Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
zu schwer verletzt sind, um zu entkommen, und natürlich das erbarmungslose Rauschen des Wassers. Da wird ihm klar, dass er keine Chance hat. Dafür hat Starkey gesorgt.
Das Wasser strömt so schnell durch das kaputte Cockpitfenster, dass Trace nicht einmal Zeit bleibt, sich vorzubereiten. Er reckt den Hals, um den Kopf so lange es irgend geht über Wasser zu halten. Dann holt er noch einmal tief Luft, hält den Atem an und ist unter Wasser. Auf einmal ist es still um ihn herum, nur das metallene Ächzen des sinkenden Jets ist zu hören.
Sein Körper verbrennt die letzten Sauerstoffreserven, dann ergibt sich Trace seinem Schicksal und atmet ein letztes Mal aus. Die Luftblasen blubbern weg von ihm, in die Dunkelheit hinein. Sein Körper kämpft mit dem Ertrinken. Es ist so schrecklich, wie er es sich immer vorgestellt hat, aber er weiß, dass es nicht lange dauern wird. Fünf Sekunden. Zehn. Dann spielt die ganze Ungerechtigkeit auf einmal keine Rolle mehr. Kurz bevor sein Bewusstsein vollends aussetzt, klammert Trace sich an die Hoffnung, dass seine Entscheidung, nicht auf der Seite der Jungendbehörde, sondern für die EAs zu kämpfen, genügen wird, um für seinen Übergang in eine wirklich bessere Welt zu bezahlen.
79.
Starkey
Das Wasser riecht faulig und nach Gummi und ist weder warm noch kalt, sondern lau wie Tee, der zu lange gezogen hat. Das Flugzeug taucht unter und hinterlässt nichts als weiße Luftblasen, die durch die Salzbrühe nach oben blubbern, und das Öl auf der Wasseroberfläche, das aber inzwischen fast vollständig verbrannt ist. Starkey schaut sich um und sieht Kids im Wasser, Kids auf Rettungsinseln und nach Hilfe rufende Kids, die so weit abgetrieben sind, dass man sie kaum noch erkennen kann.
Nur wenige Hundert Meter entfernt liegt eine einsame Küste. Trace – Gott hab ihn selig – war so schlau, sie auf der unbewohnten Seite des riesigen Sees runterzubringen. Dennoch ist die Bruchlandung bestimmt nicht unbemerkt geblieben und irgendjemand wird Nachforschungen anstellen. Sie müssen möglichst schnell von hier verschwinden – die Aufmerksamkeit der Bevölkerung ist das Letzte, was sie jetzt brauchen.
»Da lang!«, ruft Starkey und schwimmt einhändig mit der gesunden Hand los. Die Jugendlichen in den Rettungsinseln paddeln, die im Wasser schwimmen, und bald steigen sie an einem schwammigen Ufer aus pulverisierten Fischknochen aus dem stinkenden Wasser.
Starkey lässt Bam durchzählen und sie kommt mit der Zahl einhundertachtundzwanzig zu ihm zurück. Einundvierzig Storche sind bei der Bruchlandung ums Leben gekommen. Um Starkey herum versuchen die Überlebenden herauszufinden, wer genau fehlt. Das macht ihn wütend. Hier rumzusitzen wird nur damit enden, dass man sie fasst. Er selbst ist schlau und kann sich allein durchschlagen. Irgendwie muss er es hinkriegen, seine Überlebensinstinkte auf die anderen auszudehnen.
»Los, alle aufstehen! Wir dürfen unsere Zeit nicht damit verschwenden, unsere Wunden zu lecken und die Toten zu beweinen. Wir müssen hier weg.«
»Und wohin?«, fragt Bam.
»Im Augenblick ist alles besser, als hierzubleiben.«
Starkey muss diesen Kids ein Ziel geben und einen Lebenszweck. Nachdem sie aus dem Pferch des Flugzeugfriedhofs befreit sind, müssen sich ihre Prioritäten ändern. Connor war vielleicht schon glücklich darüber, wenn er die Kids nur am Leben erhalten hat, aber für Starkey geht es um mehr als das blanke Überleben. Unter seiner Führung könnten die Storche eine Macht werden, vor der man sich in Acht nehmen muss.
Er geht zu den Kids direkt neben sich und zerrt sie am Kragen auf die Füße: »Auf geht’s! Ausruhen können wir, wenn wir in Sicherheit sind.«
»Wann werden wir je in Sicherheit sein?«, fragt jemand. Starkey antwortet nicht, denn er weiß, dass sie es wahrscheinlich nie sein werden. Aber das ist in Ordnung. Sie waren schon zu lange satt und zufrieden. Wenn sie am Abgrund stehen, sind sie wach und konzentriert.
Während die Storche ihre Kräfte für einen Fußmarsch ins Ungewisse sammeln, sucht Starkey Jeevan und ist erleichtert, dass er unter den Überlebenden ist.
»Jeeves, wir brauchen dieselben Programme, die du im ComBom gehabt hast, nur eben mobil. Du musst Augen und Ohren für uns sein und möglichst viele Informationen über die Jugendbehörde sammeln.«
Aber Jeevan schüttelt in panischer Fassungslosigkeit den Kopf. »Das war militärische Software der Extraklasse. Das haben wir nicht mehr. Wir haben nicht
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