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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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besoffen nach Hause komme, richte ich die Adresse vielleicht sogar noch ein. Mein Putzfrauendate nimmt den Bierdeckel mit der Mailadresse stumm entgegen, dann geht sie mit ihrem MCM-Sumpfhuhn-Täschchen und ihrem grauen Businessmäntelchen, ohne zu gackern, aus der Tür. Und wenn sie nicht zufällig Philippe Starck am Büdchen trifft, dann wird sie die letzte Bahn nehmen und noch von dort aus mit ihrer besten Freundin telefonieren. Was sie falsch mache, wird sie fragen, und wenn ihre beste Freundin nicht vollkommen matschig in der Birne ist, dann wird sie so was sagen wie: Alles!
    DIE ROTE EULE FRAKTION
    »Du hast einer Achtjährigen ein Fotohandy verkauft, inklusive Jahresvertrag?«
    Ich mache meiner Chefin nicht die Freude, verschämt zu Boden zu schauen. Stattdessen beobachte ich durch die Lamellen der Bürojalousien, wie sich einige schlecht angezogene Passanten vor dem respektablen Platzregen in Sicherheit bringen, der eben eingesetzt hat. Im US-Café gegenüber schäumt das Starbucksmädchen gerade Milch für einen speckigen Glatzkopf auf. Vielleicht hat Phil ja Recht und ich sollte meine Starbuckshaltung revidieren. Wenn ich meinen weißen Telekomhintern nicht in ihren Laden bewege, dann kann ich meine Traumfrau auch nicht kennen lernen, so einfach ist das. Natürlich könnte ich auch mal eben »Heiratest du mich?« an die Scheibe schreiben, aber Spiegelschrift ist schwer.
    Heiraten. Auch nicht das Schlechteste. Es soll ja Frauen geben, die dafür wie gemacht sind. Das Starbucksmädchen, das sehe ich sofort, ist so eine Frau. Eine echte Schönheit, eine Bellezza von Welt, das spürt man sogar aus der Ferne. Alles an ihr ist perfekt: ihre glänzenden, schulterlangen schwarzen Haare, das zarte, mandelbraune Gesicht mit den vollen Lippen und ihre atemberaubende Figur. Lara Croft bekäme neben ihr garantiert einen Heulkrampf vor Neid und würde sich vor ein Pizzataxi werfen. Das Sensationellste aber ist der vampartige Schlafzimmerblick des Starbucks-Mädchens. Ein Blick, der dir den Magen binnen Sekunden so fest einschnürt wie einen bayerischen Rollbraten. Ein Blick, der dich auf den kalten Platten der Fußgängerzone festtackert und dich eine Million Euro für einen einzigen Kuss auf die Wange zahlen lassen würde. So ein Blick ist das. Die Reichweite dieses Vampblickes ist enorm, denn einmal, so meine ich, haben sich unsere Blicke durch die Scheiben getroffen. Ich konnte den ganzen Tag nichts mehr essen vor lauter Magenflirren. Jetzt lächle ich runter zu ihr ins Café, doch offenbar ist meine Reichweite heute geringer, denn die Milchschaum-Bellezza bedient bereits den nächsten Kunden, ohne mich zu bemerken. 0 ja, sie wäre es tatsächlich wert, sie sofort aus diesem Mistladen rauszuholen und sie in meinem gelben Peugeot in die Karibik zu bringen. Ich würde ein Haus mieten und noch am Nachmittag Zwillinge zeugen, trotz Jetlags. Wegen unserer Kinder sollten in der Nähe des Hauses natürlich sowohl ein internationaler Kindergarten als auch eine renommierte Schule sein.
    Ich muss sie ansprechen. Weil jeder Mann die Frau ansprechen muss, bei der es schon aus hundert Meter Entfernung im Magen kribbelt. Das hat die Natur nicht aus Spaß so eingerichtet. Die Natur hat nämlich keinen Humor, das sieht man an den ganzen Erdrutschen und Gewittern.
    »Ich rede mit dir, Simon!«
    Ach ja, und meine Chefin hat auch keinen Humor. Das ist nämlich eine keifende, paranoide Kuh, die es lediglich darauf abgesehen hat, mich fertig zu machen. Anfang dreißig, frigide und manisch depressiv, da ist es kein Wunder, dass es kein Mann länger als ein halbes Jahr mit ihr aushält. Und wahrscheinlich hat sie noch exakt drei Tage, vier Stunden und 45 Minuten bis zum finalen Eisprung. Paff! Das war's dann mit dem Nachwuchs. Pech gehabt. Ich lach mich tot. Meine Chefin ist nicht von Natur aus hässlich. Sie ist eventuell sogar ansatzweise attraktiv. Nur scheint sie jeden Morgen eine knappe Stunde damit zu verbringen, sich hässlich zu machen. Es würde ihr zum Beispiel schon mal besser stehen, wenn sie ein paar Hektoliter weniger Haarlack in ihre strohigen Haare pumpen würde. Dann sähe sie auch nicht so aus wie Sabine Christiansen nach einer einwöchigen Achterbahnfahrt. Das Beste ist die Brille. Groß und rund und aus schwarzem Kunststoff ist die. Sieht aus wie eine Eule damit.
    >Huhuhu<, macht die Eule und >Klack, klack, klack< ihr Stift.
    »Simon, bitte!«
    Ich antworte auch nicht schneller, wenn sie mit ihrem billigen Telekomstift

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