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Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Titel: Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Warner
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Verlagswesen und die Bibliotheken von Grund auf verändern“.
    Nicht zufällig fand sich in dieser Sonderausgabe zum Thema „Communication Tools for the Information Age“ auch ein Hinweis auf die erste CD-Rom-Version des Whole Earth Catalogues selbst.
    Zu diesem Zeitpunkt war auch Microsoft schon mit der „Bookshelf“-Suite auf den Plan getreten. Die CD-ROM-Kollektion aus dem Jahr 1987 enthielt ein Dutzend Nachschlagewerke, so etwa „Roget’s Thesaurus of English Words and Phrases“, das „American Heritage Dictionary of the English Language“, den „World Almanac and Book of Facts“, „Bartlett’s Familiar Quotations“ etc.
    Auf Grundlage des Bookshelf-Interfaces brachte Microsoft 1993 mit „Encarta“ dann eine eigene multimediale Enzyklopädie auf CD-Rom heraus, die auf Hyperlinks setzte und sich intuitiv benutzen ließ. Ursprünglich wollte Microsoft dabei mit der Encyclopedia Britannica zusammenarbeiten. Doch der altehrwürdige Lexikonverlag befürchtete negative Auswirkungen auf den Verkauf der gedruckten Version. So wurde der Software-Gigant aus Redmond schließlich mit dem US-Verlag Funk & Wagnalls handelseinig. Der Encyclopedia Britannica hat das jedoch nicht geholfen. Die Umsätze brachen trotzdem ein, nur drei Jahre nach dem Start von Encarta stand der Verlag kurz vor dem Bankrott und musste verkauft werden.
    Die Historikerin Yoni Appelbaum führt den raschen Bedeutungsverlust der mehrere Regalmeter füllenden Edition auf einen kulturellen Bruch zurück. Seit Encarta stand plötzlich nicht mehr die repräsentative Funktion der Enzyklopädie im Vordergrund, sondern die Benutzbarkeit. „Ich habe den Verdacht, dass niemand jemals die gedruckte Britannica wirklich geöffnet hat.“ Tatsächlich zeigten Marktstudien des Verlages selbst, dass der typische Besitzer der Enzyklopädie seltener als einmal pro Jahr in die Bände hineingeschaut hat. „Wissen wurde durch Encarta nicht günstiger, die Technologie trat ganz einfach an die Stelle des Lexikons. Übereifrige Eltern konnten nun ihrem Junior einen PC kaufen statt der Britannica“, so Appelbaum. Bill Gates’ Strategie ging auf: gebündelt mit der Encarta-CD-Rom ließ sich der PC (inklusive CD-Rom-Laufwerk natürlich) als Wissensmaschine verkaufen.
    Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass am Ende sowohl Encarta wie auch die Encyclopedia Britannica einem dritten Medium zum Opfer fielen: dem World Wide Web. Das schnell wachsende Internet bremste schon gegen Ende der 1990er Jahre deutlich den Siegeszug der CD-ROM als Wissensspeicher. Dann kam auch noch Wikipedia. Das nach dem Mitmach-Prinzip funktionierende, kostenlos zugängliche Online-Lexikon zerstörte seit seiner Gründung 2001 in wenigen Jahren nicht nur das Geschäftsmodell gedruckter Nachschlagewerke, sondern auch das von CD-Rom-Enzyklopädien. Die letzte Version von Encarta wurde 2009 auf Rohlinge gepresst, die letzte aktualisierte Ausgabe der gedruckten Britannica stammt von 2010. Microsofts Begründung für das Ende von Encarta kann man getrost auch als Formulierungshilfe für die Einstellung von Lexikonprojekten aus Papier nutzen: „Die Menschen recherchieren und nutzen Informationen heutzutage auf völlig andere Art und Weise, als es noch vor wenigen Jahren der Fall war.“

1990er Jahre: Von der Hyperfiction zum Rocket eBook
    Im Garten der Pfade, die sich verzweigen
    Bei dem Wort „Hypertext“ denken Digital Natives sofort an das World Wide Web mit seinen unendlichen Verlinkungen, die per Mausklick von Dokument zu Dokument führen. Die ursprüngliche Idee datiert jedoch viel weiter zurück als dieser durch „Hypertext-Markup-Language“ (HTML) geprägte Teil des Internets. Schon in den 1960er Jahren entwarf Computerpionier Ted Nelson das Konzept der Vernetzung von Texten:
    „Unter Hypertext verstehe ich das nicht-sequentielle Schreiben, Text, der sich verzweigt und dem Leser eine Auswahl ermöglicht, und am besten auf einem interaktiven Bildschirm gelesen wird. Im allgemeinen Verständnis geht es dabei um eine Reihe von Textblöcken, die miteinander verbunden sind und dem Leser verschiedene Wege anbieten, sich durch sie hindurch zu bewegen.“
    Als eine der ersten marktgängigen Hypertext-Anwendungen gilt die für Apple entwickelte virtuelle Karteikarten-Software „Hypercard“. Seit 1986 gehörte sie zum Standard-Repertoire der ersten Macintosh-Computer. Wie der Name schon verrät, ließen sich mit Hypercard die Informationen auf einzelnen virtuellen Karteikarten mit

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