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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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großes,
    klotziges Ding, mit Kette und Vorhängeschloß
    abgesperrt. Debbie hängte zwei Kryptonites in die Mitte und verstärkte so das Sicherungssystem der Schweizer Schweine. Dann hängte sie noch mal je zwei an die
    Angeln und machte auf diese Weise die Torflügel an den Torpfosten fest. Für den unwahrscheinlichen Fall eines plötzlich auf der Müllkippe ausbrechenden Notstands
    blieb Debbie mit den Schlüsseln in der Nähe, um die
    Schlösser für Krankenwagen oder Feuerwehrautos
    aufsperren zu können. Wir sind keine gedankenlosen
    Fanatiker, und wir sehen auch nicht gern so aus.
    Ich war auf der Blowfish und erklärte der Crew die Aktion. Jim, der Kapitän und damit der Boß der Leute, blieb im Hintergrund.
    Jim lebt von dem Job. Er wohnt auf dem Schiff und fährt zwischen Texas und Duluth hin und her: die Golfküste entlang, um Florida herum, die Atlantikküste rauf, über den Sankt-Lorenz-Strom zu den Großen Seen und weiter nach Westen. Dann zurück. Überall, wo er hinkommt, ist der Teufel los. Wenn GEA will, daß der Teufel ganz
    besonders los ist, werden professionelle Nervensägen wie ich eingesetzt.
    Jim und seine Crew - ein Dutzend Leute vielleicht - sind auf laute, gefühlige Publicity spezialisiert. Sie ankern an auffälligen Orten und hängen Transparente an ihre
    Masten. Sie kippen fluoreszierende grüne Farbe in die Abflußrohre der Industrie, damit die Journalisten mit Hubschrauber darüber kreisen und spektakuläre
    Aufnahmen machen können - seht, so breitet sich die Umweltverschmutzung aus! Sie blockieren Atom-U-Boote. Sie machen viel auf dem Anti-Atom-Sektor. Ihr Ziel ist es, wie gesagt, laut zu sein. Und sichtbar.
    Ich dagege n mag es leise, sozusagen mit dem Stilett in finsterer Nacht. Liegt teils daran, daß ich jünger bin, ein Post-68er, und teils daran, daß mein Ding Toxine sind, nicht Atomwaffen oder Säugetiere. Es gibt keine direkte Aktion, mit der man die Weitergabe von Atomwaffen
    verhindern kann, und direkte Aktionen zur Rettung der Säugetiere sind manchmal scheißunangenehm. Ich hab'
    keine Lust, mich wegen eines Robbenbabys
    zusammenschlagen zu lassen. Aber es gibt alle
    möglichen unaufwendigen direkten Wege,
    Umweltverbrechern auf den Pelz zu rücken. Du machst
    einfach ihre Abflußrohre dicht. Zu diesem Zweck müssen die Aktionen natürlich koordiniert sein, und das
    bezeichnen die Medien gern als »militärische Präzision«.
    Für die Crew der Blowfish war alles Militärische ein Horror. In den Sechzigern hätten oder haben sie wohl den Nationalgardisten Blumen in die Gewehrläufe gesteckt, während ich irgendwo in einem Keller gesessen und
    Bomben gebastelt hätte. Sie haben keinen technischen Background. Nicht weil sie doof sind, sondern weil sie strenges, diszipliniertes Denken hassen. Andererseits waren sie mit ihrem Kahn bei jedem Wetter
    Zehntausende von Seemeilen geschippert. Sie hatten eine Entmastung vor Feuerland überstanden, sich mit ihren Zodiacs vor Harpunenkanonen gesetzt, monatelang in der Antarktis gelebt, einen Brückenkopf an der sibirischen Küste errichtet. Sie konnten alles, und sie würden es tun, wenn ich es ihnen sagte; aber mir ging es darum, daß sie Spaß an der Aktion hatten.
    »Die Leute hier sind in Sachen Umweltschutz völlig
    unbeleckt«, sagte ich. Wir saßen an Deck und aßen Tofu-Omeletten. Es war ein warmer, stiller Sommermorgen,
    und der Himmel begann seine stumpfe Dunkelheit zu
    verlieren und ein marineblaues Leuchten anzunehmen.
    »Sie meinen, Giftmüll fällt immer nur woanders an. Sie sind schockiert über Bhopal und Times Beach, aber sie beginnen bestenfalls erst zu ahnen, daß sie vielleicht auch hier Probleme haben könnten. Die Schweizer Schweine
    setzen dick und fett auf diese Ignoranz. Wir werden sie schlachten.«
    Die Mitglieder der Crew tauschten düstere Blicke und schüttelten den Kopf. Den Leuten war es wirklich ernst mit ihrer Gewaltlosigkeit, und sie hatten keine Freude daran, daß ich von »schlachten« sprach.
    »Okay, tut mir leid. Ich bin ein bißchen zu weit
    gegangen. Der entscheidende Punkt ist, daß diese Stadt total von einer Firma abhängig ist. Alle arbeiten in dieser Chemiefabrik. Und sie mögen ihren Job. Es ist nicht so wie in Buffalo, wo jeder die Chemiefirmen haßt. Hier müssen wir für die Leute erst mal glaubwürdig werden.«
    »Ich hab' meinen Anzug leider zu Hause vergessen,
    Mann«, sagte einer von der Anti-Schlachtungs-Fraktion.
    »Kein Problem. Ich hab' meinen mit.« Ich habe
    tatsächlich

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