtelefons ab. »Ich höre kein Freizeichen. Die Leitung ist tot. Was glauben Sie …« Bevor sie den Satz beenden konnte, legte sich eine Hand auf ihren Mund. Sie hob den Kopf und sah direkt in die Mündung einer Waffe.
Der Mann beugte sich zu ihr vor. »Sag mir, Lydia«, flüsterte er so dicht bei ihr, dass sie seinen Atem an ihrer Wange spüren konnte. »Was bist du bereit zu tun, um deinen Mann am Leben zu erhalten?«
Kapitel 13
Als Maggie die Augen öffnete, war es dunkel im Wohnzimmer, und sie lag mit angezogenen Beinen auf dem Sofa. Sie blinzelte. Obwohl sie das Gefühl hatte, lange geschlafen zu haben, war sie erschöpft, durcheinander und immer noch müde. Jemand hatte eine Decke über sie gelegt. Sie drückte auf den winzigen Knopf an ihrer Armbanduhr, um die Beleuchtung einzuschalten. Es war kurz nach acht Uhr abends! Sie hatte drei Stunden geschlafen! Rasch streifte sie die Decke ab und sprang auf.
Beunruhigt lief sie in die Küche. Dunkel und leer. Sie trat in den Flur. Als sie Mels Stimme aus ihrem Zimmer hörte, wurde ihr schwindlig vor Erleichterung. Sie folgte dem gedämpften Licht und entdeckte Zack, der an Mels Bett gelehnt im Schein einer Kerze eine von Mels Zeichnungen betrachtete. Mel saß neben ihm und deutete auf eine Stelle auf dem Blatt. Beide sahen auf. Maggies Blick blieb an Zacks Gesicht hängen. Ihr wurde bewusst, dass sich seine Gesichtszüge bereits tief in ihr Gedächtnis eingeprägt hatten.
Er lächelte sie an. »Ausgeschlafen.« Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde schwächer. »Was ist los?«
»Ich habe nur gerade …« Maggie hielt inne. Beinahe wäre sie damit herausgeplatzt, wie sehr sie es verabscheute, dass ihre Tochter fast im Dunkeln sitzen musste. Sie hätte am liebsten geschimpft und getobt und mit dem Fuß gegen irgendetwas getreten; sie hatte das Bedürfnis, von den Dächern zu rufen, wie ungerecht das war. Sie wollte eine Antwort darauf haben, warum Carl Lee noch nicht geschnappt worden war und wie lange sie hier noch herumsitzen und sich fragen mussten, wann er auftauchen würde. Sie wollte alle Lichter einschalten, die Vorhänge von den Stangen reißen, die schreckliche Aluminiumfolie vom Küchenfenster ziehen und etwas vollkommen Kindisches und Dummes tun, wie laut nach Carl Lee zu rufen und ihn herauszufordern, endlich etwas zu unternehmen. Das wäre es beinahe wert, erschossen zu werden. Aber dann würde Mel als Waise zurückbleiben. Der Ausdruck in Zacks Augen verriet ihr, dass er wusste, was sie im Augenblick empfand.
»Ich hatte nicht vor, so lange zu schlafen«, sagte sie. »Mir war nicht bewusst, dass ich so müde war. Ihr seid wahrscheinlich schon am Verhungern.«
»Wir haben uns ein Sandwich gemacht«, erwiderte er. »Und ein Nickerchen ist nie schlecht. In den meisten Bundesstaaten ist es heutzutage sogar gesetzlich erlaubt. Übrigens, Queenie hat mehrere Male angerufen, um sich nach uns zu erkundigen, aber sie wollte nicht, dass ich dich wecke. Sie sagte, sie habe es nicht geschafft, bei uns vorbeizukommen, weil sie bis zum Hals in Terminen steckt.«
»Sonntags hat sie immer viel zu tun. Die Leute kommen von überall her zu ihr, um ihre … äh … Dienste in Anspruch zu nehmen.«
Sie schwiegen eine Weile. Als würde er die Spannung spüren, grinste Zack plötzlich. »Deine Tochter hat mich beim Poker richtig über den Tisch gezogen«, erzählte er. »Danach habe ich ihr so leid getan, dass sie mir erlaubt hat, ihre Zeichnungen anzuschauen. Dieses Mädchen ist wirklich gut.« Er warf Mel einen Blick zu. »Das ist deine Berufung, Mel. Deine Mission. Dein Grund zu leben. Dein Schlüssel zu einer Limousine und einem Penthouse in New York.«
Maggie lächelte stolz. »Mels Lehrer sagt, sie entdeckt Schönheit in einfachen Dingen und stellt einfache Dinge schön dar.« Selbst in dem schwachen Schein der Kerze sah Maggie, dass sich das Gesicht ihrer Tochter rötete, und sie war überrascht, dass Mel Zack ihre Zeichnungen gezeigt hatte.
»Zack, es ist mir unangenehm, aber ich muss dringend noch einmal zum Supermarkt fahren«, erklärte sie. »Und dieses Mal nehme ich meine Einkaufsliste mit«, fügte sie hinzu. Sie sah, dass er davon nicht begeistert war.
»Kannst du
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