Vom Baum Der Erkenntniss
greift in die große Vorrathskammer der Sprache tiefer, als seiner Originalität gut ist. Die Flickwörter »ja,« »wol,« »freilich,« »nämlich« lösen den klarsten Denkproceß und festesten Periodenbau in eitel Unentschiedenheit auf.
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Jemand hat der Poesie des Tages vorgeworfen, daß sie bei weitem hinter den gegenwärtigen großen Leistungen der bildenden Kunst zurückgeblieben wäre; wo wären, fragt er, in unsrer gleichzeitigen deutschen Poesie nur allein die Parallelen zu Rauch, Cornelius, Overbeck, Veit, Lessing, Kaulbach. Rietschel u.s.w.? Wirerwiedern, daß es richtig sein mag, das klassische Zeitalter der deutschen Kunst für später gekommen anzunehmen, als unsere classische Literatur kam. Aber man vergesse Eines nicht! Wenn die deutsche Literatur zur Herstellung ihrer Schöpfungen noch eine andere technische Fertigkeit, die man sich handwerksmäßig erwirbt, in Mitthätigkeit versehen könnte, eine andere als die, nur mit der Feder auf weißes Papier zu schreiben, so würde sie in dem Falle, daß schon allein diese Fertigkeit dem nächsten so außerordentlich bestechenden Effekt der Maler und Bildhauer gleichkäme, hinter den genannten Erscheinungen nicht zurückbleiben, ja sie vielleicht übertreffen.
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Dichter und Künstler, kümmert euch doch nicht um die Weisheit der Aesthetik! Gleicht der Spinne! Diese klettert bereits an den Fäden hinauf, die sie sich eben erst aus ihrem Körper spinnt. Indem sie spinnt, macht sie sich selbst ihre Leiter, um weiter zu klimmen, und die Wanderspinne baut sich sogar ihren eignen Wolkenwagen, indem sie schon drauf fährt.
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Dreihundert Soldaten, las ich kürzlich, für den König von Preußen weniger und die Mittel wären da, eine Akademie für Dichter und große Stylisten zu begründen. Auf den Gedanken einer Akademie sollte man in unserm Jahrhundert nur noch kommen, um in anständiger Form den Genius vor Mangel zu beschützen.
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Für sein erstes Werk ist der Schaffende selten ehrgeizig, erst für sein zweites.
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Künstler nenn' ich den, der dem vom Nachdenken Erfundenen, ja demjenigen, das schwer und mühsam den Erwägungen über das hier Bessere, dort Notwendigere oder Nützlichere abgerungen wurde, den leichten Schein des Natürlichen und sich wie von selbst Verstehenden zu geben weiß.
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Es ist traurig, für wieviel gelehrten Hochmuth und Dünkel der Name Goethe's als Beschönigung dienen muß.
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Wenn ihr Musiker der Zukunft doch nicht glauben wolltet, daß es die Musik veredelte, wenn sie sich dem Wort gleichsam als Seele und Blüthe desselben entschwingt oder sich als bunter Schmetterling nach kurzem freien Flatterfluge immer wieder auf dem Worte niederläßt! Nur in der weitesten Entfernung vom Wort liegt das Reich der Töne. Was der Ton sagt, muß ein in Worten Unaussprechliches sein. Findet doch euern Ruhm in solchen absoluten Tonfreudigkeitsausbrüchen, denen selbst ein Shakspeare, ein Goethe nur ohnmächtig nachzustammeln vermöchten!
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Die Anlage der Deutschen zur Dichtkunst beruht auf keinem Uebermaß von Phantasie, sondern nur auf der uns eigenen Vermählung des Gedankens mit dem Gemüth.
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Wenn im Drama Leidenschaft, Irrthum und dunkles Geschick die schreiendsten Dissonanzen zu einem Chaos gehäuft haben, so bildet allein der Tod den versöhnenden Schlußakkord. Bestreitet der Witz und die Weichlichkeitunsrer Zeit diese Lehre, so ist sie doch die in uns tief begründete. Kein Gedicht, das tragische Conflicte ohne den Tod oder durch etwas, was dem Tode gleichkommt, löste, wird sich erhalten.
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Man hat Goethe vorgeworfen, daß er sich in seinen alten Tagen mit Mittelmäßigkeiten umgab. Aber man kann in der That keinem bedeutenden Menschen verdenken, wenn er zuletzt in dem Werben um die Zustimmung der ihm Gleichstehenden müde wird und sich die Huldigung derer genügen läßt, die ihm vollständig neidlos und gern das zugestehen, was er sich in Ehren erworben hat.
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Niemand braucht mehr gelehrte Ausdrücke als der Halbwisser. Während sich der Forscher in der Fülle seiner Kenntnisse behaglich ergeht und oft mit seinem Stoff, ihn gründlich handhabend, zu spielen scheint, hält sich der Dilettant mit Wohlgefallen an das Wenige, das er weiß, und kann es nicht hoch genug hinaufschrauben und dunkel genug dem Laien verhüllen. Daher kommtes, daß eine wahrhaft populäre und allgemein faßliche Darstellung seiner Wissenschaft immer auch nur dem Meister gelingt.
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Man beurtheilt den wahren Werth eines
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