Vom Daemon verweht
– wusste, dass Eric diese Besuche vor mir geheimgehalten hatte. Trotzdem brauchte ich dringend eine Antwort.
»Ich würde sagen, so etwa einmal im Monat«, erklärte der Priester. »Manchmal sogar öfter. Aber es verging zuweilen auch mehr Zeit, bis er wieder hierherkam.«
»Wissen Sie zufällig, worüber die beiden gesprochen haben?«
»Das war vertraulich und ging nur den Beichtenden und seinen Beichtvater etwas an. Ich kann Ihnen das nicht mitteilen, auch wenn Eric inzwischen gestorben ist.«
»Aber – «
Er hielt eine Hand hoch. »Es ist sinnlos, darüber zu diskutieren, mein Kind. Wie gesagt, ich unterhielt mich gern mit Eric, aber wir sprachen nie über irgendetwas Wichtiges. Und Father Oliver hat seine Gespräche mit Ihrem Mann leider mit ins Grab genommen.«
Ich nickte. Auf einmal fühlte ich mich seltsam befreit. Das war es also. Ich war dem einzigen Hinweis gefolgt, den Eric für mich hinterlassen hatte. Doch ich war um Jahre zu spät gekommen.
Ich hatte ihn enttäuscht. Und der Mord an meinem Mann würde für immer ungeklärt bleiben.
Nachdem ich mit Father Carey gesprochen hatte, wollte ich nichts anderes tun, als nach Hause fahren, mich ins Bett legen und in Selbstmitleid schwelgen. Da aber Allie mit von der Partie war, ging das natürlich nicht, und das war ganz gut so. Ehrlich gesagt, gibt es nichts, was einen derart ablenken kann wie Shoppen mit einer Vierzehnjährigen. Wenn man in guter Laune ist, wird man wahrscheinlich recht bald schon ungeduldig und nervös. Aber wenn man sich in schlechter Verfassung befindet, lichten sich schon bald die düsteren Nebelschwaden, und man vergisst sich im Einkaufsrausch.
Wir kauften neuen Weihnachtsschmuck für das Haus, irgendwelchen elektronischen Schnickschnack für Stuart und Unmengen von Spielzeug, Videofilmen und Büchern für Timmy. Für Eddie ein Geschenk zu finden gestaltete sich schwieriger. Aber schließlich entschieden wir uns für ein Taschenmesser mit Gravur, das Allie als »total cool« bezeichnete. Ich widersprach ihr in diesem Fall nicht. Meine Tochter widerstand auf geradezu bewundernswerte Weise der Versuchung, mich um neue Klamotten anzubetteln, auch wenn sie stattdessen eine ausführliche Wunschliste erstellte.
Als wir schließlich das Beverly-Center verließen, hatte sich meine Laune geändert. (Unsere Kreditkarten waren ziemlich oft gezückt worden, aber zum Glück blieben mir dreißig Tage, ehe die Rechnungen kamen. Bis dahin hatte ich genügend Zeit, all meinen Mut zusammenzunehmen und Stuart unsere extravagante Shoppingtour irgendwie plausibel zu machen.)
Auf der Fahrt zurück unterhielt mich Allie mit Geschichten über Troy, ihr Cheerleader-Training und witzigen Anekdoten über ihre Lehrer. »Mr. Creasley tätschelt jedem den Kopf, wenn wir etwas lesen sollen«, erzählte sie. »Es ist total grässlich.«
»Creasley? Ist er nicht dein Englischlehrer? Der Glatzkopf mit den drei Haaren, die er über den Kopf kämmt, damit sie seine Platte verdecken?«
Allie kicherte. »Genau der. Was meinst du? Bedeutet dieses Tätscheln irgendetwas? Psychologisch, meine ich.«
Wir analysierten das Ganze eine Weile, bis Allie keine Lust mehr hatte und über ihre Lieblingssendungen zu sprechen begann. Ich hörte zu, warf hier und da etwas ein oder widersprach ihr und genoss es einfach, endlich mal wieder ausführlich mit meiner Tochter reden zu können. Außerdem war ich ihr dankbar. Normalerweise sagte Allie nämlich recht wenig auf solchen Fahrten. Sie gehört zu den Menschen, die im Auto zumeist sofort einschlafen. Doch diesmal hatte sie wohl vor, mich abzulenken. Habe ich nicht ein tolles, mitfühlendes Kind?
Als wir in unsere Einfahrt fuhren, drehte sich Allie auf ihrem Sitz um und starrte auf die vielen Tüten, die auf der Rückbank standen. »Stuart wird einen Anfall bekommen, wenn er das sieht.«
»Es ist doch Weihnachten«, sagte ich. »Oh, du Glückselige und so.«
»Vielleicht sollten wir ihm sagen, dass er nicht in die Garage kommen darf, weil wir dort sein Geschenk haben. Und dann können wir die ganzen Tüten hineinschmuggeln, wenn er gerade nicht da ist.«
»Gute Idee«, stimmte ich zu. Und dann gingen mein hochbegabtes Kind und ich ins Haus, um meinem Mann irgendeine Geschichte über unsere Fahrt nach Los Angeles und die Unsummen von Geld, die wir ausgegeben hatten, aufzutischen.
Sobald wir die Tür von der Garage zur Küche aufgemacht hatten, stürzte Allie zum Anrufbeantworter. Ich machte mich auf die Suche nach meinem
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