Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
drückte. Langsam ließ ich das Video zurücklaufen und holte überrascht Luft, als ein mir sehr vertrautes rotes Mercedes Cabrio ins Blickfeld fuhr. „Was zum Teufel ist denn jetzt los?“
Ich warf schnell einen Blick auf das Nummernschild, dann seufzte ich. Falscher Alarm. Es war doch nicht Elena Sharp.
Ich hielt das Video bei der Einstellung auf das Nummernschild an. Mit gerunzelter Stirn griff ich nach meinem Handy und rief die Zentrale in Beaulac an.
„Hier ist Detective Gillian. Ich brauche eine Halterüberprüfung.“
Ungefähr eine Minute später bedankte ich mich bei der Zentrale und beendete das Gespräch. Die gleichen roten Mercedes Cabrios. Es war nicht Elenas Wagen. Es war der ihres Mannes.
Ich überprüfte die Zeit auf dem Video. Dreiundzwanzig Uhr dreißig. Ich spulte die Szene ein paarmal vor und zurück, um genau den Punkt zu finden, an dem der Wagen die Wohnsiedlung wieder verließ: dreiundzwanzig Uhr fünfzig.
Ich lehnte mich zurück und betrachtete das eingefrorene Bild des roten Mercedes auf Tessas Fernseher. Ich fühlte mich ähnlich erstarrt. Ich war auf der Suche nach einer Verbindung zwischen Brian Roth und Davis Sharp. Jetzt hatte ich sie – aber ich musste immer noch herausfinden, was sie bedeutete. Vielleicht irrte sich Becky, die Fitnessbarbie. Vielleicht war es Brian, mit dem Elena geschlafen hatte, und nicht sein Vater. Falls es so war, hat Davis vielleicht herausgefunden, dass Brian und Elena miteinander ins Bett gehen, und Brian aus Rache getötet. Das wäre ziemlich plausibel. Aber das erklärte nicht Carols Tod.
Ich schüttelte den Kopf. Ich fing schon an, mich selbst zu überholen. Nur weil Davis in dem Wohnblock gewesen war, bedeutete das noch lange nicht, dass er Brian getötet hatte. Es hieß noch nicht einmal, dass er überhaupt bei Brians Haus gewesen war. Halt dich an das, was du sicher weißt , wies ich mich zurecht.
Bild für Bild ließ ich das Video vorlaufen. Schließlich war es möglich, dass Davis gar nicht am Steuer gesessen hatte.
Doch ein paar Bilder später war das unverkennbare Gesicht des Ratsmitglieds hinter dem Steuer zu erkennen. Aber da ist jemand bei ihm . Vielleicht seine Frau? Falls er vorhatte, ihren Liebhaber zur Rede zu stellen, würde er sie dann zwingen mitzukommen? Leider machte es der Winkel der Kamera unmöglich, mehr als einen dunklen Schatten auf dem Beifahrersitz auszumachen. Ich stieß mehrere böse Flüche aus, während ich das Video Bild für Bild vor- und zurücklaufen ließ und jedes einzelne nach einer Spur des Beifahrers absuchte. Ich wusste, dass es ein Mensch war, denn ich sah, dass er sich bewegte, aber mehr war einfach nicht herauszubekommen. Ich machte ein finsteres Gesicht. Im Film würde der Detective das Video jetzt einfach zur Kriminaltechnik bringen, und irgendein Computerspezialist würde auf geradezu magische Weise die Spiegelung und die Windschutzscheibe entfernen und die Auflösung hochrechnen, sodass man den Beifahrer identifizieren konnte.
„Verfluchte Steinzeittechnik“, murmelte ich.
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Obwohl mir bewusst war, dass auch die Vergrößerungsmöglichkeiten bei einem Video ihre Grenzen hatten, wollte ich die DVD trotzdem an die Kriminaltechnik schicken, um herauszufinden, ob man irgendetwas mit den Bildern machen konnte. Aber in der Zwischenzeit musste ich mich auf eine Beschwörung vorbereiten, also kehrte ich wieder zu meinem ursprünglichen Plan zurück, Energie anzusammeln, Kekse und Schokolade zu essen und mir Filme anzusehen. Als es schließlich Abend war, litt ich an einer Zuckerüberdosis, das Dachgeschoss war angenehm kühl, und – was noch wichtiger war – mein hübsches kleines Speicherdiagramm war angefüllt mit Energie, die ich ihm im Laufe des Tages zugeführt hatte, und es hielt sie perfekt fest. Obendrein fühlte ich mich nicht besonders müde oder ausgelaugt. Es war eben ein Unterschied, ob man einen Kilometer rannte oder ihn gemütlich mit mehreren Pausen hinter sich brachte. Daran konnte ich mich gewöhnen.
Ich hatte in der Kammer meiner Tante schon Beschwörungen durchgeführt, aber noch nie allein. Es war ein seltsames Gefühl, die Vorbereitungen zu treffen und mein Diagramm dort drin zu zeichnen – fast so, als würde ich Tessas Unterwäsche anprobieren. Aber ich schob meine Unsicherheit beiseite. Ablenkungen konnte ich nicht gebrauchen. Ich vollendete meine üblichen Vorbereitungen, legte meine Utensilien zurecht und stellte mich an den Rand des Diagramms. Ich holte tief Luft
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