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Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Titel: Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Warner
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Rechnerarbeit’ nichts produzieren könnte, was der ihm geschenkten Menge an wertvoller Rechenzeit gleichkäme. Deswegen musste er einen Gegenwert in anderer Form schaffen. So verkündete er, der größte Wert einer Rechenmaschine wäre nicht das Rechnen, sondern das Speichern, Abrufen und Suchen der Informationen, die in unseren Bibliotheken gespeichert sind.“ (Michael Hart, The History and Philosophy of Project Gutenberg)
    Bei der Verbreitung des ersten E-Books der Welt konnte sich Hart auf eine weitere technische Errungenschaft stützen. Das „Materials Research Lab“ der Universität von Illinois war nämlich einer von damals 15 Netzwerknoten im ARPANet, dem Vorgänger des Internets. Theoretisch hätte Hart das erste E-Book der Welt deswegen sogar schon per E-Mail verschicken können. Doch mit fünf Kilobytes war die Datenmenge so groß, dass eine Überlastung des Netzwerks drohte. Deswegen informierte Hart seine Kollegen auf dem Wege der elektronischen Post lediglich, wo die Textdatei abgelegt war. Daraufhin wurde das erste E-Book von sechs Personen heruntergeladen – für damalige Verhältnisse fast schon ein virales Ereignis.
Damit war nicht nur technisch, sondern auch konzeptuell der Grundstein für das Project Gutenberg gelegt: Wenn alles, was in den Computer eingegeben wurde, sich in unendlicher Zahl vervielfältigen ließ, dann konnte man mit Hilfe dieser „Replikator-Technologie“ so viele Bücher wie möglich für so viele Menschen wie möglich verfügbar machen, und zwar kostenlos. Das enthusiastische Mission Statement lautete:
    “Die Entstehung und Verbreitung von E-Books fördern.“
“Die Überwindung von Unwissen und Analphabetismus unterstützen.“
“Den Menschen so viele E-Books wie möglich geben.“
    Die unbegrenzte Verbreitung funktionierte freilich nur bei Texten, die nicht mehr urheberrechtlich geschützt waren. Michael Hart war zwar kein Freund des Copyrights, aber auch kein Datenpirat. Somit bestand und besteht die virtuelle Bibliothek des Project Gutenberg vor allem aus Werken, die vor 1900 geschrieben wurden. Bei technischen Beschränkungen zeigte sich der Erfinder des E-Books allerdings kompromisslos. Um die elektronischen Texte buchstäblich auf 99 Prozent aller bestehenden und zukünftigen Hardware lesbar zu machen, setzte Hart auf den strengen Standard des ASCII-Codes ( American Standard Code for Information Interchange), scherzhaft auch „Plain Vanilla ASCII“ genannt. Kursivierungen, Fettdruck oder Unterstreichungen wurden in Großbuchstaben verwandelt.
    Harts ambitioniertes Ziel bestand darin, bis zum Jahr 2000 mindestens 10.000 Bücher zu digitalisieren. Das schien Anfang der Siebziger Jahre reine Utopie , denn die Texte mussten mühsam abgetippt und auf Fehler überprüft werden. Bis 1987 kopierte der Gründer von Project Gutenberg in seinem modernen Skriptorium – zusammen mit fleißigen Helfern – auf diese Weise immerhin mehr als 300 Werke aus dem Bereich der Public Domain. Danach kamen dann auch Scanner und Texterkennungs-Software zum Einsatz. Doch letztlich sorgte erst das World Wide Web für genügend Manpower und technische Ressourcen, um das hochgesteckte Ziel (beinahe) zu erreichen. Die Zahl von 10.000 digitalisierten Klassikern wurde nämlich 2003 tatsächlich erreicht.
    Zu diesem Zeitpunkt lag Micheal Harts Pioniertat technisch gesehen schon ein ganzes Zeitalter zurück. Ein Problem bereitete neben der manuellen Arbeit in der Startphase bereits der knappe Speicherplatz:
„Als wir anfingen, mussten die Dateien sehr klein sein, denn bereits ein normales Buch mit 300 Seiten nahm ein Megabyte ein. Eine solche Menge an Speicherplatz besaß im Jahr 1971 niemand. So schien die Unabhängigkeitserklärung mit nur fünf Kilobyte ein guter Startpunkt zu sein. Als nächstes folgte die Bill of Rights, danach die gesamte US-Verfassung, als der Speicherplatz wuchs (zumindest in den Maßstäben von 1973). Dann war die Bibel an der Reihe, da ihre einzelnen Bücher nicht so umfangreich sind, dann Shakespeare, ein Stück nach dem anderen, dann viele weitere Werke aus der einfachen und anspruchsvolleren Literatur, sowie Nachschlagewerke.“
    Die Bibel war für ein Projekt mit Gutenberg im Namen natürlich Pflichtprogramm – auch wenn Michael Hart sich der Unterschiede zwischen dem Druck mit beweglichen Lettern und den von ihm ins Leben gerufenen E-Texten bewusst war. Konnte man zu Gutenbergs Zeiten erstmals überhaupt Bücher zu einem vergleichsweise erschwinglichen

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