Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
Starkeys Bild von Connor Lassiter in Einklang bringen lässt, ist das schiefe Grinsen auf seinem Gesicht. Nein, der Kerl, der sich da vorne um ihren Respekt bemüht, ist niemand Besonderes. Überhaupt niemand.
»Ich heiße euch auf dem Friedhof willkommen«, beginnt der Typ seine Rede, die er haargenau so bestimmt vor allen Neuankömmlingen hält. »Mein offizieller Name lautet Elvis Robert Mullard … aber meine Freunde nennen mich Connor.«
Jubelrufe von den Wandlern.
»Hab’s doch gesagt!«, triumphiert der dicke Junge.
»Das beweist gar nichts.« Starkey reckt das Kinn vor und beißt die Zähne zusammen.
»Ihr seid hier, weil ihr für die Umwandlung vorgesehen seid, aber fliehen konntet. Dank des Einsatzes vieler Menschen aus der Anti-Umwandlungs-Front habt ihr es hierher geschafft. Ihr werdet hier ein Zuhause finden, bis ihr siebzehn seid und nicht mehr umgewandelt werden könnt. So weit die gute Nachricht …«
Mit jedem Wort sinkt Starkeys Mut. Es lässt sich nicht mehr leugnen. Das ist tatsächlich der Flüchtling aus Akron – und er ist alles andere als ein Held.
»Die schlechte Nachricht ist, dass die Jugendbehörde über uns Bescheid weiß. Sie wissen, wo wir sind und was wir hier machen – aber bisher haben sie uns in Ruhe gelassen.«
Starkey kann es nicht fassen. Das kann doch nicht sein, dass das große Vorbild aller flüchtigen Wandler bloß ein stinknormaler Teenager ist!
»Einige von euch wollen nur überleben, bis sie siebzehn sind«, sagt Connor. »Aber ich weiß, dass viele von euch alles riskieren würden, um der Umwandlung ein für alle Mal ein Ende zu setzen.«
»Genau!«, ruft Starkey so laut, dass alle Blicke von Connor zu ihm wandern. Er stößt rhythmisch die Faust in die Luft und skandiert: »Hap-py Jack! Hap-py Jack! Hap-py Jack!« Die Menge fällt in seine Rufe ein. »Wir sprengen alle Ernte-Camps in die Luft!«, ruft Starkey. Doch obwohl er die Menge aufgestachelt hat, reicht ein kalter Blick von Connor, um die Jugendlichen zum Schweigen zu bringen.
»So einen gibt es in jeder Gruppe«, sagt Hayden kopfschüttelnd.
»Tut mir leid, wenn ich euch enttäuschen muss, aber wir sprengen keine Schlachthäuser in die Luft.« Connor sieht Starkey in die Augen. »Wir gelten jetzt schon als gewalttätig, und die JuPos nutzen die Angst der Bevölkerung, um die Umwandlung zu rechtfertigen. Das wollen wir nicht auch noch unterstützen. Wir sind keine Klatscher. Wir begehen keine willkürlichen Gewaltakte. Wir denken, ehe wir handeln …«
Bei Starkey kommt dieser Rüffel nicht gut an. Was bildet sich der Typ ein, ihm so über den Mund zu fahren? Connor redet weiter, aber Starkey hört ihm gar nicht mehr zu. Die anderen hängen an Connors Lippen und das regt Starkey erst recht auf.
Während er dasteht und darauf wartet, dass der sogenannte Flüchtling aus Akron endlich den Mund hält, keimt in Starkeys Kopf ein Gedanke auf. Er hat zwei JuPos getötet. Er ist schon jetzt eine Legende und anders als Connor musste er dafür nicht seinen Tod vortäuschen. Ein Lächeln huscht über Starkeys Gesicht. Auf diesem Flugzeugfriedhof leben Hunderte von Wandlern, aber im Grunde unterscheidet ihn nichts von den Geheimverstecken. Wie dort wartet auch hier ein Betawolf darauf, vom Alphatier Starkey auf seinen Platz verwiesen zu werden.
2.
Miracolina
Seit sie zurückdenken kann, weiß sie, dass ihr Körper Gott geweiht ist.
Ihr war stets bewusst, dass sie an ihrem dreizehnten Geburtstag geopfert werden und dieses wunderbare Mysterium eines geteilten Körpers und einer vernetzten Seele erfahren würde. Nicht vernetzt wie Computer, denn dass menschliche Seelen mit künstlichen Systemen kombiniert werden, gibt es nur im Kino, und da nimmt es nie ein gutes Ende. Nein, hier geht es um eine echte Vernetzung in lebendigen Körpern. Ihr Geist wird sich über Dutzende von Menschen erstrecken, die mit ihrem geteilten Körper in Berührung kommen. Viele sagen, man sei dann tot, aber sie glaubt, dass es anders ist, mystisch. Daran glaubt sie tief und fest, mit ihrer ganzen Seele.
»Wahrscheinlich kann man den geteilten Zustand erst beurteilen, wenn man ihn erfahren hat«, hat ihr der Priester einmal erklärt. Sie fand es merkwürdig, dass er, der das kirchliche Dogma immer so entschieden vertrat, ausgerechnet dann seine Unsicherheit zugab, wenn sie über den Zehntopfergang sprachen. »Der Vatikan hat sich zur Umwandlung noch nicht positioniert«, lautete seine Erklärung, »und solange er sie weder billigt
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