Vom Alptraum verfolgt
sich dicht hinter
mir, gefolgt von den anderen. »Setzen Sie sich doch, Lieutenant. Oben an den
Tisch, bitte. Schließlich sind Sie heute hier Ehrengast !«
Ich setzte mich oben an den
Tisch. Landau ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder und winkte Kaye,
dasselbe auf der anderen Seite zu tun. Vicki blickte ihn fragend an, und er
nickte. »Gewiß, mein Liebes , trag sofort auf. Und
eine Flasche guten Rotweins, glaube ich. Dies ist ein festliches Ereignis,
zugegebenermaßen unerwartet, aber trotzdem ein festliches Ereignis .«
Altman ließ für Vicki einen
Stuhl neben ihrem Vater frei und setzte sich dann. Gerard saß neben Kaye. Und
alles war bereit für ein gemütliches, familiäres Mittagsmahl, fand ich.
»Kaye hatte völlig recht«,
sagte Landau im Plauderton, »ich habe seit dem Tod des armen Bob jedes Zimmer
mit einer Abhörvorrichtung versehen lassen. Wir waren einfach von ihren
unglaublich phantasievollen Theorien fasziniert, Lieutenant !« Das Echo seines dröhnenden Gelächters prallte förmlich gegen die Wände, immer
hin und her, bis es klang wie im Inneren einer Gespensterbahn — oder eines
Irrenhauses.
»Ah, Lieutenant!« Seine
Heiterkeit ließ allmählich nach. »Sie sollten Schriftsteller werden! Was für
eine Vergeudung der Natur, einen solchen Geist mit dem Leib eines
Polizeibeamten auszustatten!«
Vicki servierte das Haschee und
schenkte den Rotwein ein. Danach setzte sie sich neben ihren Vater und warf mir
einen eisigen Blick zu. »Es muß gestern nacht ziemlich wild bei Ihnen zu Hause zugegangen sein, Lieutenant. Kaye sah heute morgen entschieden erschöpft
aus, und Sie wirken ein bißchen — spitz im Gesicht. Der Unterhaltung nach zu
schließen, die wir belauscht haben, muß es sich wohl um eine Art Sauforgie
gehandelt haben — abgesehen von der Sexorgie ,
natürlich .«
»Vicki, Liebling«, sagte Landau
gut gelaunt, »du darfst unseren Ehrengast nicht beleidigen .«
»Das macht mir nichts aus«,
versicherte ich ihm. »Das Haschee ist großartig. Es erinnert mich an etwas, das
mein Onkel immer zu sagen pflegte: >Wenn du schon ein Luder heiratest, dann
heirate wenigstens eins, das kochen kann !< « Ich sah
mich unschuldig lächelnd in der Tafelrunde um und zog mir eine Kollektion
eisiger Blicke zu.
»Ungeschliffenheit ist
abstoßender als irgend etwas anderes, finde ich«,
sagte Vicki in sachlichem Ton und sah dabei ins Leere. »Es ist eben doch
wichtig, was für eine Herkunft man hat .«
»Oder in welches
Bestattungsinstitut man geht«, fügte ich liebenswürdig hinzu.
Landau warf den Kopf zurück und
brach in Gelächter aus. »Eins zu null! Lieutenant — nur zum Spaß — , warum fahren Sie nicht in Ihrem phantasievollen kleinen
Spiel fort, das Sie oben in Kayes Zimmer begonnen haben? Wir würden gern
mitspielen, liebend gern !«
»Den Verräter herauszufinden ?« sagte ich. »Warum nicht?« Ich blickte Kaye an und sah die
panische Angst. »Eins muß ich wissen«, sagte ich leise, womit kann dich Kirby
erpressen ?«
»Fotografien«, sagte sie und
starrte auf den Teller vor sich.
»Was für Fotografien?«
»Gewisse reizend intime Szenen
in einem Hotel, unbemerkt von einer Kamera im Hintergrund aufgenommen«, sagte
sie mit ausdrucksloser, monotoner Stimme, die so klang, als befände sie sich am
Rand eines hysterischen Anfalls. »Es sind nur zwei Leute darauf. Ich — und Max
Landau!«
Es gab einen scharfen
zischenden Laut, als Vicki heftig ihren Atem einzog. »Du lügst schon wieder«,
sagte sie mit schriller Stimme, »du dreckige, kleine... !«
»Vicki !« fuhr sie Landau an, und sie brach ab, aber ihre Augen sagten die Worte, die sie
unterdrückt hatte, immer und immer wieder.
»Inwiefern sind sie zur
Erpressung geeignet ?« fragte ich Kaye. »Der einzige
Mensch, den sie verletzen können, ist Vicki. Und das hätte dir doch kein
Kopfzerbrechen gemacht ?«
»Im Krankenhaus, als ich Mrs. Landau erklärte, ich würde vor Gericht aussagen, daß
ihr Mann mich, als ich Gast in seinem Hause war, vergewaltigt habe, wurde ich
von ihr schließlich mit einem Scheck über fünfundzwanzigtausend Dollar
abgefunden.« Sie schloß ein paar Sekunden lang die Augen. »Diese Fotos wurden
später im selben Jahr aufgenommen — es ist ganz offensichtlich, daß ich darauf
nicht älter als achtzehn oder neunzehn bin. Das Bild der lilienweißen
zerstörten Unschuld konnte daraufhin wohl kaum aufrechterhalten werden, nicht
wahr ?« stellte sie mit Bitterkeit fest. »Ich fürchte,
daß ihre
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