Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
Vom Netzwerk:
einen Anzug, einen schönen Dreiteiler, den ich kombiniert mit einer Krawatte trage, die wie ein toter Fisch aussieht, und mit grünen Turnschuhen, die mit
    Schadstoffen besprenkelt sind. Das schlägt immer voll ein, besonders bei der Spendenwerbung für GEA und in der explosiven Atmosphäre der Sitzungssäle der
    Chemiemultis. »Die Leute erwarten im Grunde Typen,
    die so aussehen wie du.« Ich zeigte auf den
    Langhaarigsten der Blowfish -Crew . »Und sie erwarten, daß wir uns wie Geisteskranke aufführen und furchtbar rumjammern. Also müssen wir handeln, bevor wir
    jammern. Wir dürfen ihnen keinen Anlaß dafür geben,
    daß sie uns als Schlaffis abtun können.«
    Man funkelte mich da und dort passiv-aggressiv an.
    »Wie immer müßt ihr nicht mitmachen, wenn ihr nicht
    wollt«, fuhr ich fort. »Ihr könnt auch in der Stadt bleiben oder sonstwas. Aber ich werde möglichst viele Leute
    brauchen, die mit Begeisterung dabei sind.«
    »Ich mach' mit«, sagte eine Stimme aus der Kombüse. Es war Artemis, kurz Arty, die Schöpferin der Omeletten und beste Zodiac-Steuerfrau von GEA. Natürlich machte sie mit; es handelte sich um eine mit Zodiacs gespickte Aktion; sie war spannend, sie war eine Art
    Kommandounternehmen. Artemis war noch jünger als
    ich, und militärische Präzision war für sie nicht mit soviel emotionalem Ballast befrachtet wie für die
    mittelalterliche Blowfish -Crew.
    Um 4 Uhr morgens stieg Artemis in ihr Lieblingszodiac und brauste so auffällig, wie es nur ging, davon, ein paar matten, vielleicht einen Kilometer entfernten Lichtern entgegen. Sie gehörten zu einem sieben Meter langen
    Küstenwachboot, das auf uns aufpassen sollte. Wie es sich so trifft, haben Boote dieser Größe keine Kombüse, also hatte Artemis noch ein paar Omeletten extra
    gemacht und sie in eine Warmhaltebox getan - und nun brachte sie den Typen von der Küstenwache ein kleines Frühstück. Sie legte los wie ein UFO, rasend, strahlend und rauchend, und ein paar Minuten später hörten wir, wie sie die Typen mit einer Munterkeit begrüßte, die so früh am Morgen geradezu obszön war. Die Typen
    grüßten zurück. Sie kannten Artemis von früheren
    Blowfish- Aktionen, und Artemis flirtete gern über Funk mit ihnen. Für die Typen war sie eine Legende, so
    ähnlich wie eine Meerjungfrau.
    Und nun fuhren Tom und ich mit einem der anderen
    Zodes los. Das hier hatte einen kleinen, exzellent
    schallgedämpften Motor, und wir hatten das orange
    Klebeband und alles andere, was im Dunkeln leicht zu sehen war, entfernt.
    Die Blowfish lag fünf Kilometer vor der Küste, an die acht Kilometer südlich von der Giftmülldeponie, an
    deren Tor Debbie soeben die Schlösser gehängt hatte.
    Jim wartete eine Viertelstunde, damit die Typen von der Küstenwache essen und wir uns in aller Ruhe
    davonstehlen konnten. Dann warf er den großen
    Dieselmotor der Blowfish an: wamm wamm wamm wamm. Wir konnten es vom Zode aus hören, und wenn jemand am Strand die Ohren aufsperrte, hörte er es
    wahrscheinlich auch. Normalerweise fuhr Jim aus
    Umweltschutzgründen nur mit Segelkraft, aber es wehte kein Wind. Außerdem ging es hier um militärische
    Präzision.
    Gegen 6 Uhr begann der ablenkende Funkverkehr
    zwischen der Blowfish, GEA 1, GEA 2 und Tainted Meat
    - vergammeltes Fleisch -, was mein gegenwärtiger
    Deckname war. Allerhand lose Sprüche über
    Transparente und Rauchbomben schwirrten durch die
    Luft. Wir wußten, daß die Privatdetektive diese Frequenz abhörten. Tanya war mittlerweile in Blue Kills angelangt, einen Korso von Lincoln Town Cars hinter sich,
    scheuchte die Medienleute aus ihren Betten und verteilte Umgebungspläne und Pressemitteilungen.
    Der Tenor der Pressemitteilungen war, daß wir
    stocksauer waren über diesen Giftsumpf im Norden der Stadt. Eben den, auf den sich im Moment zwei Zodiacs zubewegten. Ich stellte es mir vor: Artemis vorn, ihr Stachelhaar schlitzte den Wind, und sie nagelte mit 60
    Stundenkilometern durch die Brandung, während ein
    weniger guter Zodiac-Steuermann verzweifelt versuchte, mit ihr mitzuhalten. Sie war bei einem GEA-Spezialkurs in Europa gewesen und hatte dort gelernt, wie man große Müllverbrennungsschiffe stört, indem man immer wieder in ihre Bugwelle dippt, ohne in die Tiefe gerissen oder übergemangelt zu werden. Sie wußte, wie man mit einem Mercury gegen große Brecher ankommt; sie wußte, wie
    man in Wellentäler rauscht und sich auf Wellenkämme
    katapultieren läßt, ohne in die Luft zu

Weitere Kostenlose Bücher