Vom Dämon besessen
mit der Sache anfangen sollen !«
SECHSTES KAPITEL
D er letzte Absatz des ohnehin
unzusammenhängenden amtlichen Schriftstücks verschwamm derart vor meinen
brennenden Augen, daß ich sie ein paar Sekunden lang in der vergeblichen
Hoffnung schloß, diese kurze Erholungsfrist würde genügen, um ihre gewohnte
Sehschärfe wieder herzustellen.
»Wie
lange braucht ein Mensch eigentlich, um eine einzige winzige Aussage zu lesen ?« knurrte eine ungeduldige Stimme. »Hat man sie eigens für
Sie ins Mandarin-Chinesisch übertragen, Rick ?«
»Es
ist Ihre eigene Schuld !« Ich öffnete meine Augen einen
Spalt breit und konnte ausreichend lang klar sehen, um den letzten Absatz zu
überfliegen und mit zitternder Hand meinen Namen darunterzusetzen. »Die
typische polizeiliche Terrortaktik! Einen Mann mitten in der Nacht anzurufen
und ihn dann zu dem üblichen erbarmungslosen Verhör auf die Polizeistation zu
schleppen — «
»Ich
habe bis acht Uhr dreißig gewartet, bis ich Sie angerufen habe«, sagte
Lieutenant Karlin milde. »Ich dachte, Sie hätten eine
Nachtruhe nötig, nach dem, was Sie bei Miss Astor mitgemacht haben müssen! Mann !« Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Das ist das
verrückteste Frauenzimmer, das ich in meinem ganzen Leben kennengelernt habe !«
Ich
warf die unterschriebene Aussage auf seinen Schreibtisch zurück und gähnte
entsetzlich. Schlaf war ein Wort, das für mich ohne Bedeutung war. Irgendwo in
der Tiefe meines Gedächtnisses lebte die vage Erinnerung an ein paar Minuten
Schlaf während der Nacht. Ärgerlicherweise war mein ganzes Erinnerungsvermögen
undeutlich und verschwommen. Gegen fünf Uhr morgens hatte Lisa vorgeschlagen,
wir sollten aufstehen und in die Küche gehen, denn sie sei hungrig. Daran
erinnerte ich mich mit einiger Bestimmtheit, denn mein Magen krampfte sich
jedesmal bei dem Gedanken an das fast rohe Steak und den Bourbon zusammen, die
wir auf Lisas Drängen hin zu uns genommen hatten, um unsere Kräfte zu erhalten.
Und ich erinnerte mich lebhaft an den erwartungsvollen Schimmer in ihren Augen,
als sie mich hinterher wieder ins Schlafzimmer geschoben hatte!
Und
dann hatte mein guter Freund — aber in erster Linie Polizeibeamter — Bill Karlin eben in der Sekunde angerufen, als ich mit einem
schnellen Schluchzer der Erleichterung darüber, daß Lisa nun endlich wie ein
unschuldiges — nun ja, jedenfalls wie ein Kind schlief, selbst die Augen
geschlossen hatte. Ich sollte auf die Polizeistation kommen, um eine Aussage zu
machen, und das bedeutete, daß ich sofort aufstehen und anschließend eine
protestierende Dame Prostett unter die Dusche
schleppen mußte, bevor sie auch nur die Augen öffnete. Zwei Tassen schwarzen
Kaffees hatten mich ausreichend lange lebendig erhalten, um Lisa vor ihrer
Wohnung abzusetzen, bevor ich zur Polizeistation fuhr. Ich erinnerte mich
deutlich an den Ausdruck auf dem Gesicht des Portiers, als eine verhärmt
wirkende, aber unglaublich wohlgeformte Blonde in einem knallbunten Hawaiihemd
und karierten Bermudashorts, deren Beine um ihre Waden schlappten, an ihm
vorüberschlich.
»Ihre
Angaben scheinen jedenfalls zu stimmen«, brummte Bill Karlin ,
»das heißt, soweit ich sie mit den Aussagen der anderen vergleichen kann .« Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich in
seinem Stuhl zurück. »Inwiefern waren eigentlich Sie an der Angelegenheit
interessiert, Rick ?«
»Ich
hatte einen Kunden, dem daran lag, daß Toni Astor wußte, was für einen Mann sie
eigentlich heiraten wollte«, sagte ich. »Er engagierte mich, damit ich für ihn
Nachforschungen über Gold anstellen und einen entsprechenden Bericht verfassen
sollte .«
»Wer
war der Kunde ?« fragte er.
»Sie
sollten sich was Besseres einfallen lassen, als solche Fragen zu stellen,
Bill«, sagte ich. »Und außerdem ist er jetzt ein Exkunde .«
»Ich
bin eigentlich zu lange Polyp, um mich noch über irgend etwas, das die Leute
tun, zu wundern«, brummte er. »Aber sie überraschen mich trotzdem immer wieder.
Dieses unsinnige Kunststück Golds — mit einem Fuß auf einem Geländer zu
balancieren, einen zwanzig Meter tiefen Abgrund auf der einen Seite neben sich !« Er schüttelte verwundert den Kopf. »Und dabei hatte er noch
nicht einmal getrunken .«
Ich
richtete mich langsam auf dem unbequemen Stuhl auf und starrte ihn einen
Augenblick lang an. »Sie sind also sicher, daß es sich um einen Unfall
gehandelt hat ?«
»Natürlich...
Um was sonst?« Dann bekamen seine
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