Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
gezogen hat, die im engen Innenraum des Autos extrem groß und scheußlich wirkt. Schwerer Hagel hämmert auf den Kastenwagen, und der Mann muss schreien, um das Geräusch zu übertönen.
»Als ich dich das erste Mal getroffen habe, war es ein Versehen. Diesmal nicht.« Ehe sie auch nur ein Wort sagen können, betäubt er sie beide. Lev sieht noch, dass Miracolina die Augen verdreht und in ihrem Sitz zusammensackt, ehe er in den Betäubungscocktail eintaucht, wirbelt und fällt, während das Hämmern des Hagels einem Brüllen weicht, wie dem eines Frachtzugs, der durch die Hölle rast.
35.
Nelson
Im Licht eines Blitzes erhascht er einen Blick auf den Tornado. Nicht einmal hundert Meter vor ihm rupft der Wirbelsturm die Bäume rechts und links der Straße aus dem Boden. Er reißt sogar die Straße selbst auf, Asphaltbrocken fliegen in den Himmel. Irgendetwas – ein Stück Straße oder ein Ast – stampft von oben auf das Autodach wie ein wütender Riese und dellt es ein. Ein Seitenfenster birst und der Kastenwagen wird mitten auf die Straße gezogen.
Nelson verspürt keine Angst, sondern nur Ehrfurcht. Das Auto neigt sich nach links. Wind und Schwerkraft liefern sich ein Tauziehen. Am Ende gewinnt die Schwerkraft, und das Fahrzeug bleibt am Boden, statt sich mit seinen zwei Tonnen in ein gefährliches Geschoss zu verwandeln. Der Tornado ist weitergezogen auf seinem zickzackförmigen Zerstörungszug durchs Land. Das Brüllen des Wirbelsturms verhallt und zurück bleibt nur der sintflutartige Regen.
Dies ist, wie Nelson weiß, der zweite entscheidende Schicksalsmoment für ihn. Der erste war der Schuss aus der Betäubungswaffe, der sein Leben zerstörte. Doch nun wurde sein Leben verschont. Nicht nur verschont, nein, es hat einen neuen Sinn bekommen. Dass er Lev Calder gefangen hat, ist kein Zufall. Nelson hat nie an göttliche Vorsehung geglaubt, aber er kann sich vorstellen, dass es eine höhere Gerechtigkeit gibt, die einen Ausgleich schafft. Wenn das stimmt, wird sich diese Gerechtigkeit bald bei ihm einstellen und ihm Connor Lassiter ausliefern.
Teil fünf
Eine Frage der Notwendigkeit
Aus der britischen Zeitung Independent: »Hoodies, Rüpel, Abschaum«
Wie die Medien Teenager dämonisieren. Von Richard Garner,
Bildungsressort, Freitag, 13. März 2009
Einer neuen Studie zufolge hat die Darstellung halbwüchsiger Jungen als »Halbstarke« durch die Medien dazu geführt, dass Teenager einander mit Misstrauen begegnen. Zahlen belegen, dass sich mehr als die Hälfte der Berichte über männliche Teenager in den nationalen und regionalen Zeitungen des vergangenen Jahres (4374 von 8 629) mit Verbrechen befasst. Die Teenager wurden am häufigsten mit dem Wort »Halbstarke« beschrieben (591 Mal), gefolgt von »Rowdy« (254 Mal), »übel« (119 Mal) und »Streuner« (96 Mal). Andere Begriffe, die häufig verwendet wurden, waren »Hoodies«, »Rüpel«, »herzlos«, »bösartig«, »erschreckend«, »Abschaum«, »Monster«, »unmenschlich« und »bedrohlich«. Die von der Organisation »Frauen im Journalismus« in Auftrag gegebene Studie zeigt auf, dass mitfühlend vor allem dann über Teenager berichtet wurde, wenn sie ums Leben gekommen waren. »Wir haben durchaus Artikel gefunden, in denen Jungen in leuchtenden Farben beschrieben wurden – ›Musterschüler‹, ›Engel‹, ›vorbildlich‹ oder ›der perfekte Sohn‹«, so die Forscherinnen. »Leider jedoch waren diese Begriffe Teenagern vorbehalten, die gewaltsam zu Tode gekommen waren.«
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36.
Connor
Mindestens zweimal am Tag lässt Connor seine Wut am Boxsack aus. Das muss sein, sonst würde er glatt jemanden schlagen. Den Faulpelz, der die Latrinen nicht sauber machen will. Die schwachsinnige Tussi, die ein Handy eingeschmuggelt hat, weil sie Freunde anrufen und ihnen sagen wollte, wo sie ist. Oder den Kerl, der nach jedem Klatscher-Anschlag Witze reißt. Connor schlägt hart und schnell auf den Sack ein; es ist ein Wunder, dass das Ding nicht platzt.
Risa ist weg.
Seit fast einem Monat. Es steht zu befürchten, dass die Jugendbehörde oder das Proaktive Bürgerforum oder wer auch immer sie in die Finger bekommen hat, Risa umgebracht hat. Spielt es eine Rolle, dass sie siebzehn ist und behindert, also nicht umgewandelt werden darf? Der allwissende Staat kann sehr kurzsichtig sein, wenn es um die
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