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Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Titel: Vollendet - Der Aufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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…«
    Risa ruft sich in Erinnerung, dass sie sich nicht aus reinem Egoismus dazu entschlossen hat, für das Proaktive Bürgerforum zu arbeiten – warum also macht sie sich ein schlechtes Gewissen? Und wenn ihr Gewissen droht, sie in den Abgrund zu reißen, müsste sie sich dann nicht davon befreien, damit sie überleben kann?
    »Da drüben ist Andromeda, das ist in Wahrheit eine Galaxie …«
    Cam gibt mächtig an, doch neben Arroganz schwingt auch Unschuld in seiner Stimme mit, wie bei einem kleinen Kind, das zeigen will, was es in der Schule alles gelernt hat. Aber er hat ja nichts von all dem gelernt. Der Akzent, mit dem er jetzt spricht, verrät, dass dieses Wissen jemand anders erworben hat und es ihm nur in den Kopf eingesetzt wurde.
    Hör auf damit, Risa! , ermahnt sie sich. Vielleicht muss sie jetzt einfach akzeptieren, dass der Berg abgetragen wird. Um den Widerstand, der sich noch in ihr regt, zum Schweigen zu bringen, legt sie sich neben Cam auf die Wiese und blickt hinauf zu den Sternen.
    »Der Polarstern ist leicht zu finden. Er steht direkt über dem Nordpol. Wenn du ihn siehst, weißt du, wo Norden ist.« Bei diesen Worten muss sie schlucken. Er wendet ihr den Kopf zu. »Willst du gar nicht, dass ich aufhöre?«
    Risa muss lachen. »Ich dachte, ich kann dabei vielleicht wieder einschlafen.«
    »Oh, bin ich so langweilig?«
    »Nur ein bisschen.«
    Da streichelt er sanft ihren Arm.
    Risa zieht ihn weg und richtet sich auf. »Nicht! Ich lasse mich nicht gern berühren.«
    »Lässt du dich nicht gern berühren … oder lässt du dich nicht gern von mir berühren?«
    Sie bleibt ihm die Antwort schuldig. »Was ist das für einer?«, fragt sie und deutet in den Himmel. »Der rote da?«
    »Beteigeuze«, antwortet er. Dann, nach einer betretenen Pause, fragt er: »Wie war er?«
    »Wer?«
    »Du weißt schon.«
    Risa seufzt. »Das willst du gar nicht wissen, Cam.«
    »Vielleicht doch.«
    Sie gibt ihren Widerstand auf, legt sich wieder auf den Rücken und heftet den Blick in den Sternenhimmel. »Impulsiv. Grüblerisch. Manchmal hat er sich selbst gehasst.«
    »Klingt charmant.«
    »Du hast mich nicht zu Ende reden lassen. Klug, loyal, leidenschaftlich, verantwortungsbewusst, eine starke Führungspersönlichkeit, die aber zu bescheiden ist, sich das einzugestehen.«
    »›Ist?‹«
    »War«, verbessert sie sich rasch. »Manchmal kommt es mir vor, als wäre er noch da.«
    »Ich glaube, ich hätte ihn gern kennengelernt.«
    Risa schüttelt den Kopf. »Er würde dich hassen.«
    »Warum?«
    »Weil er auch eifersüchtig war.«
    Zwischen ihnen macht sich wieder Schweigen breit, das frei ist von Verlegenheit.
    »Ich bin froh, dass du mir das gesagt hast«, meint Cam. »Da ist etwas, das ich dir auch gern sagen möchte.«
    Risa hat keine Ahnung, was nun kommt. Wider Willen ist sie fast ein bisschen neugierig.
    »Hast du im Waisenhaus einen Jungen namens Samson gekannt?«
    Sie denkt nach. »Ja, er saß mit mir im Bus zum Ernte-Camp.«
    »Also, er war heimlich in dich verknallt.«
    Zunächst erschrickt Risa und fragt sich, woher er das weiß, aber als ihr die Wahrheit schwant, durchströmt sie ein Adrenalinstoß, der gleichermaßen Kampf- und Fluchtinstinkte auslöst. Sie springt auf und kann kaum entscheiden, ob sie zum Haus zurückrennen oder von der Klippe springen soll, nur um dieser Offenbarung zu entfliehen, doch Cam stellt sich vor sie wie der Mond, der mit seinem Schatten einen der kostbaren Sterne verdunkelt.
    »Algebra!«, sagt er. »Samson war ein Mathegenie. Ich habe den Teil von ihm bekommen, der rechnen kann. Es ist nur ein winziger Teil, aber als ich dein Bild gesehen habe, na ja, wahrscheinlich hat das ausgereicht, dass ich auf dich aufmerksam geworden bin. Dann, als Roberta von deiner Festnahme hörte, hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um dich hierherzubringen. Für mich. Also ist es meine Schuld, dass du hier bist.«
    Sie will ihm nicht ins Gesicht sehen, kann aber nicht anders. So wie man bei einem Autounfall nicht wegsehen kann. »Was soll ich denn dazu sagen, Cam? Du kannst dir doch wohl denken, dass mich das aus der Fassung bringt! Dass ich hier bin, habe ich also einem deiner Spleens zu verdanken – nein, nicht deinem Spleen, sondern dem des armen Jungen!«
    »Nein, das stimmt nicht«, entgegnet Cam rasch. »Samson war eher wie … wie ein Freund, der einem auf die Schulter tippt, damit man ihn bemerkt. Meine Gefühle für dich – das sind wirklich meine. Das ist mehr als nur ein bisschen

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