Vollmondstrand
Schotzl!«
Sie lief ihm entgegen.
»Na, du?« Er schloss sie in die Arme.
»Hast du sie erreicht? Vielleicht können wir ja das Haus kaufen?«
»Welches Haus denn?« Maria, die Arme, war nun gänzlich verwirrt: Rosi und Marti hatten ja ein Haus. Und, wenn einer von ihnen ausziehen würde, hätten sie sich dann so liebevoll begrüßt? Nein, sicher nicht. Und außerdem hatte Rosa ›wir‹ gesagt.
»Mensch!«
Maria fasste sich an den Kopf. Ihr schien gerade ein Licht aufzugehen: »Jetzt pack ich es! Zieht ihr weg?«
»Vielleicht?« Rosa sah Marti fragend an.
Damit hatte er nun nicht gerechnet, nicht mit dieser Frage.
31
Die Frauen hatten sich auf einen Kaffee an der Mole getroffen. Es war ein sonniger Tag, sodass sie, in Decken eingehüllt, draußen sitzen konnten.
»Du meinst wirklich, ich kann da mitmachen, obwohl ich noch nie etwas gemalt habe?« Rosa legte die Stirn in Falten.
»Ach, Rosi, jetzt stell dich nicht so an. Ich kenn dich lang genug. Ich weiß, dass du schon als Kind interessante Bilder gemalt hast.«
Als Kind, dachte Rosa. Was macht man da nicht alles.
»Hoho!«, Rosa verstellte ihre Stimme auf Zirkusdirektor. »Hier sehen Sie Frau Magister Art Wunderkind, die mit 14 den Wettbewerb für ›Wie ich mir das Schlaraffenland vorstelle‹ für sich entscheiden konnte! – Na gut, wenigstens kann ich in deiner Nähe sein und du liest mir die Leviten, wenn ich im Selbstmitleid bade.«
Maria war froh, dass sie die Freundin überreden konnte, an ihrem ersten Malkurs teilzunehmen. Ihr selbst hatte die Malerei bislang viel gebracht: Trost, Freude, Entspannung. Manchmal war es einfach erleichternd, dass sich etwas veränderte, ohne dass darüber geredet wurde. Welch herrliche Abwechslung!
»Her mit den Farben!«, Rosa war wieder die Alte.
»Und«, sie schaute Maria fragend an, »bist du eine strenge Frau Lehrerin?«
»Aber wie, du wirst es noch sehen. Auf die Einhaltung der Pausen lege ich größten Wert!«
Sie mussten beide lachen. Was hatten sie schon alles miteinander durchgestanden! Die Volksschulzeit bei den geistlichen Schwestern im Ort, das Gymnasium im 19. Bezirk und dann das Studium mit dem gemeinsamen Zimmer im Internationalen Studentenheim. Man konnte glauben, sie hatten ähnlichere Gene als Rosa und Clara.
»Du bist meine Lieblingsschwester«, hatte Maria, das Einzelkind, einmal zu ihr gesagt.
»Ich trinke noch einen Kaffee, du auch?«, fragte Rosa und zündete sich eine Zigarette an. »Weißt du noch, wie die Klosterschwester vom Bindengürtel erzählt hat, in der Dritten? Meine Mutter hat schon Mini-Tampons besorgt gehabt und dann das!«
»Ja, was waren wir alle fromm, damals.«
»Zumindest fast alle!«
Rosa lachte laut auf.
»In Frankreich gibt’s ein Sprichwort: Die Mädels, die auf Kirchenbänken herumrutschen, haben die weichsten Hintern!«
»Jaja, da gibt’s einige, die, kaum aus der Hauptschule draußen, auch schon schwanger waren.«
»Wer weiß, was sie ihnen später noch in punkto Aufklärung erzählt haben?«, unkte Rosa und blies den Rauch betont hoch in die Luft. » Wir waren da schon in Wien! Aber apropos Frömmigkeit, deine Schwester, die Clara, hatte ja einen Hausaltar im Zimmer!«, erinnerte sich Maria.
»Genau, wir mussten uns alle bekreuzigen, wenn wir vorbeigegangen sind. Das war mühsam: Klopfen, reingehen, bekreuzigen, ›Essen ist fertig‹ sagen, umdrehen, bekreuzigen, dann erst ließ sie mich wieder raus!«
»Ha, die hatte dich ganz schön unter Kontrolle, die gute Clara, was?«
»Sie hat gedroht, sie würde es sonst der ›lieben Schwester‹ erzählen!«
»Waren eure Eltern denn so religiös?«
»Nein, aber restlos fasziniert von Claras Engagement in der Schule, und dann wurde ich natürlich auch dorthin geschickt. Im Prinzip war es Zufall, dass Clara in der Klosterschule gelandet ist, sie lag einfach näher.« Sie dämpfte ab.
»Von Zufall kann man bei dir ja nicht sprechen, Mariechen, was?«, fuhr sie fort.
»Ich kann von Glück reden, dass sie mich wieder rausgelassen haben.«
»Dafür hast du dir auch einiges geleistet!« Rosa lachte auf.
»Was meinst du?«, wollte Maria wissen.
»Na, mit den Krippenfiguren Fußball gespielt und getestet, wer am weitesten fliegen kann …«, half sie ihrer Freundin auf die Sprünge.
»Das Jesulein natürlich, das war ja gesegnet …«
Jetzt musste auch Maria schmunzeln.
»Oder wie du beim Chor-Auftritt am Altar der Koczi Hasenohren gemacht und sie nachgeäfft hast. Dass du dich nicht zumindest vor
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