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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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schnell enden lassen sollte, wenn er möchte, dass ich noch mal zu ihm in die Kirche komme. Trotzdem will ich von Dörte natürlich wissen, was ich nicht weiß.
    »Wir machen dir einen Plan heute Abend!«
    »Wir machen bitte was?«
    »Einen persönlichen Businessplan! Wie du weiterkommst mit deiner Firma, deiner Dachrinnenreinigung!«
    »Ich hab keine Firma!«
    »Du bist die Firma!«
    Ach du Scheiße! Sie meint es ernst. Ich kann mir keinen größeren Unterschied vorstellen zwischen dem eigentlichen Ziel des Abends, nämlich Sex zu haben, und einem Businessplan für eine garantiert nie existierende Dachrinnenreinigung. Ich spüre, wie ich langsam so richtig sauer werde. Auf mich, auf sie und auf die Tatsache, dass sie mich als Geisel in meiner eigenen Wohnung hält.
    »Ich will aber keinen Businessplan machen heute Abend!«
    »Wir machen ihn ja auch zusammen!«
    »Wenn ich aber doch nicht will!«
    »Wenn wir's gemacht haben, freust du dich!«
    Das wäre eigentlich mein Argument für eine schnelle Nummer gleich nach dem Essen. Ich kann machen, was ich will. Die Frau hat mich in der Hand. Seit der ersten verschissenen SMS hat sie mich in der Hand, und ich bin machtlos. Eines weiß ich allerdings! Wir müssen hier raus. Und zwar sofort. Zu allem Unglück schlägt sie das Starbucks vor, ich kontere mit der Scheinbar. Sie ist damit sofort einverstanden, und wir beschließen, dort noch einen Drink zu nehmen. Die kann echt froh sein, dass ich so flexibel bin!
    Da sitzen wir nun an einer runden Retro-Bar mit Glitzersäulen und Salsa-Mucke, sie in ihrem flussbettfarbenen Old-Economy-Business-kostümchen und ich mit meinem braungelben Lieblingshemd. Links von uns plappern aufgeregte Studenten über diesen und jenen Prof und anstehende Prüfungen. Meine Business-Begleitung hackt inzwischen emsig irgendwelchen Mist in einen grauen Laptop. Wie ein Specht auf Speed. Ich frage mich, wie viele Frauen einen Laptop mit zu einem Date nehmen, und tippe auf 0,1 Prozent. Ich hab inzwischen das vierte Pils. Nach dem dritten hab ich aufgegeben, mich dagegen zu wehren, den Businessplan gleich in der Kneipe zu machen. Keine drei Stunden kenne ich diese Frau, und doch hat sie es schon jetzt geschafft, mir das letzte Fünkchen Selbstachtung zu nehmen und es in ihr dummes, kleines MCM-Täschchen zu stopfen. Ich blicke durch den Barkeeper auf die schottischen Single Malts.
    »Wo siehst du die Fixkosten für dein Büro?«, schallt es von rechts.
    »Für die Dachrinnenreinigung brauch ich kein Büro!«
    »Also null!«
    »Genau!«
    Es ist ein Wunder. Alles, was ich sage, macht diese Frau binnen Sekunden zu einer Zahl.
    Wie viel Weißwein muss ich ihr wohl noch bestellen, bis sie mitsamt ihrer blöden Excel-Tabelle vom Hocker in die Lounge-Ecke kippt?
    »Wie viele Dachrinnen schaffst du pro Woche, nur so Pi mal Daumen?«
    »Eintausend!«
    »Was brauchst du zum Leben im Monat, inklusive Miete und allen Versicherungen?«
    »Einen halben Euro!«
    Dörte tippt den halben Euro in Spalte F und nippt an ihrem Wein. Der Barkeeper, ein etwas zu gut gelaunter Twen in 70er-Jahre-Klamotten, schenkt mir Glas putzend ein tröstendes Lächeln.
    »Businessplan!«, erkläre ich mit einer ausschweifenden Armbe-wegung.
    »Muss schon sein!«, bestätigt er mir desinteressiert und stellt das blank polierte Glas ins Regal. Und dann kommt meine Rettung durch die Tür. Die Rettung ist sehr groß, und sie hat keinen Hals. Gestern noch hätte ich mich mit einem filmreifen Sprung hinter den Tresen gerettet, jetzt umarme ich ihn.
    »Popeye! ! ! «
    Auch Popeye freut sich, mich zu sehen. Er trägt wieder ein Pitbull-Germany-T-Shirt, diesmal allerdings ist es weiß mit schwarzer Schrift.
    »Hey! Na, bist ja wieder auf den Beinen, Snoopy!«
    Ich bin nicht nur wieder auf den Beinen, sondern auch hellwach, rücke wie ein perfekter Gastgeber den Hocker neben mir zurecht, dass Popeye sich setzen kann, und bestelle ihm ein Pils. Ich erkläre Dörte, dass mir Popeye heute das Leben gerettet hat und die Beine hochgelegt und dass ich ihn aus dem Schwulenfitnessclub kenne und dass er viel stärker ist als ich und mir das gefällt und dass es da so Codes gibt und dass Snoopy bedeutet, dass ich es von hinten mag.
    Fast wirkt sie ein bisschen traurig, als sie Windows XP Professional runterfährt und ihren Laptop zuklappt. Ich schreibe ihr meine E-Mail-Adresse für den Businessplan auf: [email protected]. Das dürfte reichen, um nie wieder was von ihr zu hören. Wenn ich nicht allzu

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