Vom Alptraum verfolgt
schon zu spät. Ich
schlug die Tür zu und schaffte es, sie im Wohnzimmer einzuholen.
»Was haben Sie da getrunken ?« Sie deutete auf das auf der Seitenlehne meines Stuhls
balancierende Glas.
»Scotch auf Eis und ein bißchen
Soda«, sagte ich automatisch. »Hören Sie mal! Was zum...?«
»Ich möchte auch einen haben !« Sie begann, ohne Eile ihren Regenmantel aufzuknöpfen.
»Sie haben wohl nicht alle Ihre
biologischen Miniaturtassen im Schrank ?« kläffte ich.
»Sie platzen hier einfach in meine Wohnung und...«
»Ich gehe in dem Augenblick
wieder, in dem Sie zugegeben haben, daß ich im Recht war«, sagte sie leichthin.
»Inwiefern ?« brummte ich mißtrauisch.
»Daß all Ihre aggressiven
Komplexe auf eines hinauslaufen: Impotenz !«
»Sie sind wirklich
übergeschnappt !« knurrte ich.
»Na schön!« Sie zuckte die
Schultern. »Wenn Sie es nicht zugeben wollen, muß ich es Ihnen wohl beweisen.
Oder vielleicht fehlt es Ihnen am nötigen Mut ?«
Ich starrte sie ein paar
Sekunden lang verdutzt an, während mir langsam klar wurde, daß sie es ernst
meinte. Aber, zum Kuckuck — vielleicht wurde die Sache interessanter als eine
Partie Gin Rommé.
»Okay«. Ich grinste sie an.
»Die Bühne steht ganz zu Ihrer Verfügung, Miss Allen, Beweisen Sie es .«
»Ich glaube, Sie nennen mich
besser Kaye, bevor wir anfangen«, sagte sie forsch. »Sonst könnte Ihnen die
Situation plötzlich komisch vorkommen — und das möchte ich nicht. Ich nehme an,
daß selbst Polizeilieutenants über Vornamen verfügen ?«
»Al.«
»Al?« Sie rümpfte leicht die
Nase. »Ich glaube, das überrascht mich nicht. Al paßt sehr gut zu Ihnen .«
»Nachdem wir also nun dicke
Freundschaft geschlossen haben, was kommt als nächstes ?« fragte ich ungeduldig.
»Mein Scotch«, sagte sie
beiläufig. »Erinnern Sie sieh ? Der Scotch auf Eis und
was sonst noch dazu gehört — dasselbe, was Sie trinken.«
Sie zog ihren Regenmantel aus
und warf ihn achtlos auf die Couch. Darunter trug sie noch immer jenen weißen
Kittel, den sie in der Forschungsstiftung getragen hatte. Ich kannte eine Menge
Leute in weißen Kitteln, die sich Verrückter annahmen, dachte ich verbittert,
aber dies war bestimmt die erste Verrückte, die sich der Leute annahm. Und ich
forderte sie auf, weiterzumachen und ihre Theorie zu beweisen. Da dies
bedeutete, daß mir keine andere Wahl blieb, als zu tun, was mir befohlen wurde,
ging ich in die Küche hinaus und goß ihr einen Scotch auf Eis mit ein wenig
Soda ein.
Als ich ins Wohnzimmer
zurückkam, saß sie in meinem Sessel, die Beine fein säuberlich
übereinandergeschlagen, den Saum ihres weißen Kittels sittsam so weit heruntergezogen,
daß er ihre Knie bedeckte.
»Hier ist der Scotch — ganz wie
Sie verlangt haben«, ich hielt ihr das Glas unter die Nase, »-Kaye !«
»Danke .« Sie nahm mein Glas von der Armlehne und hielt es mir meinerseits unter die
Nase. »Und hier ist Ihres — Al !«
Wir tauschten die Gläser und
starrten einander eine Weile an, bis mich ihre porzellanblauen Augen wieder zu
irritieren begannen — lassen sie je Anzeichen irgendwelchen Lebens erkennen?
»Das hier ist Ihre Party — Kaye«,
erinnerte ich sie. »Was geschieht nun ?«
»Wir wollen anstoßen«, sagte
sie ernsthaft. »Ex !«
»Worauf stoßen wir im einzelnen an ?«
»Auf nichts, um ganz ehrlich zu
sein«, sagte sie gelassen. »Aber dieses Experiment ist wirklich ziemlich gewagt
— jedenfalls für mich —, und so bedarf ich eines kleinen künstlichen Tricks, um
mir für den Anfang Mut zu machen. Deshalb muß auch ausgetrunken werden .«
»Okay«, sagte ich leichthin.
»Sie sind schließlich die Gehirnschlosserin. Ex !«
Ich trank mit einem einzigen
langen Schluck mein Glas leer. Kaye Allen brauchte dazu zwei, aber dann fiel
mir zögernd ein, daß sie anders als ich ihr erstes Glas trank.
»Was jetzt ?« fragte ich.
»Seien Sie nicht so ungeduldig !« Sie räusperte sich versuchsweise. »Der Scotch war gut!
Nun werden wir uns eine Weile unterhalten, setzen Sie sich also auf die Couch
und benehmen Sie sich anständig, Al !«
Sie diktierte noch immer die
Spielregeln, und so setzte ich mich gehorsam ihr gegenüber auf die Couch.
Nachdem zwei Minuten verstrichen waren, wurde mir das große Schweigen zuviel .
»Brauchen Sie wirklich diese
Brille ?« fragte ich sie. »Oder ist sie auch nur ein
Bestandteil Ihres Abwehrmechanismus? Sie wissen schon : Men never make passes at girls who wear glasses .«
»Hier wird Dorothy
Weitere Kostenlose Bücher