Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
Vom Netzwerk:
Sandbänken.
    »Kill« ist das niederländische Wort für »Bach«. Wir
    haben hier ein kurzes, breites Flüßchen, das sich in Meeresnähe zu einem Netz von kleinen Wasserläufen mit Sümpfen dazwischen verzweigt. Die Kills umspinnen
    einen Mündungstrichter, der, zumindest auf dem Papier, ein Naturparadies ist.
    Dieser Mündungstrichter lag nördlich von uns. Die Stadt Blue Kills und das Duodezfürstentum Blue Kills Beach lagen südlich davon auf höherem und trockenerem
    Gelände. Der ganze Küstenstrich wurde durch Inselchen und Sandbänke einigermaßen vor dem Atlantik
    abgeschirmt. Wir waren in der toxischen Lagune
    dahinter.
    Ich hatte mir meine LANDSAT-Infrarot-Fotos genau
    angesehen, also wußte ich,wo recht nah bei unserem Ziel
    - etwa anderthalb Kilometer von Blue Kills
    Beachentfernt - eine baum- und buschbewachsene Insel war. Wir zogen unser Zodiac zwischen dem üblichen
    Abfall an Land, den Teens bei Saufausflügen
    zurücklassen. Tom checkte sein Tauchgerät und stieg in den Darth-Vader-Anzug.
    Normalerweise tragen Taucher Naßtauchanzüge, die dick und porös sind. Es kommt Wasser durch, der Körper
    erwärmt es, der Anzug hat isolierende Wirkung. Aber
    man möchte schließlich nicht draufgehen, weil man mit Schadstoffen rummacht und dabei so ein Ding trägt.
    Deshalb hatte ich in den Darth Vader einen
    wasserdichten Trockentauchanzug eingebaut. Außerdem
    hatte ich aus einer Taucherbrille, alten Schläuchen, einem Fahrradflickzeugkästchen und Gummilösung eine Maske
    gebastelt. Wenn man die übers Gesicht zog, paßte das Mundstück des Tauchgeräts in die richtige Öffnung, und man hatte so was wie ein Ventil zum Ausatmen über der Nase. Wenn man die Maske richtig anlegte, schützte sie einen vor dem Dreck, durch den man schwamm -
    zumindest ein Weilchen.
    Tom mochte keine Trockentauchanzüge, aber er
    meckerte nicht. Bevor er in den Darth Vader gestiegen war, hatten wir noch die Partien seiner Haut, die mit undichten Stellen oder Nähten im Anzug in Berührung
    kommen konnten, eingeschmiert. Dafür gibt es ein Mittel aus Silikon. Wenn man es aufträgt, ist man geschützt -
    zumindest halb. Der Anzug paßt auch noch drüber. Tom wurde
    außerdem mit einem Maßband, einem
    Unterwasser-Notizblock und einer Unterwasser-
    Videokamera ausgerüstet.
    »Eine Frage. Was kommt da raus aus dem Ding?«
    »Erstaunliches. Die stellen Farben und Pigmente her.
    Also haben wir's mit Lösungsmitteln zu tun. Und mit
    Metallen. Und mit Massen von üblen Phthalaten und
    Hydrazinen.«
    »Was heißt das?«
    »Trink nicht davon. Und wenn du fertig bist, dann
    schwimm erst mal 'ne Runde hier draußen. Hier ist das Wasser sauberer.«
    »So Sachen nerven mich.«
    »Sieh's doch mal so. Etliche Toxine werden über die
    Lunge in den Körper aufgenommen. Aber du hast in
    deinen Sauerstoffflaschen wirklich saubere Luft. Sehr viel mehr Toxine werden über die Haut aufgenommen.
    Aber aus diesem Abflußrohr kommen, glaube ich, nicht soviel Lösungsmittel, daß dein Tauchanzug angegriffen wird.«
    »Das haben sie uns bei Agent Orange auch gesagt.«
    »Scheiße.« Ich hatte eigentlich keinen Grund, überrascht zu sein. Ich hatte nur nicht daran gedacht. »Haben sie dich mit dem Zeug begossen?«
    »Nein, ich bin durchgeschwommen.«
    »Du warst Kampfschwimmer?«
    »Ja. Spezialgebiet Sprengungen. Aber der Vietcong hatte keine allzu großartige Marine, also fielen meistens nur Wartungs- und Räumungsarbeiten an. Verreckte Büffel
    aus der Kanalisation holen und so.«
    »Das hier ist mit Agent Orange nicht zu vergleichen. Da ist kein Dioxin drin.«
    »Okay. Du hast deine Paranoia, und ich hab' meine.«
    Wir waren tatsächlich paranoid. Ich habe es ja schon zugegeben. Und nach unserer nächtlichen Fahrt durch
    Brighton wußte Tom, wie ich tickte.
    »Wenn die Leute mitkriegen, daß ich mir über der Wasseroberfläche ihr Abflußrohr ansehe, dann ist mir das egal, Tom. Es ist mir auch egal, wenn sie mich dabei erkennen. Aber wenn sie einen Taucher sehen, verraten wir ihnen zuviel. Dann wissen sie, daß es Ärger gibt.
    Also laß dich einfach von mir ziehen.«
    Tom stieg ins Wasser, tauchte, und ich nahm ihn in
    Schlepptau, bis das Wasser schwarz wurde. Dann stellte ich den Motor ab. Tom klopfte von unten gegen den
    Boden des Zode.
    Ich gab ihm eine Minute zum Klarkommen. Dann ließ
    ich den Motor wieder an und fuhr eine Weile hin und her.
    Ich hatte schon recht zuverlässige Karten, aber das war eine Möglichkeit, sie noch wesentlich zu

Weitere Kostenlose Bücher