Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
Feuerwehrmann Davis Macy erstickte, weil seine verbrannte Lunge nicht durch meine ersetzt werden konnte.
Ich bin am Leben, weil ich vor der Umwandlung floh. Mein Egoismus kostete diese und viele andere Menschen das Leben. Mein Name ist Risa Ward, flüchtige Wandlerin, und ich muss mit dem Wissen leben, dass ich unschuldige Menschen getötet habe.«
Mit Unterstützung der »Liga Gerechtigkeit für flüchtige Wandler«
38.
Hayden
Hayden starrt auf den Computerbildschirm und versucht sich einzureden, dass Risas »Öffentliche Verlautbarung« nur ein kranker Witz ist, aber er weiß es besser. Seinen Frust würde er am liebsten an Tad auslassen, der ständig durchs Netz surft und ihn auf den Spot aufmerksam gemacht hat. Aber Tad kann ja auch nichts dafür.
»Und was machen wir jetzt?«, fragt Tad. Hayden blickt sich im ComBom um. Die acht Jungs und Mädchen, die im Dienst sind, sehen ihn an, als könnte er das Video aus der Welt schaffen.
»Sie ist eine Verräterin, verdammt noch mal!«, schreit Esme.
»Halt den Mund!«, brüllt Hayden. »Haltet einfach den Mund und lasst mich nachdenken.« Er überlegt, ob es auch noch eine andere Erklärung dafür geben könnte. Vielleicht ist das Video ja eine digitale Fälschung. Vielleicht ist das ein Trick, mit dem sie demoralisiert werden sollen. Aber die Wahrheit schreit ihm geradezu ins Gesicht. Risa wirbt öffentlich für die Umwandlung. Sie ist zur anderen Seite übergelaufen.
»Connor darf das nicht erfahren«, sagt Hayden.
Tad schüttelt zweifelnd den Kopf. »Aber es kam im Fernsehen und läuft seit heute früh überall im Netz. Und es ist ja nicht nur das eine Video. Risa hat noch mehr öffentliche Verlautbarungen gemacht – und auch ein Interview gegeben.«
Hayden geht in dem engen Flugzeug auf und ab und bemüht sich, seine Gedanken zu ordnen. »Okay.« Er zwingt sich zur Ruhe. »Okay … Alle Computer mit Netzzugang sind hier im ComBom und in der Bibliothek, stimmt’s? Und der Fernseher im Freizeitflieger hängt an unserem Server.«
»Schon …«
»Also können wir alles durch die Gesichtserkennungssoftware schicken, ehe es rausgeht, und jedes Mal, wenn sie auftaucht, können wir es verzerren. Haben wir ein Programm dafür?«
Ein paar Sekunden antwortet niemand. Dann meldet sich Jeevan. »Wir haben eine Menge alter militärischer Sicherheitsprogramme, da muss auch ein Gesichtserkennungsprogramm dabei sein. Ich kann bestimmt etwas zusammenbasteln.«
»Mach das, Jeeves.« Hayden dreht sich zu Tad um. »Unterbrich die Feeds an den Freizeitflieger und die Bücherei, bis das erledigt ist. Kein Fernsehen, kein Internet. Wir erzählen den Kids, dass es Probleme mit dem Satelliten gibt oder ein Gürteltier die Schüssel besprungen hat oder was auch immer. Verstanden?« Allgemeines Kopfnicken. »Und wenn auch nur einer von euch ein Wort darüber verliert, kümmere ich mich persönlich darum, dass er oder sie die nächsten Jahre Scheiße aus den Latrinen schaufelt. Die Risa-Bombe bleibt im ComBom, comprende? «
Wieder allgemeines Kopfnicken. Aber Tad brennt noch etwas auf der Seele. »Hayden, mir ist noch was aufgefallen, ich weiß nicht, ob du gesehen hast, wie sie …«
»Nein, hab ich nicht!«, blafft Hayden ihn an. »Ich habe überhaupt nichts gesehen. Und ihr auch nicht.«
39.
Connor
Der Mann vom Proaktiven Bürgerforum hat die Umwandlung als »Kern unseres Lebensstils« bezeichnet.
Connor geht es wie Trace: Diese Worte bleiben haften. Er weiß natürlich, dass die Zeiten sich geändert haben. Aber wenn man die Welt nur so erlebt hat, kann man sich schwer vorstellen, dass früher alles anders gewesen sein soll. Vor Jahren, ehe er im Umwandlungsalter war, bekam Connor eine Bronchitis, die einfach nicht weggehen wollte. Es hieß sogar, er müsse eine neue Lunge erhalten, aber dann verzog sich die Krankheit von alleine. Er weiß noch, dass er, nachdem er so lange krank gewesen war, ganz vergessen hatte, wie es überhaupt war, gesund zu sein.
Konnte es einer ganzen Gesellschaft so ergehen?
Gewöhnt sich eine kranke Gesellschaft so sehr an ihre Krankheit, dass sie irgendwann nicht mehr weiß, wie es ist, gesund zu sein? Und was passiert, wenn die Menschen, denen der heutige Zustand gefällt, die Erinnerung als Gefahr betrachten?
Connor nimmt sich die Zeit, in den Büchereiflieger zu gehen und ein wenig zu recherchieren, aber die Computer sind offline. Deshalb marschiert er direkt zum ComBom.
»Heißt das, nichts funktioniert?«, fragt er Hayden.
Hayden
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